Rosen des Lebens
Hauptmannsleben
später hinzugeben, wenn ich auf meinem Gut erst fest im Sattel saß.
Nun, mein Vater wollte, daß nicht nur Monsieur de Saint-Clair und der Chevalier de la Surie uns begleiteten, mit von der Partie
sollten auch unsere Soldaten Poussevent und Pissebœuf sein, dazu mein Page La Barge und mein Koch Robin, und zwar alle zu
Pferde und kriegerisch bewaffnet. Aber dann fand er dieses Gefolge bei längerem Nachdenken »für einen Grafen ein bißchen mägerlich«
(wahrhaftig, als ob man Madame de Guise hörte!), also mietete er auf seine Kosten noch vier Schweizer, stämmige Gebirgler,
deren Wuchs und Anblick tatsächlich etwas hermachten, als sie vor unseren Karossen auf ihren schweren Gäulen ritten.
Wir konnten aber, wie ich zu bedenken gab, dem Pfarrer Séraphin unmöglich so viele Menschen zur Bewirtung aufnötigen und unserem
Gefolge den kargen Fraß der Schenke von Orbieu zumuten; also wurde ausgemacht, daß wir uns gleich im Schloß einrichteten.
Was jedoch hieß, unseren Koch Caboche und seine Frau Mariette mitzunehmen und zu ihrer Hilfe wenigstens zwei Kammerfrauen:
Margot, von der mein Vater sich offen gestanden nicht mehr trennen konnte, so verschönte sie seine alten Tage, und Louison.
Der Leser mag sich erinnern, daß sie »mein Bett bestellte«, bevor die Pfalzgräfin in mein Leben trat.
|69| Weil wir aber nicht wußten, wie es um die Küchen des Schlosses stand, wollte Caboche natürlich nicht ohne die Gerätschaften
seiner Kunst fahren. Infolgedessen mußte ein Karren mit zwei kräftigen Maultieren mit, der Kessel, Töpfe, Pfannen, Schüsseln,
Bratenwender, Schaumlöffel und was weiß ich noch trug. Bei Ansicht unseres Rattenschwanzes hätten Sie gedacht, eine kleine
Armee rücke aus ins Feld.
Am Samstag, dem vierundzwanzigsten Februar 1618, brachen wir von Paris auf, weit vor Morgen, und hielten Rast in Montfort
l’Amaury, teils bei meinem Onkel Samson in Montfort selbst, teils auf dem Gut meines Vaters in Chêne Rogneux. Dort aber durfte
ich selbst, wie man vielleicht noch weiß, nicht erscheinen, weil die Gemahlin meines Vaters mich seinerzeit als ihren Sohn
nur unter der Bedingung anerkannt hatte, daß ich ihr nie unter die Augen käme. Der Leser möge sie dafür aber nicht verurteilen.
Mein Vater hatte durch diesen Trick zugleich den Ruf von Madame de Guise geschützt und mir die Wohltat einer legitimen Geburt
erwiesen. Aber das war vielleicht ein bißchen viel verlangt von einer Frau, die ihm ja immer sehr gewogen blieb, obwohl sie
im Lauf der Jahre manche Gründe hatte, es nicht zu sein. Ich sagte es schon einmal, als ich Angelina de Montcalm nach meines
Vaters Tod in Erbangelegenheiten zum erstenmal begegnete, faßte ich beinah auf den ersten Blick Zuneigung zu ihr, wie sie
zu mir. Sie war bereits in hohem Alter, aber ihr großes Wohlwollen und ihr edles Wesen gaben ihrem Lächeln und ihren Augen
eine Schönheit, der die Gebrechen des Alters nichts anhaben konnten.
Weil ich aus besagtem Grund Chêne Rogneux fernblieb, besuchten mich meine beiden Halbbrüder, Pierre und Olivier, bei meinem
Onkel Samson de Siorac in Montfort l’Amaury. Gemeinsam betrieben sie eines der seltenen Gewerbe, das Edelleuten erlaubt war:
den Seehandel. Aber ihre Schiffe lagen derzeit in der Werft zu Nantes trocken, sie hatten also einmal nichts vor, und in der
Hitze des Augenblicks, vielleicht auch von ihren Frauen gedrängt, fragten sie, ob ich mich nicht ihrer Gegenwart versehen
wollte, wenn ich meine Grafschaft in Besitz nähme. Als das Samsons Frau, Gertrude du Luc, und ihre treue Sara hörten, schlossen
sie sich dieser Bitte an, und zwar mit so vielen Küßchen und Liebkosungen für meinen Vater und mich, daß die Bitte nicht abgeschlagen
werden konnte.
|70| Es war mittlerweile vier Uhr nachmittags, und Monsieur de Saint-Clair sagte, um für so viele Menschen Nachtlager und Gedeck
vorzubereiten, sollte er wohl am besten unverweilt samt Caboche und dem Rest unserer Leute aufbrechen nach Orbieu, um Holz,
Fleisch und Licht aufzutreiben für unsere Ankunft am folgenden Tag.
Sicherlich ist es unvergessen, wie schön der illegitime Bruder meines Vaters, den er aber anerkannt hatte, Samson de Siorac,
in seiner Jugend gewesen war, ein Junge mit goldblonden Locken, antikisch vollkommenen Zügen und azurblauen Augen. Doch hatte
Mutter Natur, wohl aus verschwenderischer Fülle, Samson obendrein mit einem so frommen Charakter beschenkt, daß er an
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