Rosehill 01 - Die Tochter des Lords
Pflichten zu hindern?«
»Corrie ist meine Freundin, und ich möchte Sie ersuchen, sie in Ruhe zu lassen.« Allmählich nahm Mary Roses Stimme einen scharfen Klang an.
»Zum Glück muss ich nicht auf Sie hören. Mein Entschluss steht fest.«
Jetzt konnte sie sich nicht mehr beherrschen. »Wenn Sie der armen Frau was antun, gehe ich persönlich zu Richter Burns und zeige Sie wegen versuchten Mordes an. Meine Freunde in Blue Belle werden Sie mit dem größten Vergnügen hängen sehen.«
Solche Drohungen hörte Bickley nicht gern, schon gar nicht aus dem Mund einer Frau. Diesem hochnäsigen kleinen Biest musste man mal gründlich die Meinung sagen. »Wie reden Sie denn mit mir? Wofür halten Sie sich eigentlich?«
»Für eine Frau, die Idioten von klugen Männern unterscheiden kann.«
Bickley war nicht sonderlich intelligent, konnte sich aber blitzschnell bewegen. Ehe Mary Rose wusste, wie ihr geschah, packte er ihren Oberarm und zog sie zu sich heran. Mit aller Kraft trat sie gegen sein Schienbein. Da schlug er sie mitten ins Gesicht.
»Bist du verrückt, Bickley«, flüsterte einer seiner Freunde nervös. »Lass sie los, bevor ihre Brüder anfangen, in der Gegend herumzuballern!«
»O nein, ich lasse sie erst los, wenn sie mich höflich darum bittet. Und falls sie mir nicht versichert, wie leid’s ihr tut, breche ich ihr den Arm. Ihre Brüder sollen nur versuchen, mich dran zu hindern! Dann knalle ich sie alle nieder.«
Nach der Ohrfeige war Mary Rose etwas benommen gewesen. Davon erholte sie sich sehr schnell. Sie schmeckte Blut im Mund, aber darum konnte sie sich jetzt nicht kümmern. Erst einmal musste sie die niederträchtigen Pläne dieses grässlichen Schurken durchkreuzen, und so trat sie noch einmal gegen sein Schienbein. Als er sich vor Schmerzen krümmte, schlug sie ihm ihre Faust an die Schläfe, und das brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Adam pflegte zu behaupten, sie würde über einen gewaltigen linken Haken verfügen, und nun wollte sie beweisen, dass sie dieses Kompliment verdiente.
Sie erwartete, Bickley würde sie loslassen, aber er umklammerte ihren Arm, bis er am Boden landete, dann stieß er sie gegen einen Pfosten. Hart prallte ihr Kopf gegen das Holz, und sie brach zusammen.
Einige Minuten später kam sie wieder zu sich. In ihren Ohren dröhnte es schmerzhaft, ringsum ertönte gellendes Geschrei. Einige Männer, die zu ihren Pferden rannten, stolperten über Mary Roses Körper. Ein Stiefel traf ihren Magen, irgendjemand benutzte sie als Trittstein, um in den Sattel zu steigen, und seine Sporen zerrissen ihre Kleid.
Ein Wunder, dass sie von den Pferden oder den Feiglingen, die zu fliehen versuchten, nicht zu Tode getrampelt wurde … Starke Arme hoben sie hoch, und ihr wurde wieder schwarz vor Augen. Eine Zeit lang schwebte sie zwischen Licht und Dunkel, dann kehrte ihr Bewusstsein zurück, und sie sah Bickley davongaloppieren. Offensichtlich hatte man sie zur Wand des Lagerhauses getragen, um sie in Sicherheit zu bringen. Aber sie musste Bickley folgen, bevor er Corrie überfiel. Beinahe wäre es ihr gelungen, aufzustehen. Aber was sie dann beobachtete, verblüffte sie dermaßen, dass sie wieder zu Boden sank.
Der gute, sanftmütige Harrison hatte sich in einen Barbaren verwandelt. Wie ein Racheengel sprang er hinter Bickley her, zerrte ihn vom Pferd und schleuderte ihn auf die Straße. Seine Miene ließ keinen Zweifel zu – mit bloßen Händen würde er den Mann töten, der Mary Rose angegriffen hatte.
Bickley zog seinen Revolver, der ihm blitzschnell aus der Hand getreten wurde, dann zückte er sein Messer – eine Taktik, die seinem Gegner zu gefallen schien. Harrison lächelte sogar. Er wartete, bis Bickley sich auf ihn stürzte, dann riss er ihm das Messer aus den Fingern.
In der Ferne krachte ein Gewehr, und Mary Rose sah Douglas auf sich zukommen, seine Schrotflinte an der Hüfte, den Revolver in der anderen Hand. Dicht vor ihm gingen die Männer, die eben noch zu fliehen versucht hatten, zum Saloon zurück. Offenbar waren sie ihm beim Mietstall in die Arme gelaufen.
Cole stand hinter Harrison, die Arme vor der Brust verschränkt, und beobachtete voller Genugtuung, wie Bickley alle erdenklichen schmutzigen Tricks versuchte.
Plötzlich beugte sich Travis zu ihr herab und hob sie hoch. »Großer Gott, Schwesterchen! Alles in Ordnung mit dir?«
»Ja, aber dein Hemd ist voller Blut.«
»Das ist deins, nicht meins. Dein ganzes Gesicht ist verschmiert. Dieser Bastard hat
Weitere Kostenlose Bücher