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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Nonnen und hatten nichts Besseres zu tun, als in ihrer Sprache
     über die Franzosen herzuziehen. Und was Madame de Luynes anging, so hatte sie mir in der Tat schöne Augen gemacht, aber schöne
     Augen, sagte ich, hatte sie bei dieser feierlichen Zeremonie, wo ihr Blick einzig an ihrem Gatten hätte hängen sollen, auch
     allen anderen gemacht, sogar dem König.
    Hier nun legte ich eine kleine Pause ein, weil mir einfiel, daß ich ihr ja eine wahre, wenn aufs erste auch unwahrscheinliche
     Geschichte erzählen konnte, die im ganzen Louvre das Thema war und die sie vielleicht von ihrer Eifersucht ablenken konnte.
    »Wie bitte?« sagte Frau von Lichtenberg, die vor Verblüffung ihre eingebildeten Vorwürfe gegen mich tatsächlich vergaß, »diese
     Person hatte die Stirn, an ihrem Hochzeitstag dem König schöne Augen zu machen!«
    »Ja, ja, Madame, und das Schlimmste dabei ist: Seine Majestät war dafür nicht unempfänglich.«
    »Was Sie nicht sagen! Der König empfänglich für die Fratzen einer Erzkoketten!«
    »Ja, Madame, so ist es. Der ganze Hof ist starr vor Staunen. Jedesmal, wenn der König zur Königin geht, verweilt er sich zuerst
     bei ihrer Oberintendantin. Er ergreift jede Gelegenheit, sie zu sehen, und wenn er sie sieht – weil er ja kein großer Redner
     ist –, betrachtet er sie lange, ohne ein Wort zu sagen. Wie ein Grünschnabel in seiner ersten Liebe.«
    »Und die kleine Königin, hat sie es bemerkt?«
    »Madame, wer hätte es nicht bemerkt? Der ganze Louvre weiß es! Vom Großkämmerer bis zum kleinen Laufburschen. Da ist keine
     Soubrette, die nicht beim Bettenmachen darüber |65| schwatzt, kein Gardeoffizier, der nicht darüber spöttelt bei der Wachablösung, alles zappelt vor Wonne bei der Vorstellung,
     daß Luynes Hahnrei werden könnte.«
    »Ist Luynes so unbeliebt? Ich dachte, er sei sehr liebenswert.«
    »Das ist er auch! Aber er, seine Brüder, seine Vettern, seine Neffen, seine ganze Verwandtschaft, die aus dem Süden angereist
     ist, sie raffen alles an sich: Stellen, Titel, Pfründen. Das vergrätzt die Leute.«
    »Aber die Königin? Was macht die Ärmste denn nun?«
    »Sie weint, Madame, sie schluchzt und ist in tausend Ängsten. Vor Verzweiflung hat sie sich an den spanischen Gesandten gewandt,
     der den Nuntius unterrichtet hat, der wiederum mit allem gebotenen Takt an den Beichtvater des Königs herantrat, Pater Arnoux.
     Und dieser gewiefte Jesuit hat sie mit dem Wort beruhigt: Versuchung heiße noch nicht Sündenfall.«
    »Pfui!« sagte Frau von Lichtenberg mit der Verachtung der Hugenottin für unsere papistischen Praktiken. »Wozu dient die Beichte,
     wenn nicht dazu, im Bedarfsfall ihre Geheimnisse zu verraten?«
    »Aber, Madame, Pater Arnoux hat doch nur eine allgemeine Maxime geäußert. Wer sie auslegt, sind wir.«
    »So sind eben die Jesuiten! Und Sie, Monsieur, sind mit Ihrer Jesuiterei nicht besser! Da besuchen Sie mich nun nach langem
     Ausbleiben und haben mir nur anzukündigen, daß Sie morgen auf Ihr Gut Orbieu reisen.«
    »Aber, ich habe Ihnen doch gesagt, Madame: Ich bleibe dort nur so lange wie nötig, um Ordnung zu schaffen!«
    »Aber das wird viel länger dauern, als Sie denken, und wenn Sie dann auf dem flachen Land die Langeweile plagt, geraten Sie
     unfehlbar an ein schmuckes Bauernmädchen, das heilfroh sein wird, sich des gnädigen Herrn anzunehmen um der Bewunderung willen,
     die es dafür im Dorf erntet, und der Vorteile, die das seinem Vater einbringt.«
    »Ein schmuckes Bauernmädchen!« sagte ich lachend. »Der Marquis de Siorac, der vor mir dort war, hat in Orbieu nur schmutzige
     Strunzeln gesehen.«
    »Er war nicht der Herr, man hat ihm nicht alles gezeigt. Aber eines Tages wird einer Ihrer Dörfler, der bei Ihnen hoch in
     der Kreide steht und nicht weiß, wie bezahlen, Ihnen ein Dutzend |66| Eier durch seine jüngste Tochter schicken. Und wer sagt denn, daß er sie vorher nicht eigenhändig am Brunnen blankgescheuert
     hat!«
    »Meine Liebe«, sagte ich lachend, »Sie haben viel Phantasie, aber die bringt Sie auf Abwege. Können Sie an mir zweifeln?«
    »Und ob ich kann! In diesen traurigen Zeiten zweifle ich an allem. An Ihnen, an mir, an meiner Pfalz, sogar an meinem Vermögen.
     Wissen Sie, daß derzeit in Deutschland Protestanten und Katholiken die Messer wetzen, um sich gegenseitig an die Gurgel zu
     gehen? Und daß mein törichter, unglücklicher Cousin, der Kurfürst von der Pfalz, sich zum Anführer der evangelischen Union
     hat

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