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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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beherrschen. Starrsinn
     war ein Hauptzug ihres Wesens. »Da Ihr so unzugänglich seid«, hatte Henri Quatre eines Tages zu ihr gesagt, »um es nicht hartköpfig
     zu nennen, Madame, und da Euer Sohn ganz genauso ist, wird es wohl nicht ausbleiben, daß Ihr eines Tages hart aneinander geraten
     werdet.« Ein Satz, den ich mir gemerkt habe und der bewies, daß dieser große König das Gegenwärtige so scharf durchschaute,
     daß er die Zukunft vorhersehen konnte. Und in dieser Zukunft steckten wir nun mittendrin, wie es der widernatürliche Krieg
     zwischen Mutter und Sohn zeigte.
    Kaum faßte der Rat an jenem Tag den besagten Beschluß gegen Richelieu, entflammte Maria und sprach aufs höchste aufgebracht,
     wobei sie wie immer in ihrem Zorn ihr Französisch vergaß und die Herren italienisch zusammenstauchte.
    »Signori, è il colmo! È effettivamente il colmo! Voi avete prima voluto che Richelieu non entrasse nel Consiglio. Poi, voi
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avete voluto che entrasse! E ora, voi esigete che lui esca! Signori, quali banderuole siete dunque?«
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    Nur mit großer Mühe konnte Richelieu die Königin überzeugen, daß es in Anbetracht der laufenden Verhandlungen mit den Gesandten
     des Königs klüger war, sich den wechselnden Stimmungen ihres Rates zu fügen, und daß er diesem ohnehin besser fernblieb, weil
     er sich kein Gehör verschaffen konnte, schon die Räte untereinander verstanden sich ja nicht: da schoß der verrückte Ruccellai
     gegen Épernon, und Épernon in seiner Wut hätte ihn am liebsten verprügeln lassen. Statt dessen traf sich Richelieu alle Tage
     mit den Unterhändlern des Königs, Männern von Verstand und Gewicht, die die Sprache der Vernunft führten wie Monsieur de Béthune,
     der Pater de Bérulle und der Kardinal de La Rochefoucauld, seit er am neunzehnten April angelangt war.
    Ich gehörte, wie gesagt, zu seinem Gefolge, und das zu meiner großen Zufriedenheit. Kaum aus den Stiefeln, sperrte ich überall
     meine Ohren auf, wo etwas über die Vorgänge in diesem Schloß zu erfahren war, das der Pater Joseph so treffend einen »Narrenkäfig«
     genannt hatte.
    Infolge gegenseitiger Zugeständnisse gewann der Vertrag zwischen Mutter und Sohn langsam Gestalt, und die Ankündigung, daß
     Monsieur de Schomberg, nachdem er Uzerches genommen hatte, sich Angoulême näherte, brachte ihn vollends zur Reife. Endlich
     kam man zum Abschluß. Die Königinmutter verzichtete auf ihr Gouvernement Normandie, das ihr seit ihrer Verbannung sowieso
     wenig eingebracht hatte, weil sie in Blois festsaß. Dafür erhielt sie das Anjou mit Angers als Hauptstadt und zwei weiteren,
     nicht eben kleinen Städten: Chinon und Ponts de Cé. Épernon wurde seine Rebellion vergeben.
    Für einen Augenblick verschlug es den Unterhändlern allerdings die Sprache, als sie hörten, die Königinmutter fordere, daß
     der König ihr obendrein eine Summe von sechshunderttausend Livres zahle, und zwar als Entschädigung für die Kosten, die ihr
     aus ihrer Flucht von Blois entstanden waren.
    Und hier stieß Richelieu an die Grenzen seines Genies und |212| seiner Überzeugungskraft. Trotz seiner liebevollsten Vorwürfe und eines nicht unerheblichen Aufwands seiner einschmeichelnden
     Dialektik konnte er Maria nicht umstimmen und sie zum Verzicht auf eine Forderung bewegen, die sie wohl als einzige im Reich
     gerecht fand. Nachdem die königlichen Unterhändler einander eine Weile angeblickt hatten, gaben sie mit unmerklichem Lächeln
     nach und nahmen die sechshunderttausend Livres unter jene Klauseln des Vertrages auf, von denen sie insgeheim dachten, sie
     würden doch nicht eingehalten werden. Sie irrten nicht. Nie willigte Ludwig ein, seiner Mutter eine solche Summe zu zahlen.
     Schließlich wäre das gewesen, als ob er sich bei ihr dafür bedanke, daß sie ihm ungehorsam war und ihn gezwungen hatte, drei
     Armeen gegen sie aufzubieten, um sie an ihre Pflicht zu gemahnen.
    Immerhin konnte Richelieu die Königin überzeugen, und nicht ohne Grund, daß sie bei ihrer Eskapade billig davonkam, ja daß
     ihre Situation sich sogar verbessert hatte. Trotz des Anscheins von Macht war sie in Blois sehr eingeschränkt und wie gefangen
     gewesen, während sie jetzt eine ganze Provinz und drei Städte regieren konnte. Sie dankte Richelieu, indem sie ihn zu ihrem
     Kanzler ernannte und den König bat, er möge beim Papst den Kardinalshut für ihn verlangen. Außerdem gab sie einem von Luçons
     Getreuen, Bettancourt, das Gouvernement von

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