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Rosen für eine Leiche (German Edition)

Rosen für eine Leiche (German Edition)

Titel: Rosen für eine Leiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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»Wollen Sie einen Schluck? Oder eine
rauchen?«
    Auch dieser Besuch dauerte nicht lange.
    Es war sinnlos.
    Liebermann hatte behauptet, sein Sohn wäre mit einer Freundin nach
Seehäusl gerudert. Georg selbst und sein Spezl von der Surfschule behaupteten
das Gegenteil. Rein für die Sache war es selbstverständlich unwesentlich, ob
Georg ein Mädchen im Boot hatte oder nicht. Mein Interesse an diesen
Befragungen bestand hauptsächlich darin, eine möglicherweise widersprüchliche
Aussage allein deshalb zu klären, weil sie ein Widerspruch war. Ein alter
Grundsatz von mir. Widersprüche, egal womit oder worin, entwickeln oft eine
beträchtliche Dynamik.
    Das Seltsame war, dass ich den beiden Fieslingen mehr glaubte als
Liebermann. Der konnte sich natürlich geirrt haben oder etwas verwechselt.
    Mit gemischten Gefühlen lenkte ich den Porsche nach Haus. Mal sehen,
dachte ich, was mich diesmal dort erwartet.

ZEHN
    Die Schatten wurden länger. Der Sommer hatte seinen Zenit
hinter sich, das schwindende Licht nahm am Abend die Farbe sterbender
Sonnenblumen an. An diesem frühen Abend brodelten Wolkenhaufen am Himmel, ohne
dass es regnete. Es sah aus, als brause ein hundertarmiger Krake übers
Firmament und mühte sich ab, im Gewirr seiner Tentakel Ordnung zu schaffen.
    Bevor das Rosenheimer Herbstfest seine Tore öffnete und Würstl mit
Kraut, Kesselfleisch und Ente drohten, wollte ich noch einmal original
unbayrisch essen. Mediterrane Kost sei gut für den Cholesterinhaushalt, hatte
ich mir eingeprägt. Ich trat aus dem Haus.
    Dort herrschte Stille. Nur ein einzelner Vogel krähte aus dem Geäst.
Der Mülleimer war geleert, und jemand hatte freundlicherweise die Zufahrt zur
Tiefgarage gefegt.
    Ich sah mich um.
    Herr Huber trieb sich an der mannshohen Rhododendrongruppe herum.
    Harry Steiner stand, auf den Stiel eines Besens gelehnt, halb
verdeckt dahinter. Er starrte, ja stierte mich ungeniert an. Er nickte nicht,
er grüßte nicht, er winkte nicht. Um seinen Mund spielte ein falsches Lächeln.
Ich war so überrascht und auf ihn fixiert, dass ich die anderen Gestalten
hinter ihm im Busch erst bemerkte, als sie sich bewegten. Es waren drei, alle
etwa gleichen Alters. Sie sahen zu mir her. Einer trug ein T-Shirt mit
Che-Guevara-Aufdruck. Ich erkannte das zugehörige Gesicht. Georg Liebermann
natürlich. Was wollte der hier?
    Während ich noch einmal zurück ins Haus ging, weil ich mein Geld
vergessen hatte, schossen mir allerlei Gedanken durch den Kopf. Klar, die drei
Burschen hatten Kontakt miteinander oder waren sogar befreundet. Doch dass sie
sich ausgerechnet jetzt hier bei Harry Steiner trafen, empfand ich als
eigenartig. Und – warum verhielt sich der früher stets so freundliche
Harry so feindselig? Dass ich Georg Liebermann egal war oder er mich nicht
mochte, war bereits bei unserer ersten Begegnung deutlich geworden. Ob der
Dritte im Bund der Beachboy von Seehäusl war, konnte ich nicht erkennen.
    Herr Huber schoss ins Wohnzimmer und bellte laut. Die LED -Anzeige des Anrufbeantworters blinkte. Drei
Anrufe. Waren die frisch oder hatte ich sie vorhin übersehen? Ich schwankte
zwischen sofort abhören oder sofort essen gehen. Der Appetit behielt die
Oberhand.
    Die jungen Leute waren verschwunden. Ich war nicht sehr traurig
darüber. Trotzdem ging mir ihr Auftritt nicht aus dem Kopf. Was braute sich da
zusammen?
    Im Lokal band ich den Hund unter einen Tisch am Fenster und ging
hinein.
    Roberta war so breit wie hoch und die beste Köchin der Welt. »Buona sera, Signore« , begrüßte sie mich und drückte mich
an sich. Ihre Art war herzlich, ihr Akzent schauerlich. »Heut ohne Frau
Gemahlin? Ich habe Seeteufel«, sagte sie. »Wollen Sie mitkommen?«
    Sie nahm mich mit in die Küche, was eine absolute Ausnahme und
Auszeichnung darstellte. Sie untersuchte einen Berg Fische. Dem schönsten
schnitt sie den Kopf ab.
    »Ihrer. Wollen Sie?«
    Ich nahm eines der herumliegenden kleinen weiß-blauen Fähnchen und
steckte die Spitze in den kopflosen Seeteufel.
    »Klaro«, sagte ich.
    Roberta lachte, packte den Fischkopf in Wachspapier und reichte ihn
mir. »Fier Herr Huber«, sagte sie.
    Dann zog sie dem Fisch die Haut ab und nahm die Gräten heraus,
salzte ihn und wälzte ihn in Mehl. Danach schnitt sie ihn in dünne Scheiben,
die sie mit Zitronensaft beträufelte. Sie schälte eine Zwiebel und hackte sie
in Würfel, entfernte die Haut einer vorgekochten Tomate und zerstückelte sie,
während das Olivenöl in der Sudpfanne

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