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Rosen für eine Leiche (German Edition)

Rosen für eine Leiche (German Edition)

Titel: Rosen für eine Leiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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großem Stil nur, wenn einer den Markt
überblickt, ja beherrscht. Dazu gehört auch ein gewisses Maß an
Durchsetzungskraft und Brutalität. Jetzt sag mal ehrlich, du großer Ermittler:
Traust du ihm auch diesen Mord zu? Hast du das den Zack Baldoni …«
    »… Borsody!«
    »… auch gefragt? Dass der Bellini an einem schönen Sommertag
seine Freundin im Kahn umherschaukelt und ihr dann ein hässliches Loch in die
Stirn stanzt? War er der Typ für so was? Und dass er sich dann selbst den Lauf
in den Mund hält und abdrückt? War das ein echter Bellini, Pauli? Ha?«
    »Schwer zu sagen.«
    Ich merkte sofort, dass Pauli auswich. Da kam noch mehr, ich hätte
darauf gewettet.
    »Der Zack war schließlich ziemlich dicht gewesen, als ich ihn
aufgesucht hab. Ich glaub, der hat sich selbst nicht mehr ertragen können, er
war ein Wrack. Aber bevor ich gegangen bin, hat er wieder Musik aufgelegt.
›Achte?‹, hab ich im Hinausgehen gefragt. ›Blödsinn‹, hat der Zack gesagt,
›Sechste.‹
    Ich sah Pauli scharf an. Er hatte noch einen Pfeil im Köcher.
    Er senkte den Kopf. »So beschränkt, wie du jetzt aussiehst, so ist’s
mir dort auch gegangen. Der Zack hat nur gegrinst. Ein Schneidezahn unten links
hat ihm übrigens gefehlt in seinem grauen Gesicht. ›Es wurde gemunkelt‹, hat er
gesagt, ›dass die Esterding einen festen Freund gehabt haben soll.‹ Einen süßen
Lover also. Ob der Bellini wohl davon gewusst hat?«
    Diese Frage stellte ich mir auch. Es ist ein Unterschied,
ob ein Mädel wie sie nur so herummacht oder eine feste Liaison eingeht.
    Ich lenkte den Porsche auf die Autobahn, anstatt den kürzeren Weg
über die Landstraße zu nehmen. Ich wollte vermeiden, hinter Traktoren und
Milchtransportern herzukriechen. Auf der Autobahn ging’s jedoch genauso zu.
Lkws aus Osteuropa, der Türkei, aus Italien und den Niederlanden blockierten
die drei Fahrbahnen. Ich kroch mit sechzig hinter den anderen her den
Irschenberg hinunter und konnte dann, als die dritte Spur endlich wieder frei
wurde, etwas aufdrehen.
    Und überlegen. Wenn Bellini draufgekommen war, dass seine schöne
Helen einen festen Freund hatte, hätte er ja wohl eher den Freund als sie
umgebracht, notfalls auch sie dazu. Aber doch keinesfalls sich selbst. Doch wer
begreift schon die Logik eines Mörders. Für einen Augenblick blitzte der kühne
Gedanke auf, der Freund habe die beiden vielleicht seinerseits aus Eifersucht
erschossen, jedoch … weiter kam ich nicht.
    Zu spät hatte ich die dunkle Halterung mit dem getarnten Gerät am
Autobahnrand erkannt. Es blitzte, und die Verkehrspolizei hatte ein wunderbares
Porträtfoto von mir. Mein Tacho zeigte hundertachtzehn. Achtzehn zu viel.
    Mir platzte fast der Kragen. Jedes Jahr hagelt es auf diese Weise
zehn Millionen Bußgeldbescheide und Verwarnungen. So etwas regt mich auf. Sechs
Millionen Autofahrer haben Punkte im Flensburger Zentralregister, und unsere
Amtsrichter ersticken unter den Aktenbergen. Keine andere soziale Gruppe wird
permanent so überwacht und für das kleinste Fehlverhalten bestraft wie die
Auto- und Motorradfahrer. Dabei werden sie nirgends so überdimensional
geschröpft wie in Deutschland. Ich sollte vielleicht einmal mit Daniela Raab
reden, unserer jungen Bundestagsabgeordneten, die ich kürzlich bei einer
Einladung kennengelernt hatte.
    Kurz vor Rosenheim wurde der Verkehr flüssiger, ein Zeichen, dass
die Polizei anderweitig beschäftigt war. Als ich schließlich die Autobahn
verließ, hatte ich mich wieder beruhigt. Ich überließ dem österreichischen
Tieflader vor mir freiwillig die Abbiegespur und fühlte mich plötzlich sehr
friedlich.
    In der Stadt wollte ich als Erstes mein gutes Werk des
Tages vollbringen. Ich besuchte Frau Steiner im Klinikum.
    »Wie geht es Ihnen, Frau Steiner?«, fragte ich und legte die David
Austin aus meinem Garten auf die Platte des Rollwagens gleich neben das Foto
ihres Sohnes. Es war reine Ironie, gerade ihr diese Rose mitzubringen. Doch wie
gesagt … gutes Werk des Tages.
    »Ach, ich könnt schon längst hier raus«, sagte sie. Ihr linkes Auge
zuckte. Als sie die Rose bemerkte, zuckte auch das rechte. »Aber sie meinen
halt, wegen einer Infektionsgefahr geht’s nicht.« Dabei zerrte sie ihr
Nachthemd so weit nach unten, dass ich den weißen Verband an ihrem Oberkörper
sehen konnte. »Der Harry besucht mich jeden Tag. Der ist fei nicht gut auf Sie
zu sprechen.«
    Es ging ihr also gut.
    Ich schob die Kassette mit John Denver und Plácido

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