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Rosen für eine Leiche (German Edition)

Rosen für eine Leiche (German Edition)

Titel: Rosen für eine Leiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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Kreis.«
    Scholl saß mit dem Gesicht zu den Journalisten rittlings auf einem
Stuhl und wippte vor und zurück. Mich grüßte er mit einem zarten Heben der
linken Augenbraue.
    Die Köpfe flogen zu mir herum. Ich saß in der letzten Reihe.
    Chili saß in der zweiten. Sie drehte sich nicht um.
    Ich deutete eine Verbeugung an. In Wirklichkeit aber hasse ich
solche Hascherei nach Aufmerksamkeit. Es tat schließlich nichts zur Sache, ob
ich dabei war oder nicht.
    »Unter der Nummer, die wir für die Sonderkommission eingerichtet
haben, klingelt ständig das Telefon«, begann Scholl. »Es sind in der Hauptsache
Segler, denen der führerlose Kahn auf dem See aufgefallen ist. Aber sie haben
sich alle nichts dabei gedacht. Sie hatten ja keine Ahnung von dem Inhalt.« Er
hüstelte. »Wer die Toten sind, können wir also noch nicht mit Sicherheit
sagen.«
    Das war eine glatte Lüge, denn sie hatten keinen Schimmer.
    »Beide Opfer, das wissen Sie ja bereits, wurden mit derselben
Tatwaffe getötet. Einer Neun-Millimeter- SIG- Sauer.
Dieses Modell ist so selten, dass wir gewisse Hoffnungen hegen, weitere Details
über die Tat zu bekommen. Es gibt Schmauchspuren an den Händen des Mannes. An
unserer Einschätzung hat sich also nichts geändert, nämlich Mord an der Frau,
anschließend Suizid des Mannes. Ich betone: Wir haben es mit einem Mord zu tun,
den wir aufzuklären haben.«
    Scholl warf sich in Positur. So, als ob er in wenigen Augenblicken
die Anwesenden mit einem Paukenschlag verblüffen würde.
    »Um den Künstler zu verstehen, muss man sein Werk betrachten«,
begann er. »Was für die bildende Kunst gilt, hat auch in der
Verbrechensforschung seine Richtigkeit. Mit Intellekt und psychologischem
Einfühlungsvermögen kann man aus kleinsten Anhaltspunkten vollständige
Täterprofile erstellen. Damit haben wir, wie Sie wissen, Serienmörder und
Mörder gestellt. Denken Sie nur an den spektakulären Fall Kolarova. Sie
erinnern sich: Bei den Ermittlungen stellte sich nach und nach heraus, dass ihr
Mörder, der Fernfahrer Frank Thäder, mehrere Frauen auf dem Gewissen hatte. Ein
ausgewachsener Serienmörder also. Auch den Mann, der den Wirt vom ›Giornale‹
erschossen hat, haben wir auf diese Weise sehr schnell gefasst und überführt.«
    Er machte eine Pause.
    »Aber im vorliegenden Fall? Man hat den Täter, kennt jedoch seine
Identität nicht und weiß nicht, wer sein Opfer ist.«
    Ein Gemurmel ging durch den Raum. Scholls Logik war nicht zu
widerlegen.
    Doch er war noch nicht fertig. »Ich habe eine neue Information für
Sie«, fuhr er fort. »An der Frau wurden Spermaspuren gefunden. Das kann uns ein
großes Stück weiterbringen.«
    Das Murmeln wurde lauter. Stifte huschten über Papier. Das war
immerhin eine Nachricht, die sich gut verkaufte. Ich vermisste ein Wort
darüber, dass Wasser in der Lunge des Mannes gewesen war. Scholl verzog keine
Miene. Dieses Ergebnis, das ich von Chili kannte, behielt er wohl vorerst für
sich. Ich beneidete ihn nicht. Er hatte es schon schwer, eine Ermittlung zu
leiten, die nicht nur den Mörder, sondern auch das Opfer nicht kennt.
    Das musste ich ändern. Um Scholl nicht vor den Journalisten
bloßzustellen, rückte ich mit der Handtasche allerdings erst heraus, als sie
gegangen waren.
    »Sie hing an einem Wacholderstrauch, ich hab sie heute Morgen beim
Joggen gefunden«, log ich und beschrieb ihm den Fundort. Rudi hatte mich
gebeten, ihn und seinen Kollegen herauszuhalten.
    »Soso«, sagte Scholl nur. Ich glaube, er hörte selbst, wie gereizt und
abweisend er klang.
    Doch als er den Ausweis in der Hand hielt, sagte er: »Donnerwetter«,
und pfiff durch die Zähne. »Münchener Adresse. Bogenhausen. Hätten wir lange
suchen können. Ich bin gespannt, warum sie keiner als vermisst gemeldet hat.«
    Die Erleichterung war ihm anzumerken. Doch er hakte nicht nach,
warum ich die Tasche nicht schon vor der Konferenz abgeliefert hatte. Erst als
ich ihm die in Folie gewickelte Zigarettenkippe übergab, die ich neben dem
Wacholderstrauch gefunden hatte, rang er sich zu einer Äußerung durch.
    »Ganz der Alte«, sagte er. »Ich dachte, Sie wollten sich ausklinken
aus unserem Geschäft?«
    Scholl hatte Schweiß auf der Stirn, und sein kurzärmliges weißes
Hemd hatte auf der Brust und unter den Achseln nasse Flecken. Sein Sakko hing
über der Stuhllehne. Er trat auf mich zu und boxte mich leicht gegen die Brust.
    So viel Spontaneität hätte ich ihm nicht zugetraut.
    »Wie wär’s, wenn Sie mit uns

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