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Rosen für eine Leiche (German Edition)

Rosen für eine Leiche (German Edition)

Titel: Rosen für eine Leiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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ihres roten Mini und
hatte die Beine lässig auf den Nebensitz gelegt. Herr Huber hatte sich auf die
schmale Rückbank gezwängt.
    Ich bat Lola, die kleine Straße nach Norden zu nehmen, die am Seebad
vorbei zur Hirschauer Bucht führte. Wir stiegen aus und marschierten durch
dichtes Schilf. An einer Wegkreuzung trennten wir uns. Ich folgte dem Hund in
der rechten Spur, Lola ging links, am Ufer entlang.
    Ich musste an Chili denken. Sie war nach München gefahren und würde
in diesen Stunden mit ihren Kollegen das Leben der jungen Frau in München
entziffern. Bald würden sie auch herausfinden, wer der Mann war, der sie
erschossen hatte.
    »Ich bin ein wenig herumgestreift«, sagte Lola, als wir uns wieder
trafen. »Wisst ihr eigentlich, dass sein Kahn weg ist?«, sagte sie.
    »Was?«, sagte ich. Ich musste dabei ziemlich einfältig geschaut
haben. »Wessen Kahn?«
    »Liebermanns Kahn. Ein Kahn, weißt du, das ist so ein längliches
Ding aus Holz, mit dem man rudern kann.« Sie formte mit beiden Händen ein Boot
in der Luft.
    Ich gab ihr einen Klaps auf den Po.
    »Sein Sohn«, fuhr sie fort, »hat uns doch mal damit rumgeschippert.
Es lag immer in der kleinen Bucht, die zur Wasserwacht führt. Die Bucht ist
leer. Das Boot ist weg.«
    Mit Lola zu speisen war immer ein intensives Vergnügen.
Auch an diesem Tag sollte es so ein. Allerdings anders, als ich es mir
vorgestellt hatte.
    Wir waren zum »Alpenhof« nach Frasdorf gefahren.
    Vom Telefon im Flur aus informierte ich Chili über Liebermanns
fehlenden Kahn.
    Beim Essen unterhielten wir uns fast ununterbrochen. Mit ihren
Augensternen unter dem goldbraunen Haar, der etwas zu breiten Stupsnase, den
sinnlichen Lippen sah Lola hinreißend aus. Doch sie wirkte bedrückt. Ich wurde
den Eindruck nicht los, dass sie mich bei jeder Spaghetti, die sie um die Gabel
wickelte, bei jeder Languste, die sie knackte, und bei jedem Schluck, den sie
nahm, aus seltsam fragenden Augen ansah.
    »Was ist los?«, fragte ich. »Was hast du? Du siehst mich an, als
hätte ich dir was geklaut.«
    »Hast du auch«, sagte sie.
    »Nein, hab ich nicht«, sagte ich, langte in die Seitentasche meines
Sakkos und zog die verschlossene Faust wieder heraus. »Weißt du, was da drin
ist?«
    Von einem Augenblick zum anderen veränderte sich Lolas
Gesichtsausdruck. Farbe kam in ihre Wangen, zwischen den Lippen funkelten weiße
Zähne, ihre Nüstern blähten sich. Mit anderen Worten: Lola strahlte.
    »Na, dann ist ja alles i.O. Ich dachte schon …« Sie legte die
Hand auf meine geschlossene Faust. »Ich konnte mir wirklich nicht vorstellen,
dass du’s vergessen hast.«
    Ich öffnete die Faust und sah Lola dabei an.
    Mit geweiteten Augen blickte sie auf den Elfenbeinohrring auf meiner
Handfläche. Ich las etwas wie Entsetzen in ihrem Blick.
    »Hast du ihn nicht vermisst?«, sagte ich und bemühte mich, nicht
großspurig zu klingen. »Mit einem einzigen Ohrring kannst du nichts anfangen.
Der hier ist der zweite. Er lag unter deinem Waschbecken in Neubeuern auf dem
Boden.«
    Wenn eine an Disziplin und Beherrschung gewöhnte Frau wie Lola
Herrenhaus die Fassung verliert, dann muss etwas wie eine Bombe neben ihr
eingeschlagen sein.
    Und ich saß ihr gegenüber und war ahnungslos.
    Lolas Kopf schnellte in die Höhe. Wie in Panik schaute sie mich an.
Ihr Körper versteifte sich. Wasser schoss in ihre Augen, ein Mundwinkel zog
sich wie im Krampf nach unten und entstellte ihr ebenmäßiges Gesicht. Sie legte
beide Handflächen auf die Tischplatte und stemmte sich mit Mühe nach oben.
    »Joe!« Der Laut war nur ein Zischen. »Weißt du, welches Datum wir
heute haben?« Sie spreizte die Finger und presste sie so stark auf den Tisch,
dass die Knöchel weiß hervortraten. »Ist dir eigentlich nicht klar, welche
Bedeutung dieser Tag für mich hat?«
    Lola zeigte sonst kaum Launen, war nie mürrisch und selten gereizt.
Dies hier war mehr als nur eine Verstimmung, die gerade in Fahrt geriet. Sie
hatte die Frage kaum ausgesprochen, da fühlte ich, wie mir das Blut in den Kopf
stieg.
    Der 20. Juli.
An einem 20. Juli
hatten wir uns kennengelernt und feierten dieses Ereignis jedes Jahr.
    Der 20.
Juli war aber auch Lolas Geburtstag.
    Und der 20.
Juli war heute.
    »Du erinnerst dich entfernt an das Datum, nicht?«, sagte sie mit
schmalen Lippen. »Dir ist es eingefallen. Aber ist dir auch klar, welches Jahr
wir haben?«
    Mehr sagte Lola nicht. Sie nahm einen Schluck im Stehen, tupfte sich
die Lippen mit einer Serviette ab und

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