Rosen für eine Leiche (German Edition)
Cotton oder Wolle oder so,
jedenfalls kein smart material . Alles grün bis oben
hin, echt geil. Und auf dem Kopf ein abgefahrenes Piece, das glaubst du nicht.
Auch grün natürlich und ziemlich oversized.«
Aha, ein Förster also oder ein Jäger. Ich konnte nicht anders, als
mich mit einer Frage einzumischen, die gewiss nichts zur Sache beitrug.
»Hast du dir schon mal überlegt, deine Sprache zu ändern?«, fragte
ich. »Und dein Aussehen? Du bist doch irgendwie einigermaßen intelligent.«
Der Tätowierer strich sich mit der Hand durchs Haar und nickte.
»Aussehen?«, sagte er und zupfte an seinem Nasenring herum. »Das ist
Berufskleidung. Aber die Sprache, da liegst du falsch, Mann.«
Er plusterte sich auf, kniff sich mit zwei Fingern die Nase zu und
quäkte: »Ich hab Abitur. Außerdem stamm ich aus dem Haus von einem deutschen
Popsänger und Musikproduzenten. Deswegen hab ich gleich von Anfang an in meinem
Leben so geredet.«
Langsam konnte ich ihn mir in Spitzenhöschen von der Farbe
zerstampfter Himbeeren vorstellen.
»Also«, meldete Pauli sich wieder, »der Problemiker und die Bitch,
haben die zusammengehört?«
Langhaar zog sein T-Shirt nach oben und kratzte sich am Bauch. »Der
kam daher wie ein Assel. Der Stecher von dem Girl war der bestimmt nicht.
Typischer Mülltrenner.«
Pauli beugte sich vor. »Zebrastreifenbenutzer«, sagte er.
»Verfallsdatumleser«, kam es von gegenüber.
»Festnetztelefonierer.«
»Gurtanleger.«
Ich konnte mir den Mann in Grün schon vorstellen.
Aus reiner Zeitersparnis brach Pauli das Gespräch ab und nahm die
abgebrochene Eisenklinke in die Hand.
Ich drückte die Tür auf. Draußen drehte ich mich noch einmal um und
rief zaghaft zurück: »Klobrillenhochklapper.«
Der Langhaarige schüttelte den Kopf, verdrehte die Augen und
quetschte einen Kaugummi durch die Zahnlücke. »Sitzpisser«, sagte er.
Auf unserem Weg zur Harley schüttelte es Pauli immer noch vor
Lachen. »Magst du auch meinen Harry-Steiner-Report hören?«, warf er dazwischen.
Ich hatte das Thema vorher nicht berührt, um Pauli nicht zu nerven.
»Einwohnermeldeamt. Handelskammer. Behörden überhaupt. Nicht das,
womit ich mich bevorzugt beschäftige. Okay?«
Ich streckte einen Daumen aus zum Zeichen meiner Dankbarkeit.
»Ich hab dem Steiner seinen grünen Astra Kombi in Ramersdorf
abgepasst, kurz nachdem er die A8
verlassen hatte. Dann hab ich ihn verfolgt.«
»Mach schon!«
»Er arbeitet bei Safemax, das ist ein mittelgroßes Bewachungsunternehmen.
Er ist dort fest angestellt, macht Kurierfahrten und wird zur Bewachung von
Sexclubs im gesamten Stadtbereich eingesetzt. In mehr als der Hälfte seiner
Arbeitszeit macht er das. Übrigens eine Zivilfirma, kein Staatsdienst, wie du
gemeint hast.«
Mein Leben schien nur mehr aus Überraschungen zu bestehen. Harry
bewachte Sexclubs. Aha.
»Sein Auto, den RO-AN 204, parkt er in
der Tiefgarage von Safemax in der Hochbrückenstraße. Tagsüber fährt er mit
einem neutralen Firmenauto. Mit wem er in München Kontakt hat, in welchen
Lokalen er verkehrt, hab ich noch nicht recherchiert. Aber des hammer glei.«
Dann legte er noch eins nach.
»Hast du dir eigentlich überlegt, ob dir der Problemiker mit der
relaxten Clubwear bekannt vorkommt? Der mit dem abgefahrenen Piece auf dem
Kopf? Alles in Grün?«
Ich war mir ziemlich sicher, dass Paulis Frage ins Nichts zielte. Er
konnte schließlich nicht wissen, dass die Beschreibung haargenau auf Liebermann
passte. Aber wo zum Teufel hätte wiederum die Verbindung zwischen Liebermann und
Helen Esterding sein sollen? Und wenn es eine gab, die Liebermann verschwiegen
hatte, was hätte ihn veranlassen sollen, mit ihr diesen Tattoomenschen
aufzusuchen?
Ich war kaum auf der Autobahn, da rief Chili an. »Wir
haben endlich ein Projektil gefunden, das eindeutig von der SIG Sauer stammt, die der tote Bellini in der Hand
gehalten hat. Magst du kurz herkommen? Zu mir nach Hause?«
Na endlich. Ich hatte mich schon lange gefragt, ob da jemand
geschlafen hatte. Aber was tat Chili um diese Zeit zu Hause?
»Zu Haus? Mitten in der Woche? Wo bleibt die Disziplin?«
»Frag nicht. Komm.«
Ich machte den Umweg über meine Wohnung. Herr Huber hatte gelbe
Augen. Er platzte fast vor Harndrang.
Draußen rannte ich beinahe Frau Steiner um. Sofort lag mir eine
Frage auf der Zunge. Ich spuckte sie aus.
»Ihr Sohn arbeitet also im Staatsdienst?«, sagte ich.
»Ach, hören Sie auf. Ich hab schon so den ganzen Ärger mit
Weitere Kostenlose Bücher