Rosen für eine Leiche (German Edition)
Das war doch
schrecklich. Gut, dass sie den Mörder schon gefasst haben. Können Sie es ihm
beweisen?«
Das hätte ich auch gern gewusst.
»Bestimmt, Frau Bauer. Das glaub ich schon. Ich bin mit dem Fall
nicht befasst, aber damit vertraut. Ich bin sicher, dass es recht bald zu einem
Ergebnis kommen wird.«
Wow! Ich staunte über mich. Ich hätte mich als ihr Pressesprecher
bewerben sollen. Zu gern hätte ich ihr offenbart, dass ich auf dem Weg zum
Kripochef war, um einen Vernehmungstermin mit Priegel zu vereinbaren. Während
ich noch darüber nachdachte, warum Oberbürgermeister keine Bodyguards haben,
hatte sich eine kleine Menschentraube gebildet. Alle wollten der beliebten OB die Hand schütteln. Sie strahlte und ließ sich in
Gespräche verwickeln.
Ich überquerte den Max-Josefs-Platz und achtete darauf, dass ich
nicht im holprigen Kopfsteinpflaster unterging. Links der »Gasthof
Stockhammer«, den ich wegen seines Kesselfleischs so schätzte. Dahinter die
blumengeschmückten Traditionsgebäude des Bergmeister und Adlmeier mit ihren
Arkaden.
Die Uhr über dem Mittertor zeigte kurz vor halb drei. Um diese Zeit
war der Platz nicht sehr belebt.
In einer Ecke des Ludwigsplatzes, gleich hinterm Mittertor, hatte
sich eine vielköpfige Trachtenkapelle aufgestellt. Eine ausladende Frau im tief
ausgeschnittenen Dirndlkleid spielte die Tuba. Kaum jemand blieb stehen. Die
meisten hasteten vorbei.
Die belebte Kaiserstraße zu queren ist ein Wagnis. Um unverletzt auf
der anderen Straßenseite anzukommen, braucht man einen Schutzengel. Ich hatte
einen. Bald war das hässlich grüne Gebäude der wirklichen Polizeidirektion in
Blickweite.
»Gut, dass Sie da sind«, sagte Scholl. Er blieb hinter seinem
Schreibtisch sitzen.
Offensichtlich mein Glückstag. Jeder schien sich über meine
Anwesenheit zu freuen.
»Vier Tage noch«, sagte der Kripochef. Er atmete schwer. »Dann ist
er frei. Die Haftprüfung seines Anwalts hat Erfolg gehabt. Unsere Justiz ist
doch ein Segen, nicht?«
»Wer ist frei? Priegel?«, fragte ich.
»Nein. Al Capone. Mei, Herr Ottakring, stellen Sie Fragen. Ich hab
einen Termin in Stadelheim für Sie gemacht.« Seine Worte kamen als heiseres
Krächzen rüber. »Übermorgen um halb vier.«
»Mit Priegel selbst, nehm ich an«, sagte ich.
Scholl kroch aus seinem zerschlissenen Chefsessel. Mitleidig
betrachtete er mich. »Nein. Mit dem Papst. Der kommt extra von Marktl rüber.«
Er hatte ja recht. Ich war so was von vernagelt. Die ganze Zeit
hatte ich den Rücken gegen die Wand gepresst. Meine Kiefer arbeiteten.
»Ach, Ihr Kreuz wieder, gell? Werden S’ denn durchhalten?«
Ich versuchte, Feuer in meinen Blick zu hexen.
»Also gut«, besänftigte Scholl. »Wir brauchen jedenfalls sein
Geständnis, sonst kommt der wieder raus. Wie ich Sie einschätze, wollen auch
Sie das unter allen Umständen verhindern.« Er verstummte kurz.
Dann sagte er: »Vier Tage haben wir Zeit. Vier Tage. Maximal.
Übermorgen um halb vier«, beendete Scholl das Gespräch. »In Stadelheim, Herr
Ottakring. Und nicht im Vatikan.«
Ich hatte schon die Klinke in der Hand, da hörte ich ein auffälliges
Räuspern hinter mir. Ich blieb stehen, drehte mich aber nicht um.
»Entschuldigung, Herr Ottakring«, ertönte es leise hinter meinem
Rücken. »Ich wollte Sie nicht verletzen. Und – bitte. Ich wünsche Ihnen
Erfolg.«
Mit einer stählernen Klaue im Rücken schlich ich über den
Max-Josefs-Platz, ließ hinterm Mittertor die Marktstände links liegen und
trabte zum Auto. Während ich die Parkzeit verlängerte, drückte ich wiederholt
Paulis Nummer. Endlich kam das Freizeichen.
Er hätte mir nicht zu erklären brauchen, dass er die ganze Nacht
gesumpft hatte, ich hörte es an seiner Stimme. Sie klang wie Metall gegen
Metall.
»Hör zu, Pauli bist du halbwegs fit?«
»Halbwegs? Wieso halbwegs? Ich bin fit wie ein Zehnmeterläufer.«
»Dann hol dir was zu schreiben.«
Ein Passant rempelte mich an. Ich wollte zurückrempeln, doch er
entkam mir.
»Pauli. Kümmer dich bitte um einen Harry Steiner. Vierundzwanzig
Jahre alt, er wohnt in Neubeuern, Gasteig 11, fährt einen älteren Opel Astra Kombi, Farbe
grün, Kennzeichen RO-AN 204. Er arbeitet in München, im Staatsdienst,
wie es heißt.«
»Gasteig 11,
das ist doch gleich bei dir.«
»Richtig, Steiner ist mein Nachbar, er wohnt bei seiner Mutter. Vor
allen Dingen will ich wissen, wo er beschäftigt ist und was er so treibt in
München. Freunde, Lokale, Vorlieben. Von
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