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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Also war er in den Augen der protestantischen Union der schlimmstmögliche Anwärter für den Kaiserthron,
     und leider bestand an seiner Wahl gar kein Zweifel.
    Das Schwierige an den deutschen Angelegenheiten besteht für einen französischen Edelmann darin, daß dieses große Land kein
     Königreich ist wie Frankreich oder England, vielmehr ist es gleichsam eine Konföderation von Markgrafschaften, Fürstentümern
     und Königreichen. Deren Oberhäupter, sofern sie die Würde des Kurfürsten besitzen, küren aus ihrer Mitte den neuen Kaiser,
     wenn der alte stirbt. Das Kollegium der Kurfürsten hat nur sieben Mitglieder, drei geistliche, die Erzbischöfe von Mainz,
     von Köln und von Trier, und vier weltliche, die Kurfürsten von Brandenburg und von Sachsen, den König von Böhmen und den Pfalzgrafen.
    Hieraus ersieht man, daß einer in diesem Kollegium mit vier Stimmen zum Kaiser gewählt werden konnte. Nun, und diese hat Ferdinand
     beim Tod von Matthias bereits im Kasten, noch bevor die Kurfürsten am achtundzwanzigsten August 1619 in Frankfurt zusammentreten:
     Sein glühender Katholizismus sichert |267| ihm die Stimmen der drei Erzbischöfe, und weil sein Onkel Matthias ihn 1617 zum König von Böhmen hat wählen lassen, ist er
     selbst Kurfürst und stimmt natürlich für sich selbst.
    Zehn Tage vor dieser Wahl jedoch haben die aufständischen Lutheraner von Prag Ferdinand die Wenzelskrone aberkannt und haben
     sie dem Kurfürsten von der Pfalz angeboten, Friedrich V., Frau von Lichtenbergs ungeliebtem Vetter. Trotzdem bleibt diese
     Revolution folgenlos für die Wahl zu Frankfurt, denn selbstverständlich steht für die Kurfürsten, die Ferdinand 1617 zum König
     von Böhmen gekürt haben, seine Legitimität nicht in Frage, nur weil seine Untertanen sich gegen ihn empört haben.
    Sie wollen es auch gar nicht. Kürzlich hat der Markgraf und Kurfürst von Brandenburg, ein Hohenzollern, seinen Machtbereich
     um Kleve und um das Herzogtum Preußen beträchtlich erweitert. Er ist nicht gewillt, diesen im vollen Wachstum begriffenen
     deutschen Staat in einem Krieg mit den Habsburgern aufs Spiel zu setzen. Ferdinand, das weiß er, wird in Frankfurt ganz sicher
     mit den drei geistlichen Stimmen und seiner eigenen gewählt werden, also erklärt er sich gleich für ihn.
    Der Kurfürst von Sachsen stimmt ebenfalls für Ferdinand. Als Lutheraner wie seine Untertanen ist er selbstverständlich nicht
     begeistert, daß ein so fanatischer Katholik wie Ferdinand Kaiser werden soll. Aber obwohl Böhmen lutherisch ist wie Sachsen,
     siegt im Herzen des sächsischen Kurfüsten die Habgier über die religiöse Solidarität, denn zu gerne würde er sich auf Kosten
     Böhmens eine von dessen Provinzen einverleiben, die Lausitz, die an sein Gebiet grenzt. Und wirklich, kaum liegt Böhmen infolge
     der Schlacht am Weißen Berg darnieder, schnappt der sächsische Kurfürst zu und besetzt die Lausitz. Damit diese Besetzung
     aber eines Tages legitimiert werde, braucht er früher oder später die Einwilligung des Kaisers, also hütet sich Kursachsen,
     ihm den geringsten Ärger zu bereiten, im Moment jedenfalls.
    Was nun Friedrich V. angeht, den Kurfürsten von der Pfalz, so ist er mit seinen vierundzwanzig Jahren noch ein Grünschnabel,
     unbesonnen, anmaßend und leicht beeinflußbar. Auch er ist Anwärter auf die Kaiserkrone.
    Es ist die pure Rappelköpfigkeit, wie unsere Väter sagten. Angenommen sogar, Brandenburg und Sachsen würden für ihn |268| stimmen, weil er Protestant ist (aber Gott weiß, wie ferne es ihnen liegt), und er würde für sich selbst stimmen, woher aber
     soll er die vierte Stimme nehmen? Außerdem hat er so gar nichts, was ihn zu seinem Ehrgeiz berechtigt, weder politische Klugheit
     noch militärisches Talent, und tapfer ist er auch nicht gerade.
    Elf Tage vor der Kaiserwahl also bieten die Prager Aufständischen ihm die Wenzelskrone an, die sie Ferdinand aberkannt haben.
     Und der Tor nimmt das vergiftete Geschenk, weil er nicht über seine Nasenspitze hinaussieht, weil er überhaupt nicht begreift,
     daß es nicht damit getan ist, sich ein Königreich ins Maul fliegen zu lassen, man muß es auch halten können. Und da liegt
     der Hase im Pfeffer, denn ein Kaiser hat hundertmal mehr Möglichkeiten, es ihm wegzunehmen, als er, es zu bewahren.
    Friedrich hat das Königtum Böhmen also in Besitz genommen und begibt sich zehn Tage darauf nach Frankfurt zur Kaiserwahl.
     Und dort stimmt er nicht etwa für

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