Rosen für Apoll
der Rest der Flotte zum Piräus und am nächsten Morgen weiter nach Andros. Als auch dort die Verfolger auftauchten, flohen die Perser nach Kleinasien, immer weiter verfolgt von den Griechen. In der Bucht von Mykale, wo sie sich sicher wähnten und die Schiffe an Land gezogen hatten, wurden sie im nächsten Sommer abermals aufgestöbert, das Lager überrumpelt. Der panische Schrecken jagte die Besatzung davon, die Schiffe gingen in Flammen auf.
Die Nachricht vom Sieg bei Salamis flog wie der Wind durch ganz Griechenland. Der Name des Retters war in aller Munde. Sparta dankte ihm durch eine feierliche Ehrung.
Den »Preis der Tapferkeit« aber — und ich finde, es ist schön, solche Einzelheiten zu wissen — , den Preis der Tapferkeit erhielten einstimmig die Ägineten zugesprochen. Das Training an den athenischen Getreideschiffen hatte Früchte getragen.
... berichtet vom Ende der Perserkriege. Auf die Thermopylen und Salamis folgt als letzte große Schlacht Platää — dann ist Griechenland frei. Zugleich neigt sich die klassische alte Zeit langsam dem Ende zu, die Zeit, als das Wort »Helden« noch nicht peinlich war. So klassisch erscheint sie uns, daß wir Namen wie Leonidas und Themistokles gleichsetzen mit den Herrlichkeiten der Akropolis, dem Parthenon, den Propyläen, obwohl das falsch ist und Athen in diesem Augenblick noch eine Ruine war.
Die persische Flotte war vernichtet, der Großkönig nach Sardes zurückgekehrt. Aber der Krieg war noch nicht zu Ende. Das Heer hatte sich, unter dem General Mardonias als Oberbefehlshaber, in Thessalien in Winterquartieren eingenistet. Sechzig- oder siebzigtausend Mann. Im kommenden Frühjahr mußten sie geschlagen werden.
Die griechischen Delegierten begannen wieder zu tagen; diesmal in Sparta.
Es war abermals Themistokles, der diesem Kongreß einen strategisch überraschenden Plan vorlegte. Er riet, mit der Flotte zum Hellespont zu segeln, die Schiffsbrücken zu vernichten, die persischen Stützpunkte auszuheben, die rückwärtige Verbindung abzuschneiden und Mardonias so zum Verlassen Griechenlands zu zwingen.
Der Plan wäre geglückt. Vielleicht hätte er den Großkönig die gesamte Armee gekostet. Die Idee war genial, sie war ein Geschenk des Himmels.
Es ist unbegreiflich, daß sie nicht durchgeführt wurde. Die Griechen maulten herum und fanden Themistokles lästig. Natürlich war er lästig. Geniale Menschen sind immer lästig. Sie sind penetrant, weil sie von der völlig falschen Voraussetzung ausgehen, daß sie Zeitgenossen ihrer Zeitgenossen seien. Das ist selbstverständlich ein großer Irrtum. Sie sind überhaupt keine Zeitgenossen, und auch nachfolgende Generationen würden sie nicht akzeptieren, wenn sie noch lebten. Männer wie Themistokles sind nicht »ihrer Zeit voraus«; diese Formulierung ist ein schmerzstillendes Mittel unserer soziologischen Pillendreher; je weiter Athen fortschritt, desto weiter entfernte es sich von Themistokles. Wir werden den Anfang sofort erleben.
Also, die Griechen legten den Plan ad acta, sie hatten keine Lust. Sie hatten aus mehreren Gründen keine Lust; erstens waren sie müde, zweitens fürchteten sie die Herbststürme, drittens wollten sie ihre Städte aufräumen, viertens fanden sie, daß Themistokles nicht ewig recht haben müsse, und fünftens hatten die Spartaner versichert, man würde die Perser auch zu Lande schlagen. Ja, als die Bevölkerung von Athen — soeben wieder in den Besitz ihrer Väter und Söhne gelangt und mit Sack und Pack auf dem Heimmarsch — von dem Themistokles-Plan hörte, war sie so verärgert, daß sie den Retter Griechenlands für das nächste Jahr nicht mehr zum Strategen wählte! Themistokles zog sich wortlos zurück.
Ganz Griechenland staunte über die unberechenbaren Athener. Ich jedoch glaube, daß sie zu berechnen waren und auch berechnet worden sind, nämlich von Sparta! Die Emeritierung des Themistokles war kein Zufall.
Noch jemand staunte: Mardonias. Er ahnte zwar nicht, welcher Gefahr er entgangen war, aber er vernahm von dem Kurswechsel, und sein Schachzug folgte auf dem Fuße: Er machte durch einen Gesandten den Athenern ein Friedensangebot. Er verlangte die formelle Unterwerfung unter den Großkönig und versprach Begnadigung aller Bürger und Wiederaufbau der Stadt auf persische Kosten!
Er wartete gespannt. Themistokles war nicht mehr da; wer würde antworten? Auch darauf war er gespannt.
Es antwortete Aristides, »der Gerechte«.
Ja, sie waren alle wieder da:
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