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Rosehill 01 - Die Tochter des Lords

Rosehill 01 - Die Tochter des Lords

Titel: Rosehill 01 - Die Tochter des Lords Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Garwood
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blieb an seiner Seite stehen. Leuchtend grüne Wiesen erstreckten sich bis zu den Bergen, und das Gras sah aus, als wäre es von der Sonne in ein Meer aus Smaragden verwandelt worden.
    Tautropfen flimmerten an den Halmen. Überall blühten wilde Blumen, rosa und gelb, rot und orange, violett und blau. Ihr Duft erfüllte die frische, saubere Luft.
    Im Norden und Westen erhoben sich stolze Berge, so alt wie die Zeit, und am Osthang wand sich ein klarer, breiter, blauer Bach herab.
    Dieses Land erinnerte Harrison schmerzlich an die schottische Heimat, die er notgedrungen verlassen hatte. Doch die melancholischen Gefühle verflogen so schnell, wie sie gekommen waren, denn das wunderbare Bild, das seine Augen genossen, weckte einen beglückenden, inneren Frieden. Tröstliche Ruhe umfing ihn wie ein warmer Mantel.
    Hier könnte er für immer bleiben. Diese Erkenntnis erschreckte ihn. Sofort verdrängte er den verräterischen Gedanken. Sein Herz gehörte Schottland, und eines Tages, wenn er reich und mächtig genug war, würde er dorthin zurückkehren, und den Besitz übernehmen, der ihm zustand.
    Dann konzentrierte er seine Aufmerksamkeit wieder auf Rosehill. Er hatte geglaubt, die Claybornes würden in einer Holzhütte leben, so ähnlich wie die vielen Cottages, die er unterwegs gesehen hatte. Aber sie bewohnten ein einstöckiges, weiß gestrichenes Ziegelhaus, bescheiden in der Anlage und den Proportionen, aber trotzdem stattlich. Weiße Pfosten stützten die Veranden, die das Haus an drei Seiten umgaben. Dahinter lagen zwei große Ställe, etwa fünfzig Meter voneinander entfernt, dazwischen zählte er fünf Corrals.
    »Wie viele Pferde haben Sie, Mary Rose?«, fragte er.
    »Sechzig oder siebzig. Cole fängt immer wieder wilde Mustangs ein, die dann zugeritten werden. Natürlich besitzen wir auch Rinder, aber nach Travis’ Meinung viel zu wenige.«
    »Travis ist Ihr jüngster Bruder?«
    »Wie alt war er bei Ihrer Geburt?«
    Sie warf ihm einen neugierigen Blick zu. »Neun. Warum fragen Sie?«
    Lässig zuckte er die Achseln. »Nur so … Sieht er wie Douglas aus – oder wie Sie und Cole?«
    »Nun, er sieht wie – Travis aus. Sie stellen sehr viele Fragen, Harrison.«
    »So?«, antwortete er, weil ihm nichts Besseres einfiel.
    Sie nickte. »Und wie gefällt Ihnen mein Zuhause?«
    Wieder wanderte sein Blick über das Tal hinweg. Wenn er es als schön bezeichnete, würde er die Gefühle, die ihn bewegten, nur unzulänglich beschreiben. Er wusste nicht, warum es ihm so wichtig erschien, die richtigen Worte zu finden. Jedenfalls dachte er sehr lange nach, und schließlich kam seine Antwort mitten aus dem Herzen. »Rosehill erinnert mich an Schottland, und ein höheres Lob kann kein Highlander spenden.«
    Erfreut lächelte sie. Harrisons Augen bezeugten, wie aufrichtig er das meinte. Sie lenkte ihr Pferd näher zu ihm und flüsterte: »Wissen Sie, was ich denke?«
    »Was denn?«
    »Wir beide sind einander sehr ähnlich.«
    O nein, da täuschte sie sich ganz gewaltig. Sie waren grundverschieden. Wie er mittlerweile herausgefunden hatte, bestand sie nur aus Gefühlen. Und für ihn galt das sicher nicht. Nur selten ließ er jemanden wissen, was er dachte oder empfand. In allem, was er unternahm, ging er bedächtig und methodisch vor. Er hasste Überraschungen. Die konnten in seinem Beruf tödlich wirken, und deshalb pflegte er lange zu überlegen, bevor er Pläne schmiedete oder Entscheidungen traf. Sein Leben musste in geordneten Bahnen verlaufen, und nach allem, was er über Mary Rose gehört hatte, schien sie das Chaos zu lieben. Außerdem war sie gutmütig, schrecklich naiv und viel zu vertrauensselig, auch Fremden gegenüber.
    Nicht einmal zehn Minuten hatte sie gebraucht, um ihn nach Hause einzuladen, obwohl sie nichts über ihn wusste. Nein, sie glichen einander kein bisschen. Er traute niemandem. Von Natur aus war er ein Zyniker, und sein Beruf hatte diesen Charakterzug noch gefördert.
    Wie konnte sie ihn nur so falsch beurteilen? In ihrer Unschuld akzeptierte sie alles, was er ihr erzählte. Und wenn er weiterhin den Grünschnabel spielte, der nur deshalb eine Waffe trug, weil sich das im Wilden Westen geziemte, würde Mary Rose auch in Zukunft glauben, sie wären Seelengefährten.
    »Wollen Sie nicht wissen, warum ich den Eindruck gewonnen habe, wir würden uns ähneln?«, fragte sie.
    »Nun, warum?«
    »Sie sehen die Dinge so wie ich. Hören Sie doch auf, die Stirn zu runzeln, Harrison! Ich habe Sie nicht

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