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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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erklären lassen? Aber was wissen Sie schon, was diese Union ist, mein Herr Franzose!«
    »Aber sicher weiß ich das, Madame. Es ist die Union der protestantischen deutschen Fürstentümer, die sich den Übergriffen
     der katholischen deutschen Fürstentümer und des Kaisers widersetzen. Madame, vergessen Sie, daß ich dem Kronrat angehöre?«
    »Ein Glück für Sie! Und Unglück über mich, sollte mein unbesonnener Vetter, der Anführer dieser dummen Union, sich eines Tages
     gegen den Kaiser empören. Wenn Tontopf gegen Eisentopf rennt, weiß man doch im voraus, wer am Ende in Scherben liegt. Und
     in wessen Hände fällt dann die Pfalz? Und mit der Pfalz meine Besitztümer?«
    »Madame, Sie haben Ihr Hôtel in Paris und, wie Sie mir sagten, Ihre Renten.«
    »Freilich, ich liege nicht auf der Straße und kann, wenn ich mich einschränke, auch ohne meine pfälzischen Güter leben. Aber
     was wird aus meinem armen Erich, dem siebten Grafen von Lichtenberg, wenn unser Besitz dort im Gerangel der Parteiungen untergeht?
     Als Offizier des Pfälzischen Kurfürsten hat er keine Wahl. Und wenn der Kurfürst sein Fürstentum verliert, verliert nicht
     auch Erich dann seine Ländereien?«
    Um ehrlich zu sein, ich war in jenem Augenblick so voller Verlangen nach ihr und so ungeduldig, von diesen Reden und den harten
     Stühlen in ihr weiches Himmelbett zu wechseln, daß ich all den Befürchtungen über den Verlust ihrer Güter und über die Zukunft
     der Pfalz keine große Beachtung mehr schenkte. Ich konnte mir damals einfach nicht vorstellen, daß |67| die Ängste meiner Schönen tatsächlich die Vorboten jener entsetzlichen Geißel waren, die für Jahrzehnte über Europa hereinbrechen
     und so viele Opfer fordern würde: des Dreißigjährigen Krieges.
    »Ach, meine Liebste«, sagte ich, »wozu um kommende Übel weinen, die gegenwärtigen genügen doch!«
    »Das ist wahr«, sagte sie schmerzlich, »und morgen reisen Sie nach Orbieu.«
    »Aber, ich vergrabe mich dort ja nicht. Wissen Sie, daß ich schon einen Verwalter habe? In meiner Abwesenheit wird er meine
     Pflichten wahrnehmen.«
    »Bestehlen wird er Sie.«
    »Das glaube ich nicht. Monsieur de Saint-Clair ist ein Edelmann und nicht aufs Geld erpicht, sondern auf das Landleben. Bisher
     war er
maggiordomo
bei der Gräfin von Orbieu, aber sie will ihr Pariser Hôtel verkaufen und sich in Florenz niederlassen, woher sie stammt. Er
     hat sich tränenlos von ihr getrennt.«
    »Standen sie sich gut?«
    »Überhaupt nicht. Die Gräfin hat nur zwei Leidenschaften im Leben: Schlemmen und Schlafen.«
    Ich verstummte. Frau von Lichtenberg schwieg auch, dann warf sie mir einen Blick zu, senkte den Kopf und schaute ins Feuer.
     So ging es eine ganze Weile, bald trafen sich unsere Augen, bald wandten sie sich den Flammen zu.
    Endlich erhob sich Frau von Lichtenberg, ging fort vom Kamin und sagte: »Sie haben ein Höllenfeuer gemacht.«
    »Sollte ich nicht?«
    »Doch, aber jetzt ist mir zu warm. Viel zu warm. Meine Baskine erdrückt mich! Bitte, Monsieur, erlösen Sie mich von dem Übel.«
    ***
    Mein Vater riet mir auf das dringlichste, mein erstes Erscheinen in Orbieu mit Glanz und Prunk zu umgeben. Und als er am Tag
     vor unserer Reise zufällig an meinem Zimmer vorüberkam und sah, daß ich mir wegen der großen Kälte ein dickes Wams aus Büffelleder
     und dicke Stiefel für die Reise zurechtgelegt hatte, sagte er: »Mein lieber Herr Sohn, was habt Ihr vor? Wollt Ihr Euch Euren
     Gutsleuten zeigen wie ein kleiner Hauptmann? |68| Glaubt mir, es wäre das Falscheste, was Ihr tun könnt. Wer soll glauben, daß Ihr der Graf von Orbieu seid, wenn Ihr nicht
     danach ausseht? Nein, prächtig müßt Ihr sein! Euer schönstes Wams anlegen! Und, bitte, macht die Reise hübsch warm in Eurer
     Kutsche! Wie der König hoch zu Roß einzuziehen, dazu bleibt noch genug Zeit, Ihr braucht erst kurz vor Eurer Kapitale aufzusitzen,
     um Euch Euren Untertanen in allem Glanz zu zeigen!«
    Unter anderen Umständen hätte mir diese Rede ein Lächeln entlockt, aber ich sah, daß mein Vater wie berauscht war vom Aufstieg
     seines Sohnes, den er insgeheim seinen anderen Kindern vorzog. Vielleicht, weil er zum Zeitpunkt meiner Geburt, anstatt wie
     früher durch die Lande zu streifen, häuslich geworden war und mich wahrhaft erzogen hatte. Und ich war so gerührt von seiner
     großen Liebe, daß ich beschloß, mich in dieser Geschichte ganz auf ihn zu verlassen. Das schloß ja nicht aus, mich dem

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