Rosen für die Kaiserin
Stiefmutter – inzwischen war sie schwanger und trug einen beträchtlichen Bauch vor sich her – half ihr dabei.
»Du bist ja völlig außer Atem, Kind.«
»Bin gerannt.«
»Unsere Männer verdursten schon nicht.«
Eigentlich hatte Jutta nichts gegen ihre Stiefmutter. Ursel gab sich alle Mühe, sie anständig zu behandeln. Allein die Tatsache, dass sie Bruns Mutter war, reichte aus, um Juttas Zuneigung in Grenzen zu halten. Es wäre falsch, ihr Herz an die Stiefmutter zu hängen. Darüber hinaus hatte Jutta beschlossen, das Kind, das Ursel bald zur Welt bringen würde, wie ein fremdes Balg zu betrachten.
Mit einem gefüllten Wasserschlauch machte sie sich auf den Rückweg zum Feld. Schwer lag der Duft geschnittener Getreidehalme in der Luft. Es war Mittag, und die Sonne schien mit Gluthitze von einem wolkenlosen Himmel. Helmprecht ließ die Sichel fallen, als er seine Tochter erblickte.
»Wo zum Teufel bist du so lange gewesen?«
Unwirsch riss er ihr den Schlauch aus den Händen. Brun war dem Stiefvater gefolgt und lechzte gleichfalls nach Wasser. Helmprecht nahm einen tiefen Schluck und reichte den Schlauch an ihn weiter. Gierig trank der Junge, während Jutta ihn betrachtete, als sei er ein lästiges Insekt.
»Verschluck dich nicht, Dickwanst, sonst erstickst du daran«, flüsterte sie ihm gehässig zu.
Brun war so erschöpft von der Arbeit, dass die Antwort ihm nur keuchend von den Lippen kam.
»Maul halten, Kröte.«
Seitdem Jutta ihn mühelos überlistet hatte, waren seine Beleidigungen ihr völlig gleichgültig. Brun war ihr einfach nicht ebenbürtig.
*
»Herrin! Euer Gemahl! Er kehrt zurück!«
Völlig aufgelöst stürmte Eunice ins Gemach der Kaiserin und rief die erlösenden Worte. Theophanus Erleichterung war so groß, dass es sie beinahe lähmte. Eine Amme eilte herbei und nahm ihr das Kind aus den Armen. Theophanu erhob sich. Ihre Stimme zitterte.
»Ist er …«
»Man sagt, er sei unversehrt.«
»Wo ist er?«
»Auf einem griechischen Schiff, das vor Rossano ankert. Der Herr Bischof schickt mich, Euch zu holen. Ach Herrin, ich wusste genau, dass alles gut wird.«
Theophanu begriff nur wenig von Eunices wirren Worten, aber offenbar stand Ottos Rückkehr unmittelbar bevor.
»Sei so gut und bring mir eines meiner byzantinischen Gewänder, Eunice.«
Eunice strahlte. »Ich eile schon, Herrin.«
Nachdem sie umgekleidet war, machte sich Theophanu auf den Weg durch den Palast. Eunice folgte ihr, doch weil sie sich so aufgeregt gebärdete, schickte Theophanu sie wieder fort. Dietrich empfing die Kaiserin mit ungewohnter Hektik, während ein Knappe damit beschäftigt war, ihm Kettenhemd und Beinschienen anzulegen. Der Bischof wurde zum Kriegsmann.
»Ah, da seid Ihr ja schon. – Autsch! Nicht so fest, du Esel.« Die letzten Worte galten dem übereifrigen Knappen.
»Was habt Ihr vor? Meine Dienerin sagte, dass der Kaiser sich auf einem griechischen Schiff befindet«, sagte Theophanu, so ruhig sie konnte.
»So ist es, meine Kaiserin.«
»Was hat das zu bedeuten? Sind sie nun Feinde oder Freunde, diese Griechen?« Im Stillen wunderte sie sich über sich selbst, sprach sie doch von den Griechen, als seien sie Fremde für sie.
Dietrich seufzte. »Auf der Flucht vor den Sarazenen nahm den Kaiser eine Galeere der Byzantiner auf. Kein Kriegsschiff übrigens, was die Sache für uns viel einfacher macht. – Heinrich, warum erzählt Ihr der Kaiserin nicht selbst, was geschehen ist?«
Erst jetzt bemerkte Theophanu die Gestalt im Hintergrund: Heinrich Zolunta, ein ihr bekannter slawischer Ritter, trat näher und verbeugte sich tief.
»Ich war an Bord der Galeere, als man Euren Gemahl aus dem Wasser fischte. Niemand außer mir wusste, dass es sich um den Kaiser handelte. Und glaubt mir, von mir hätte es auch niemand erfahren, doch schon bald wurde er erkannt. Der Schiffskommandant beschloss, ihn mit nach Konstantinopel zu nehmen.«
»Was für eine Trophäe«, flüsterte Theophanu, der es kalt über den Rücken lief.
»Der Kaiser aber – Gott segnete ihn mit großer Klugheit – erkannte den habgierigen Charakter des Kommandanten. Er sagte, er sei bereit, mit ihm nach Konstantinopel zu kommmen, da er so viel Unglück über seine besten Männer gebracht habe. Doch zuvor wolle er in Rossano den Staatsschatz an Bord holen lassen, da er nicht als mittelloser Mann in der Stadt des Ostkaisers eintreffen wolle.« Heinrich räusperte sich. »Vor allem jedoch wolle er die Kaiserin in seiner Nähe
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