Rosen für die Kaiserin
neuerliche Audienz gewährt hatte.
»Man soll ihn wieder fortschicken«, entgegnete sie nach kurzer Überlegung. »Ich will ihn morgen empfangen.«
»Er wird nicht zufrieden sein, Augusta «, wandte der Bote vorsichtig ein.
»Das ist mir gleich. Meinethalben richtet ihm aus, ich fühle mich unwohl.«
Abermals verneigte sich der Beamte, bevor er davoneilte. Theophanu war der Meinung, dass der Stadtpräfekt, auch wenn er sich seit ihrer Ankunft in der Ewigen Stadt kaisertreu gab, keine bevorzugte Behandlung verdiente. Sie traute ihm nicht, daran würde auch eine weitere Unterredung nichts ändern. Gewiss, sie durfte Crescentius nicht verprellen, dafür besaß er zu viel Einfluss, doch dies war nicht der Tag, an dem sie mit dem verschlagenen Römer verhandeln wollte. Sie war es leid, immer stark sein zu müssen. Schon die Zwiesprache mit dem Papst am Vormittag hatte an ihren Kräften gezehrt. Johannes – er war der fünfzehnte Pontifex, der diesen Namen trug – witterte allerorten Intrigen.
»Du bist eine Löwin und wirst allen Widrigkeiten trotzen!« Oft half es, sich die Worte des alten Gero in Erinnerung zu rufen. Aber auch eine Löwin brauchte manchmal ihre Ruhe. Nachdem sie so viel Zeit am Grab des Gemahls verbracht hatte, sehnte sie sich nach Einsamkeit. Während früherer Romaufenthalte hatte sie diese auf dem Palatinhügel gesucht und gefunden. Allein Euncie duldete sie in ihrer Nähe.
Die Leibwächter begleiteten die Frauen bis zur bereitstehenden Sänfte. Wie gewohnt, ließ Theophanu auf dem Weg zum Palatin Almosen an Bedürftige verteilen, die an den Gassenrändern kauerten. Manchmal vernahm sie Schmähungen, anonym, aus verborgenen Winkeln. Es lag den Römern immer noch im Blut, sich als Herren der Welt zu betrachten und fremden Herrschern mit Feindschaft zu begegnen. Auch der große Karolinger und die beiden Ottonen hatten dies erfahren müssen.
Eunice war blass und stierte ins Leere. Nicht einmal die Beschimpfungen aus dem Hinterhalt vermochten sie, wie früher, in Erregung zu versetzen. Das ständige Schaukeln der Sänfte änderte nichts an ihrer Starre.
»Nie wieder werde ich dich mit in dieses Land nehmen«, sagte Theophanu ernst. »Es war das letzte Mal, dass du mich überredet hast. Nie wieder, hast du verstanden?«
Eunice nickte fast unmerklich. »Ja, nie wieder«, hauchte sie. Plötzlich kam wieder etwas Leben in ihre Augen. »Ich möchte Euch etwas fragen, Herrin: Wenn mir etwas zustieße, würdet Ihr dann dafür sorgen, dass man sich um Luitger kümmert? Er wäre doch dann ganz allein, wisst Ihr?«
»Ganz bestimmt würde ich dafür sorgen, wie kannst du fragen. Auf jeden Fall bekommt er eine Ausbildung, die seinen Neigungen entspricht. Aber was sollte dir zustoßen? Mach dir keine Sorgen, wir werden aufs Beste bewacht. Im Frühjahr können wir unsere Söhne wieder in die Arme schließen.«
»Eutropia wird Euch eine gute Zofe sein.«
»Aber sie ist in Mainz zurückgeblieben und somit weit weg von hier. Außerdem ist sie noch jung und unbedarft. Du wirst sie noch vieles lehren müssen, bevor sie mir eine gute Zofe sein kann. Ich habe freilich nicht vor, dich durch sie zu ersetzen, du bleibst meine erste Dienerin. Oder bist du so töricht, etwas anderes zu denken?«
In Eunices Augen kehrte die Leere zurück.
Am Fuß des Palatin entstiegen sie der Sänfte.
»Wartet hier!«, befahl Theophanu ihren Leibwächtern.
Der Hauptmann runzelte die Stirn. »Sollten nicht wenigstens zwei meiner Leute Euch begleiten, Herrin?«
»Weshalb? Hier gibt es nur streunende Katzen und Hunde.« Theophanus Wunsch nach Ruhe war übermächtig.
Den Palatin bedeckten zahlreiche Ruinen; einst hatten hier die Cäsaren ihre Paläste gehabt. Ein Wald von Pinien wuchs zwischen den Mauern und ließ den Ort wie eine verwunschene Insel inmitten der Stadt erscheinen.
Schweigend machten die beiden Frauen sich auf den Weg. Theophanu schritt voran. Sie überlegte, die erschöpft wirkende Dienerin wieder zur Sänfte zu schicken, da die Schwermut ihr offenbar jede Kraft nahm. Aber zweifellos hätte Eunice sich dagegen gesträubt, ihre Herrin allein zu lassen.
Schwer ging beider Atem, als sie die breite Hügelkuppe erreichten. Vom Lärm der Stadt war hier nichts zu hören. Der kniehohe Rest einer alten Mauer trennte sie vom Abgrund, ein Meer von Bauten und Gassen erstreckte sich unter ihnen, fast bis zum Horizont, und über allem stand ein grauer Himmel. Im Vordergrund der große Circus Maximus – einst hatten dort
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