Rosen für die Kaiserin
Schlingel.«
»Tatsächlich?«
»Es mangelt ihm an Spielgefährten.«
»Dennoch, irgendetwas bedrückt dich doch. Wie lange kennen wir uns? Warum vertraust du dich mir nicht an?«
Eunice atmete tief und stieß die Luft seufzend aus. »Ach, alles ist so finster um uns herum, Herrin. Über allem scheint ein Fluch zu liegen. Ich fürchte, dass Gott die Gebete der Menschen nicht erhört, die in diesem schrecklichen Land weilen.«
»Es kommen wieder bessere Tage, glaub mir.«
»Warum lässt Gott die Menschen sterben, um deren Wohlergehen man ihn bittet? Will er uns strafen? Manchmal glaube ich, er verhöhnt uns.«
Theophanu trat an sie heran, nahm ihren Kopf in beide Hände, sah ihr tief in die Augen. »Es ist Schwermut, die dich in ihren Klauen hält und dein Herz mit Leid erfüllt, meine Liebe. «
»Keine Schwermut, Herrin. Kein Herzleid. Es ist nur … dieses schreckliche Land …«
»Meinem Gemahl war es das Land seiner Träume.«
»Euer Gemahl ist tot, Herrin. Verführt von den Dämonen, die hier an jeder Ecke lauern.«
Theophanu verbarg den Schrecken, den Eunices mutlose Worte in ihr auslösten. Wie eine Fremde erschien ihr die Dienerin, die ihr viele Jahre lang Zofe und Freundin zugleich gewesen war. Auch wirkte sie um Jahre gealtert, dunkle Ringe umrandeten ihre brachen Augen, die früher so lustig oder auch verschmitzt oder grimmig hatten dreinblicken können.
»Sprich nicht so, das steht dir nicht zu.«
»Verzeiht mir, Herrin.«
»Wende dich wieder dem Leben zu und gib dich nicht länger zerstörerischen Gedanken hin. Du hast einen Sohn, Eunice, der deine Liebe braucht. Und was dieses Land angeht – wir werden hier nicht ewig bleiben. Noch vor Beginn des Sommers werden wir die Alpen überqueren.«
»Ja, Herrin. Und dann kommen wieder bessere Tage, nicht wahr?«
Theophanu nickte. »So ist es, Eunice. Dann kommen bessere Tage.«
17
I
n den folgenden Wochen waren es zwei Begegnungen, die Theophanu nachhaltig beschäftigen sollten – sowie ein aus Deutschland eingetroffener Brief von Kanzler Willigis.
Gerbert von Aurillac hatte um eine Audienz gebeten; Theophanu empfing den Abt von Bobbio mit Wohlwollen. Ihn zu sehen, erinnerte sie an eine Zeit, da alles noch eine andere Wendung hätte nehmen können.
»Seid Ihr nach Pavia gekommen, um abermals gelehrte Dispute zu führen?«, fragte sie ihn lächelnd. »Nun, Ihr werdet Euch wohl einen neuen Kontrahenten suchen müssen.«
Der alte Ohtrich, Gerberts damaliger Widerpart, war nur wenige Wochen nach ihrem Streitgespräch gestorben.
»Als ich von seinem Tod erfuhr«, erwiderte Gerbert ernst, »da tat es mir fast leid, ihn derart vernichtend geschlagen zu haben.«
Theophanu hob eine Braue. »Ihr seht Euch als Sieger der Disputation? An Bescheidenheit mangelt es Euch jedenfalls nicht.«
»Mit Verlaub, jeder der Anwesenden sah mich wohl als Sieger, meine Kaiserin. Warum nicht Ihr?«
»Ich enthielt mich damals eines Urteils. Zum Sieger erklärte ich weder Euch noch Ohtrich. Was Ihr mir als fehlenden Mut auslegtet, Gerbert.«
»Nun, hoffentlich seht Ihr mir diese List nach, mit der ich Euch aus der Reserve locken wollte. Ihr sagtet, dass Ihr Euch sowohl Othrich als auch mich gewogen halten wolltet.«
»Ist es mir gelungen?«
»Für den guten Ohtrich – Gott sei seiner Seele gnädig! – vermag ich nicht zu sprechen, obwohl er sich gefreut haben dürfte, dass Ihr ihn nicht bloßstelltet. Was mich betrifft, so ist die Antwort auf Eure Frage nicht schwer. Ihr haltet mich hoffentlich nicht für kriecherisch, wenn ich sage, dass es nicht viele Herrschende gibt, die ich schätze wie Euch. Ein Narr, wer nicht nach Eurer Gunst strebt.«
Theophanu lachte herzhaft und lauter, als es sich geziemt hätte. »Habt Ihr eine Ahnung, wie viele Narren es auf dieser Welt gibt?«
»Ja, die habe ich, Herrin. Leider.«
»Bischof Dietrich von Metz, dessen Schutz ich unterstellt war, kann mich inzwischen nicht mehr sehen. Ich habe den guten Mann zu sehr verdrossen, und meine Gunst dürfte ihm einerlei geworden sein. Er hält mich für hochmütig und eitel. Vielleicht ergeht es jedem so, der mich zu lange ertragen muss.«
»Glücklicherweise bin ich nicht der Bischof von Metz.«
»Nein, Ihr seid der Abt von Bobbio. Ich bin gespannt, zu erfahren, was Euch zu mir führt.«
Gerbert räusperte sich; offenbar war sein Anliegen von eher leidiger Natur. »Nun, ich fürchte, dass meine Mitbrüder in Bobbio mich nicht mehr als ihren Abt haben wollen.«
»Ihr habt Euch mit
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