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Rosen für eine Leiche (German Edition)

Rosen für eine Leiche (German Edition)

Titel: Rosen für eine Leiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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zusammenarbeiten, Herr Ottakring? Ich
spür doch schon lange, wie es Sie umtreibt.«
    Der Mann hatte mich durchschaut. Auch wenn ich es so deutlich vor
mir selbst nicht hatte zugeben wollen.
    Er hielt mir die Hand hin. Ich zögerte nur kurz, bevor ich
einschlug. Ich hatte mich entschieden. Meine bisherigen Vorsätze hin und her.
Das war meine Welt. Ich war zu jung für den endgültigen Ruhestand.
    Nachher, draußen im Treppenhaus, streifte mich beim Runtergehen ein
Luftzug. Er stammte von Chili, die aus dem dritten Stock an mir vorbei die
Stufen hinunterhastete. Sie legte nur kurz eine Hand um meinen Unterarm. Sie
war eiskalt.
    »Unterwegs nach München«, rief sie mir zu und winkte zurück, ohne
sich umzusehen. »Nach Bogenhausen. Deinem Hinweis hinterher. Hey, übrigens: Hab
ich mein Parfüm bei dir vergessen?«
    »Ich fahr an den Chiemsee. Mich ein bisschen umhören«,
sagte ich später zu Lola. »Und umsehen. In jedem Fall eine gute Rechercheübung.
Vielleicht auch für dich und deine Sendung. Möchtest du mitkommen?«
    »Ich liebe dich«, sagte sie statt einer Antwort und drängte sich an
mich.
    Ich legte den Arm um ihre Hüfte.
    Das mochte ich so an Lola. Sie war nicht nachtragend, sie konnte
sofort vergessen, wenn sie wollte. Nie würde sie mich wegen eines Streits
verlassen so wie die Frau, mit der ich neun Jahre verheiratet gewesen war.

FÜNF
    In der schwülen Hitze des Abends war der von Eichen
beschattete Biergarten voll besetzt mit durstigen Seglern, Einheimischen und
Touristen. Lola und ich hatten von unserem Tisch aus die gesamte Bucht vor uns.
    Liebermann saß hinter uns an der Hauswand.
    Die Sonne schickte sich an, einen blutroten Abendhimmel zu
inszenieren. Der Spiegel des Chiemsees schimmerte wie flüssiges Gold. Herr
Huber spielte sofort wieder mit Wuschel. Ich bestellte mir ein Weißbier.
    »Du mit deinem Weißbier-Tick«, sagte Lola, als bemerke sie es zum
ersten Mal. »Ich finde nach wie vor, es schmeckt abscheulich.«
    Manchmal hatte sie diese Art, die nach Besänftigung verlangte. Ich
nahm ihre Hand in meine Hand. »Absolut«, sagte ich. »Je älter man wird, desto
mehr Flüssigkeitsbedarf hat der Körper. Außerdem spielen Mineralstoffe und
Spurenelemente keine geringe Rolle für Leben und Gesundheit. Da hat Weizenbier
alles, was ein Mann braucht. Auf die Vitalstoffe kommt es an.«
    An Lolas Gesicht konnte ich ablesen, was sie von meiner Antwort
hielt. Statt einer Bemerkung hielt sie mir ein frisches Taschentuch hin. Ich
nahm es und wischte mir zum x-ten Mal über Stirn und Nacken. Diese verdammte
Hitze!
    Die Leute tranken Bier oder Wein, kämpften mit den Gräten der
Saiblinge und Zander, genossen die Aussicht und verjagten die Schnaken. Mitten
im ausgelassenen Gewühl, als sich die Sonne schon hinter die Bucht der
Wasserwacht verzog, legte sich Liebermanns Hand auf meine Schulter.
    »Tach, Ottakring. Rauchbombe gefällich?«
    Ich nahm die Zigarre, steckte sie in die Brusttasche meines Hemds
und sah ihn an. »Sie kennen den See doch in- und auswendig. Kennen Sie auch die
Strömungsverhältnisse im Chiemsee?«
    Liebermann wandte sich an Lola. »Will er etwa Secheln lernen auf
seine alten Tage? Kommt kaum mehr einen Berg hoch und will Secheln lernen. Ist
doch ein wenich zu alt dafür, der Mann, nich?«
    Lola war Liebermanns Art von Humor geläufig. Sie hätte sich auch
nicht gewundert, wenn er mich der schwarzen Magie beschuldigt hätte.
    Eine Wespe summte zwischen unseren Köpfen hin und her.
    Lola trank ihr Glas leer und drängte zwischen den Tischen hindurch
Richtung Ausgang. Herr Huber ließ von Wuschel ab und rannte hinter ihr her.
    »Also was ist?«, fragte ich Liebermann, bevor ich Lola folgte. »Wie
ist die Strömung auf dieser Seite des Sees?«
    »Süden«, sagte er. »Immer nach Süden.« Sein Gesicht zuckte, und er
drehte sich weg.
    Normalerweise hätte er jetzt die benachbarten Tische besucht, ein
paar Hände geschüttelt und überall ein freundliches Wort hinterlassen. Doch er
hielt die Hände am Rücken verschränkt, setzte mit gesenktem Kopf einen Fuß vor
den anderen und machte erst am Ufer halt. Dort blickte er auf den See hinaus.
    Etwas schien ihn nervös gemacht zu haben. Er kam mir vor wie der
kleine Bub, der die Hände vors Gesicht hält, um nicht gesehen zu werden. Eine
Stimmung, die mir bei Liebermann bisher fremd war.
    Hatte ich ihn etwa mit meiner Frage aus dem Gleichgewicht gebracht?
Was wusste er, wovon ich nichts wusste?
    Lola saß zurückgelehnt im Fahrersitz

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