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Rosen für eine Leiche (German Edition)

Rosen für eine Leiche (German Edition)

Titel: Rosen für eine Leiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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nicht.
    Ich hatte mitbekommen, wie eine Polizeistreife im Schritttempo an
mir vorbeigefahren war. Sie hielten an. Zwei Uniformierte kamen auf mich zu.
    »Einen Moment, Chili«, bellte ich ins Telefon.
    »Ihren Führerschein bitte«, sagte die Polizistin. Sie trug einen
Pferdeschwanz unter der Schirmmütze.
    »Und die Fahrzeugpapiere«, sagte ihr Kollege.
    »Ich hab nicht während des Fahrens telefoniert«, sagte ich sehr
bestimmt und kramte in den Papieren, das Handy zwischen Ohr und Schulter
geklemmt.
    Chili war noch dran. Ich hörte sie kichern.
    »Nein. Sie sind auch nicht zu schnell gefahren«, sagte der Polizist.
    »Aber Ihr TÜV ist abgelaufen«, sagte die mit dem
Pferdeschwanz. Sie deutete auf das Nummernschild.
    Chilis Lachen kam schallend aus dem Hörer.
    »Es gibt eine Art von Lachen, die klingt wie Falschgeld«, sprach ich
mit Grabesstimme ins Telefon. »Ich werd dir einfach nix mehr erzählen.«
    »Über die Polizistin?«, hörte ich Chili fragen.
    »Nein, über die Esterding – ach, hör doch auf«, sagte ich und
kramte hektisch nach den Papieren. Selbst mich alten Hasen machte eine
Polizeikontrolle nervös.
    Ans oberste Deck eines Münchener Parkhauses zu kommen ist
wie die Fahrt über einen Hochgebirgspass. Kehren und Schleifen ohne Ende. Ich
parkte neben dem Hotel »Rembrandt«. Herr Huber rollte sich auf dem
Beifahrersitz zusammen und klappte die Augen zu. Er ahnte, dass eine längere
Pause auf ihn zukam.
    Langsam schlenderte ich zum Hotel und inspizierte von unten die vielen
Fenster. Hinter einem wohnte Lola. Sie wollte nach Sardinien. War sie schon
abgereist? Ich stellte mich schräg gegenüber unter eine hohe Buche, an die ein
Fahrrad angekettet war, und wartete. Nicht dass ich geglaubt hätte, Lola käme
nun einfach herausmarschiert und ich könnte sie einfach so ansprechen.
    Doch sie kam tatsächlich herausmarschiert.
    Meine Lola. Sie folgte dem Gehsteig Richtung Maximilianstraße. Sie
trug einen breitkrempigen weißen Hut mit schwarzer Schleife, ein lachsfarbenes
Kostüm mit kurzem Rock und hochhackige passende Schuhe. Sie sah hinreißend aus
und lachte. Was mich allerdings gewaltig störte, war, dass Lola am Arm eines
Mannes hing, den man in alten Gangsterfilmen als Dandy mit Hut bezeichnet
hätte. Sie hatte ihm den Kopf zugewandt und schenkte ihm ein leicht
provozierendes Lächeln, das er mit grässlich selbstsicherer Miene erwiderte.
    Lola!, wollte ich ihr zurufen und über die Straße rennen. Komm zu
mir zurück. Verdammt, warum hast du mich angerufen?
    Ich überquerte die Straße. Alles ging jetzt sehr schnell. Ich hatte
ein Auto übersehen, Bremsen quietschten. Knapp konnte ich mich auf den Gehsteig
der anderen Straßenseite retten.
    Lola stoppte abrupt und drehte sich um. Ein Windstoß fegte ihr den
Hut vom Kopf.
    Der schlingerte auf mich zu. Ich ging in die Knie und griff nach
ihm. Mit dem Hut in den ausgestreckten Armen kam ich langsam wieder hoch.
    Die Szene war filmreif.
    Lola stand da und schüttelte den Kopf, ihr Begleiter klebte mit den
Augen an mir.
    Gebückt ging ich auf sie zu und trug den breitkrempigen weißen Hut
vor mir her wie auf einem Tablett. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube,
ich wischte auch noch mit dem Unterarm über die Krempe, um ihn abzustauben.
    Lolas Augen hatten sich zu Schlitzen verengt.
    »Hallo, Lola«, sagte ich. »Hier, dein Hut.«
    War es Unsicherheit oder pures Entsetzen, das ich in ihren Augen
las, jedenfalls schüttelte sie den Kopf.
    »Nein«, sagte sie, »nein, Joe, das bist doch nicht du.«
    Wie in Zeitlupe streckte sie die Arme nach mir aus und machte einen
Schritt nach vorn. Dann ging ein Ruck durch ihren Körper. Sie machte einen Satz
auf mich zu, riss mir den Hut aus der Hand, warf die Arme mitsamt dem Hut um
mich, schloss die Augen und presste sich an mich. Ihre Wangen klebten an meinem
Hals.
    Scheinheilig lüpfte der Dandy den Hut.
    Mit einem entzückenden kleinen Aufschrei, den ich bisher nur aus
sehr persönlichen Situationen kannte, stieß sie mich wieder zurück.
    »Bis zum 20. Juli«,
sagte sie.
    Sie setzte den Hut auf, hakte sich bei dem anderen unter und blickte
noch einmal zurück. »20. Juli.
Nächstes Jahr«, sagte sie und schenkte mir ihr schönstes Lächeln. »Ich hab dir
doch ausrichten lassen, dass ich beruflich nach Sardinien muss.« Sie himmelte
das Ekel neben sich an. »Mein Begleiter hier kommt mit. Heute Abend.«
    Der zauberte sein schmierigstes Grinsen aufs Gesicht.
    Ich stand da, mit hängenden Armen auf einer

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