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Rosen für Apoll

Rosen für Apoll

Titel: Rosen für Apoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
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eines einzelnen Mannes, eines Genies. Er muß kurz vor Homer gelebt haben, aber wir wissen nichts von ihm.
    Das erste griechische Geld wurde geprägt.
    Die ersten Gesetze formuliert.
    Die Zeit war reif.
    Wofür...
    Wofür?
    Jeder Grieche hätte die gleiche, die einzig richtige Antwort gegeben: zu gar nichts Besonderem; zum Leben; zu irgendeinem, aber großen Schicksal!
    Es wurde eins.



... werden wir einen Bummel durch Athen machen, das zu dieser Zeit noch eine kleine Stadt ist und ganz anders aussieht, als wir es uns vorzustellen pflegen. Bleiben wir einem athenischen Herrn auf den Fersen, der gerade zu »Aal grün« und Schlagsahne nach Hause geht. Sie kennen ihn übrigens.

Die Geschichte des klassischen Hellas beginnt!
    Ein feierlicher Satz; aber er kann gar nicht feierlich genug sein.
    Es gibt viele Beginne: mit dem Lärm und Gerassel einer Schlacht, mit der Fanfare eines Sieges, mit den dumpfen Trommeln einer Niederlage, mit dem Federstrich eines Königs oder dem Wutausbruch eines Kaisers. Es gibt Beginne aus dem Einzelnen und aus der Masse, und seit dem 20. Jahrhundert auch aus dem Brei. Immer aber, wenn man den Scheinwerfer auf den Ausgangspunkt richtet, sieht man das gleiche Bild: Kampf, Tod, Zerstörung. Es ist, als ob die Archäologie »Leben« nicht anders beweisen könne als durch Rückschlüsse: Wer auf dem Soldatenfriedhof liegt, muß einmal gelebt haben.
    Ganz anders beginnt Griechenlands klassische Zeit. Sie beginnt mit einem Mann, auf dessen Leben Sie den Scheinwerferstrahl, wohin auch immer, richten können, ohne daß Sie erbleichen oder er erröten müßten. Sie werden zugeben, daß das fast ein Wunder ist. Ich kenne nur zwei Menschen der alten Welt, bei denen das zutrifft: ihn und Otto den Großen.
    Ich könnte Ihnen nun einfach seinen Namen nennen. Das würde bei Ihnen etwas auslösen, was die Psychologen sehr treffend den »Aha-Moment« nennen. Es würde Ihnen alles einfallen, was Sie auf der Schule gelernt haben; und da sei Gott vor.
    Der Mann, von dem wir sprechen, war Athener. Athen war damals, im Jahre 593 v. Chr., noch nicht die glänzende, große, lichte Stadt. Sie ist um diese Zeit zwar schon die beherrschende von Attika, aber das ist kein großes Kunststück; das Hinterland ist arm. Ein paar tausend wehrfähige Männer, ein paar tausend fast unsichtbar in den Häusern lebende Frauen und einige tausend Hörige und Sklaven wohnen innerhalb der Mauern, die sich wie ein verbeulter Kreis um die Akropolis ziehen. In zehn Minuten durchwandert man Athen von einem Ende zum anderen. Athen hat eine Patrizier-Regierung, es hat keinen König, keinen Kaiser, keinen Diktator, keinen Fürsten, keinen Heiligen, das heißt also — da dies die einzigen wären, die mit der Welt Versteck zu spielen pflegen — , jeder Mann ist irgendwann einmal auf der Straße. Man bekommt jeden zu sehen, und es ist gar keine Schwierigkeit, dem Manne zu begegnen, von dem wir sprechen.
    Er geht zum Beispiel jetzt, am Spätnachmittag, über die Agora, den Marktplatz; er ist von einem zahmen Wiesel begleitet, das alle zehn Schritte auf die Schulter seines Herrn springt, wenn es vor den zottigen Pelzen der fremden Bauern erschrickt oder wenn ein Molosser-Hund seinen großen Schädel aus einem Hauseingang streckt. Diese Häuser sind schlicht, auch wenn einige schon marmorverkleidet sind, denn Marmor ist billig; die Wände sehen von der Straße aus wie überdachte Mauern, denn fast alle Fensteröffnungen gehen auf einen Innenhof oder ein Gärtchen. Am Kerameikos-Markt, wo die berühmten athenischen Export-Töpfer sitzen und das Menschengewühl groß ist, haben die Häuser natürlich ein anderes Gesicht; es sind Fachwerkhäuschen, hundert Drachmen das Stück.
    Der Mann mit seinem Wiesel überquert den Kerameikos und wendet sich dem Villenviertel zu. Die Akropolis, auf der noch keiner der späteren Tempel steht, sondern eine düstere, zyklopische Festung, liegt in der Abendsonne. Es ist Zeit zur Hauptmahlzeit. Der Mann schlägt mit einer schönen Geste das faltige weiße Manteltuch enger um die Schultern und tritt vor ein reliefgeschmücktes Tor. Das Wiesel ist mit einem schnellen Satz über die Mauer. Der Mann erwidert den Gruß Vorübergehender und sieht lange einem Knaben nach, der mit sehnigen hohen Beinen das Gäßdien hinuntergeht, auf dem Wollkopf einen Korb balancierend, eine Weidenflöte spielend und sich ab und zu nach dem am Tore Wartenden umschauend. Bevor er um die Straßenecke biegt, wirft er noch einmal einen

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