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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Vater und La Surie warteten schon ungeduldig auf mich und
     auf die Neuigkeiten, die ich ihnen bringen würde, und Mariette grollte wie ein kochender Kessel. Meinetwegen, schimpfte sie,
     habe sie dreimal ihren Braten vom Feuer nehmen müssen, damit er nicht anbrenne. »Ist es nicht ein Wunder, süßer Jesus«, seufzte
     sie, die Augen gen Himmel, »daß er trotzdem noch genau richtig geworden ist bei all dem Ärger?«
    Mitten am Tag war der Himmel dunkel wie am Abend, Franz zündete die Leuchter an und ließ den Tisch in der Bibliothek decken,
     wo hoch und hell ein Feuer loderte. Ich umarmte den Marquis de Siorac und La Surie, und in stillschweigendem Einvernehmen
     redeten wir außer Nichtigkeiten kein Wort während dieser Mahlzeit. Erst als der Braten verzehrt, der Wein getrunken und Mariette
     samt Geschirr und ihren neugierigen Ohren in der Küche verschwunden war, berichtete ich von dieser Ratssitzung, auf der eine
     für das Reich so folgenschwere Affäre verhandelt worden war. Ich hatte noch nicht geendet, als mein Vater in einen Zorn geriet,
     daß seine Augen funkelten und er seine Stimme kaum mehr zu beherrschen vermochte.
    »Worte!« rief er aus, »Worte lassen doch wirklich alles mit sich machen! Wenn ich recht verstanden habe, soll es das Ziel
     dieser Gesandtschaft sein, auf den Frieden zwischen den Staaten der Liga und der Union durch ›Vergleiche‹ und ›Überein kommen ‹ |273| hinzuwirken! Beim Bauch des heiligen Antonius! Vergleiche! Übereinkommen! Was für Vergleiche sollen das sein? Wo stand man
     vor der Ankunft unserer Gesandten? Wenn ich Euren Bericht recht verstanden habe, mein Sohn, willigte dieser selbstsüchtige
     Brandenburger als erstes ein, Böhmen zu opfern, aber er forderte, und sei es nur lau, die Kurpfalz zu verschonen. ›Nein‹,
     knurrte Bayern mit um so mehr Härte, als er für den Kaiser sprach. Und da haben,
dei ex machina
, unsere Gesandten ihren Auftritt in Ulm, an ihrer Spitze das wohlbekannte hübsche Herrchen. Aber es sind Götter ohne Macht,
     jedenfalls ohne die Macht, das bayrische Nein umzustoßen, weil sie von einem Königreich entsandt wurden, das zuerst dem Kaiser
     Waffenhilfe gegen seine rebellischen Hugenotten angeboten hatte!«
    Mein Vater machte eine Pause, so erstickte ihn seine Entrüstung.
    »Alle Wetter!« fuhr er fort, »was heißt denn hier ›Überein kommen ‹, wenn nicht eine verschleierte Kapitulation? Scheinheilig werden Böhmen, Ungarn und die Pfalz aufgeopfert! Dem Kaiser wird
     unausgesprochen erlaubt, mit einem Happen drei protestantische Staaten zu verschlingen und ihre Bewohner der Heiligen Inquisition
     zu überantworten, wie es Ferdinand schon in der Steiermark gehalten hat. Damit wird zugleich das Gleichgewicht zwischen den
     katholischen und den protestantischen Staaten vernichtet! Wahr und wahrhaftig, wer soll da noch glauben, daß die Habsburger
     aus diesem Kuhhandel nicht erheblich verstärkt hervorgehen werden, und das auf unsere Kosten! Daß wir bitter dafür werden
     büßen müssen, versteht sich von selbst, wir, die wir seit Jahrhunderten die Hauptzielscheibe ihrer Übergriffe sind!«
    »Aber, Herr Vater«, sagte ich, »was zum Teufel hätte Ludwig anderes tun sollen? Er steckt gegenwärtig in großen Geldnöten,
     hat die Revolten der Großen am Hals, den endlosen Krieg, den ihm seine Mutter liefert, und die Unbotmäßigkeit unserer Hugenotten,
     die Toleranz für sich selbst in Anspruch nehmen, sie aber den Katholiken verweigern?«
    »Was er hätte tun sollen?« sagte mein Vater leidenschaftlich. »Das, was unser Henri an Stelle seines Sohnes getan hätte!«
    Dieses »unser Henri«, das mein Vater so voller Verehrung aussprach, hieß ja wohl, daß Ludwig für ihn nicht »unser Ludwig« |274| war, vor allem, seit er die Bündnisse Frankreichs mit den deutschen Protestanten aufgekündigt hatte.
    »Was hätte Ludwig tun sollen?« wiederholte ich mit einem eindringlichen Blick auf ihn. »Ein Heer sammeln und höchst unklug
     mit ihm mitten durch Deutschland ziehen, um Böhmen beizustehen?«
    »So weit zu ziehen wäre gar nicht nötig«, sagte mein Vater. »Er bräuchte nur nach Osten über den Rhein zu gehen, zwischen
     der Pfalz und den spanischen Niederlanden, und dem Kurfürsten die Hilfe zu leisten, die sein Vater uns geboten hat, als wir
     Ärger mit den Habsburgern hatten, und ihm bei derselben Gelegenheit das Geld zurückzuzahlen, das er uns damals geliehen hat.«
    »Wie!« sagte ich nicht ohne Unbehagen, weil ich

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