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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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zu preisen.«
    Diese Schmeicheleien, die jedoch mit der geziemenden Zurückhaltung eines Mannes der Kirche geäußert wurden, machten Madame
     de Guercheville soviel Freude, daß sie dem Bischof von Luçon nun ihrerseits Freude bereiten wollte und dabei in der Vertraulichkeit
     viel weiter ging, als sie sonst gegangen wäre.
    »Ach, Monseigneur!« sagte sie, von ihrem gütigen Naturell fortgerissen, »wie sehr ich, wenn ich Euch lausche, die große Wertschätzung
     meiner Herrin für Euch verstehe! Ihr seid so liebenswürdig und habt soviel Geist! Ihr glaubt gar nicht, mit welcher Ungeduld
     Ihre Majestät immer Eure Sendschreiben |205| von Avignon erwartete und wie oft sie diese immer aufs neue gelesen hat!«
    Das war Musik in Richelieus Ohren. Die Begegnung mit der Königin würde sich also gut anlassen. Er hatte den Aufwand nicht
     zu bereuen, den er betrieben und der ihn so wenig gekostet hatte, beiläufig die gute Meinung aufzufrischen, die Madame de
     Guercheville von ihm hatte.
    Auch die Königinmutter hatte für das Wiedersehen einiges aufgewendet. Richelieu sah es auf den ersten Blick. Seine Luchsaugen
     verfehlten auch nicht, zu bemerken, daß sie am rechten Handgelenk das Diamantarmband trug, das sie zu Anfang ihrer Herrschaft
     gekauft hatte und das vierhunderttausend Livres wert war: eine so unmäßige Summe, daß Henri Quatre sie ihr verweigert hatte,
     so daß Maria von Medici gezwungen war, über Jahre die enormen Zinsen für diese Schuld zu zahlen, die sie erst nach der Ermordung
     des Königs begleichen konnte, als sie endlich Zugriff auf den Schatz der Bastille erhielt. Sie trug dieses in Europa einmalige
     Armband nur bei großen Anlässen, und offensichtlich war dies einer für sie.
    »Madame«, sagte Richelieu, »Ihr seht vor Euch den glücklichsten Eurer Diener, weil er die Ehre und die Freude hat, Euch wiederzusehen.«
    Hiermit fiel er ins Knie und küßte den Saum ihres Kleides. Dies war die protokollarische Begrüßung für eine Königin von Frankreich,
     aber Richelieu legte etwas wie Inbrunst hinein und drückte seine Lippen länger als üblich auf den Satin, dann erhob er sich
     und neigte den Kopf.
    »Madame«, sagte er mit ernster Stimme, »die Tage, die ich fern von Euch war, erschienen mir wie Jahrhunderte, so groß ist
     meine Leidenschaft, Euch zu dienen. Aber endlich, Madame, sehe ich Euch wieder, und in dieser Minute kommt nichts dem Glück
     nahe, das ich empfinde.«
    Diese »Tage, die wie Jahrhunderte erschienen« und dieses »leidenschaftliche Glück zu dienen«, waren ganz die Sprache der Liebe,
     die man in dem Roman
Astrée
lesen kann. Und Richelieu gebrauchte sie ohne jede Scham, so keusch er auch war.
    Er war jetzt vierunddreißig Jahre alt, die Königinmutter war sechsundvierzig, wirkte aber älter, weil sie an Gewicht und Fülle
     maßlos zugelegt hatte, sie liebte eben gutes Essen und |206| ihre Siesta. Als sie nach Frankreich kam, hatten Maler und Dichter, für die jede Prinzessin schön ist, ihre Reize gefeiert,
     und tatsächlich strahlte sie damals vor Kraft und Frische. Trotzdem war sie körperlich anziehender als vom Gesicht her, das
     mit dem vorstehenden Habsburger Kinn, der langen, dicken Nase, einer engen Stirn, Augen, in denen der Geist nur matt glomm,
     und vor allem mit seiner mürrischen Miene nicht zu den liebenswertesten gehörte. Aber liebenswert und liebevoll war Maria
     ohnehin sehr wenig. Tränenlos hatte sie ihren kleinen Sohn Nicolas sterben sehen und ihre älteste Tochter ohne große Gemütsbewegung
     nach Spanien ziehen lassen. Immerhin aber hatte sie, weil ihr Kopf wirr war und sie in ihrem Vorgehen darum blind und unsicher,
     sich im Lauf des Lebens nacheinander Personen verbunden, die Geist genug hatten, um ihr davon auszuleihen und ihren Weg zu
     erhellen: die Galigai, die Gefährtin ihrer Kindheit, ihren Intendanten Barbin und dann Richelieu. Nun, die Galigai hatte auf
     dem Scheiterhaufen geendet, Barbin war vom König in die Bastille gesperrt worden, aber Richelieu war da, Gott sei Dank!
    »Mein Freund«, sagte die Königin, indem sie sich schwer in einen Lehnstuhl fallen ließ, »bitte, setzt Euch! Ich habe Euch
     wichtige Dinge mitzuteilen.«
    Richelieu, ohne es sich anmerken zu lassen, erbebte vor Freude. Die Königin nannte ihn ihren Freund und hieß ihn sich in ihrer
     Gegenwart setzen, was er sich selbst im Traum nicht erhofft hatte.
    »Mein Freund«, fuhr die Königin fort, »daß mein Kronrat heute morgen so lange dauerte, kommt

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