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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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mich wunderte, daß der Oberfinanzverwalter sich mehr um die ausländischen Angelegenheiten sorgte als der damit beauftragte Minister. Jeannin hatte über die Ereignisse
     in Deutschland einen Bericht an den König verfaßt und resümierte diesen nun vor dem Kronrat.
    Sosehr zu Recht der französische Thron die Habsburger bekämpft hatte, als sie stark waren, sagte er, so notwendig müßte er
     ihnen jetzt beistehen, da sie geschwächt und von einer großen Anzahl mächtiger Feinde in die Defensive gedrängt waren. Denn
     würden jene gewinnen, würden sie jede andere Religion als die ihre aus Deutschland verbannen: Ihr Beispiel könnte unsere Hugenotten
     zur Nacheiferung anspornen.
    Diese Folgerung, dachte ich, wäre überzeugend, wenn ihre Voraussetzungen nicht haltlos wären. Auch wenn die Habsburger durch
     die aufständischen Böhmen und Ungarn einen Rückschlag erlitten hatten, waren sie doch nicht geschwächt. Trotz Böhmen und Ungarn
     war Ferdinand zum Kaiser gewählt worden, und weit entfernt, in die Defensive gedrängt zu sein, bereitete das Kaiserreich den
     Einfall nicht nur in Böhmen vor, sondern auch in der Pfalz. Außerdem waren seine Feinde weder zahlreich noch mächtig; Böhmen,
     Ungarn und die Pfalz waren schwache Staaten im Vergleich zu dem riesigen und |271| machtvollen Habsburgerreich mit seinen Besitzungen in Österreich, Italien, Sizilien, Spanien, Portugal und den Niederlanden.
    Nicht weniger verwunderte es mich, daß Präsident Jeannin von der »prekären Situation des Kaisers« sprach, weil dieser »keine
     ernsthafte Hilfe seines Cousins aus Spanien oder Italien« erwarten könne: Natürlich wäre der Weg von Spanien in die Pfalz
     weit gewesen, dafür konnte er von den spanischen Niederlanden bis zur Pfalz nicht kürzer sein. Und wenn es von Mailand auch
     die Alpen zu überqueren galt, um nach Böhmen zu gelangen, kam Bayern ohne dieses Hindernis nach Prag.
    Als Jeannin seine Rede hielt, war es Februar 1621. Im September befahl Erzherzog Albert, Regent der Niederlande, Spinola den
     Einmarsch in die Kurpfalz, im November schlugen Tilly und seine Bayern die Böhmer am Weißen Berg.
    Trotzdem, auch wenn Präsident Jeannin über die politischen und geographischen Tatsachen in Deutschland falsch informiert war,
     erwies er ihm mit Sicherheit einen großen Dienst: Er erklärte sich gegen ein militärisches Eingreifen Frankreichs zugunsten
     des Kaisers. Und der Grund, den er dafür nannte, sprach laut für seine Redlichkeit und seinen Mut. Eine solche bewaffnete
     Aktion, sagte er, wäre wenig moralisch, denn sie würde sich gegen jene Fürsten richten, die uns früher gegen die spanische
     Übermacht beigestanden hatten.
    Ich warf einen Blick auf Ludwig und erkannte an einem unmerklichen Zucken in seinem gleichmütigen Gesicht, daß diese Mahnung
     an die Politik seines Vaters wie auch an die Gerechtigkeit und Ehre in den zwischenstaatlichen Beziehungen ihn nicht unbeeindruckt
     ließ und daß er den Gedanken ganz verabschiedete, dem Kaiser Frankreichs Waffen gegen die deutschen Hugenotten zur Verfügung
     zu stellen.
    Nachdem Präsident Jeannin ein kriegerisches Eingreifen verworfen hatte, sprach er sich für die Diplomatie aus: Man müsse eine
     Gesandtschaft nach Ulm schicken, die versuchen sollte, durch Vergleiche und Übereinkommen zwischen der katholischen Liga und
     der protestantischen Union Frieden zu stiften. Schöne Leserin, diese zwei Worte verwahren Sie bitte in Ihrem Gedächtnis: Sie
     werden ihnen auf den Lippen des Marquis de Siorac gleich wiederbegegnen, und zwar verbunden mit dem heftigsten Zorn, in dem
     ich ihn jemals erlebte.
    |272| Um aber auf den König und den Kronrat zurückzukommen, so wurden die Vorschläge von Präsident Jeannin akzeptiert. Als Gesandte
     wurden die Herren de Préaux und de Béthune erwählt (der schon mit der Königinmutter nach Ponts de Cé verhandelt hatte), und
     um diesen Herren einiges königliche Gewicht zu geben, gesellte man ihnen Charles von Valois hinzu, den Herzog von Angoulême.
    ***
    Wegen des Vortrags von Präsident Jeannin hatte der Kronrat länger als üblich getagt. Hinzu kam, daß Paris an diesem Tag noch
     schlimmer verstopft war als gewöhnlich, denn es schneite. Der Schnee fiel auf den stinkenden Schlamm in den Straßen unserer
     Hauptstadt, und um nicht zu rutschen, konnten sich Pferde, Maultiere und Gefährte nur im Schrittempo fortbewegen. Kurz, ich
     kam mit einer Stunde Verspätung in die Rue du Champ Fleuri. Mein

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