Rosen für eine Leiche (German Edition)
feuchte Höhle ihres
Mundes, ich umklammerte ihr Genick und zog sie an mich, während ich über ihren
Körper hinwegglitt. Der Frotteemantel klaffte auseinander. Ich flog mit den
Augen über ihre helle makellose Haut, ihre Brüste, ihren Unterbauch.
Losreißen. Ich liebte sie und ich liebte Lola, und ein Rest von
Anstand hinderte mich zum Glück, mich ganz zu verlieren. Stöhnend zog ich mich
empor, blickte auf sie hinab. Mit zittrigen Fingern zerrte ich ihr den Mantel
um die Hüften. Ich schnaufte wie ein Ochse.
»Was ist los, Joe, was hast du?«
Chilis Stimme war die reine Verführung, sanft und listenreich.
»Du machst mich an, das ist los. Ich habe eine Verantwortung. Ich
habe deinem Vater …«
»Schon gut. Und was ist der wirkliche Grund?«
Ihr Lächeln war verschwunden. Sie mied meinen Blick.
Ich setzte mich neben sie und ergriff ihre Hand. »Du hast so ein
grausames Gesicht und so herzlose Augen«, flüsterte ich.
»Sehr witzig.« Ein wenig Farbe kam in ihre Wangen zurück. Ich konnte
sehen, wie sie tief durchatmete.
»Weißt du überhaupt, was du willst, Chili?«, sagte ich laut, fast
zornig.
»Oh ja.«
»Was?«
Sie strich mir übers Haar. »Dich.«
Ich fühlte mich wie hingerichtet. Eine junge, gut aussehende,
verwegene Frau wollte mich verführen. Liebte mich vielleicht sogar. Und ich
wimmerte ihr etwas vor. Putzte mein Gefieder wie ein alter Adler.
»Du, ich hab nachgedacht«, begann ich.
Sie lachte trällernd. »Ja, ja, der Lieblingssatz von Menschen, die
Liebeskummer haben«, sagte sie in dem nachsichtigen Ton, mit dem Kinder auf
beschränkte Erwachsene einreden.
»Was? Wie kommst du darauf?«, sagte ich.
»Das sehe ich doch. Ich merke es an deinen Augen, deinen Bewegungen,
deiner Zerstreutheit, deiner Achtlosigkeit. An der nachlässigen Art, wie du
unseren Fällen nachgehst.«
Zuerst antwortete ich nicht.
Dann brachte ich vor: »Das war die Hitze. Diese höllische Hitze hat
mir zu schaffen gemacht.« Und fügte hinzu: »Du scheinst darüber ja heftig nachgedacht
zu haben.«
»Ja, hab ich. Ich bin über alles im Bild.«
Wieder schwieg ich.
Sie tippte an meine Nasenspitze. »Hey, alles in Ordnung, Joe?«
»Ja, ja, alles in Ordnung, klar, es ist nichts.«
Ich hatte mich in den Sessel gegenüber fallen lassen.
Chili stand auf und stellte sich hinter mich. Sie legte beide Hände
auf meinen Kopf, als wolle sie mich segnen, dann fragte sie: »Sie fehlt dir?«
Ich presste den Kopf gegen ihre Hände und schloss die Augen.
»Ja«, knurrte ich leise. »Sie fehlt mir sehr.«
Chili war ans Fenster getreten und ließ die Nachtluft herein.
»Priegel geht’s gut«, sagte sie. »Es war nichts als eine Ohnmacht.
Vielleicht der ungewohnte Alkohol, vielleicht das Bier zu hastig geschluckt, zu
wenig Sauerstoff, er hat eh zu niedrigen Blutdruck, wer weiß. Doch Scholl
besteht umso mehr darauf, dass du ihn weiter verhörst. Er will ein Geständnis.
Vermutlich glaubt er, du hast magische Fähigkeiten.«
»Absolut«, sagte ich, »hab ich.«
Chili und ich ließen uns nichts anmerken. Wir blickten drein, als
sei nichts geschehen. Wir kamen noch auf Harry Steiner und Georg Liebermann und
die Ranger-Ausbildung der beiden Männer zu sprechen. Ich verriet auch die
Quelle meiner Information: meinen Skatfreund Karl, den Kommandeur.
»Ranger.« Chili ballte beide Fäuste. »Einzelkämpfer. Das war mein
Onkel in seiner Zeit bei den Fallschirmjägern auch gewesen.«
»Onkel?«, fragte ich. »Hat dein Vater denn einen Bruder?«
»Hat er nichts davon erzählt? Er verehrt seinen Bruder. Der ist
heute ein erfolgreicher Mensch beim Film.« Chili schob das Kinn über den Hals,
um die tiefe Stimme ihres Vaters zu imitieren. »›Bei den Rangers machen sie
harte Kerle aus einem‹, hat Dad immer gesagt.«
»Was haben sie denn so gelernt bei den Rangers?«, fragte ich. »Weißt
du das?«
»Ach, so nette Spielchen wie Abseilen an der Steilwand, Stürmen
eines besetzten Gebäudes, Verhörmethoden, humanes Foltern. Ich hab immer den
Eindruck gehabt, James Bond wäre die schlechte Kopie dieser echten Kerle.«
Ich sah Bilder des freundlichen Harry, des hemdsärmeligen jungen Liebermann
vor mir. Karikaturen ihrer selbst?
»Humanes Foltern?«, fragte ich. »Wie soll das denn gehen?«
Chili saß wieder auf der Couch. Sie zog die Knie an, achtete aber
diesmal darauf, dass sie bedeckt blieben.
»Mein Onkel hat oft davon erzählt, als ich noch ein Kind war. Sie
reißen dir eben keine Nägel aus, setzen dich nicht
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