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Rosen für eine Leiche (German Edition)

Rosen für eine Leiche (German Edition)

Titel: Rosen für eine Leiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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die Wohnung kopfschmerzfrei wieder verlassen,
überfiel mich daher nicht zum ersten Mal das jämmerliche Gefühl, mich im Kreis
zu bewegen. Mich hätte es ja nichts angehen müssen. Ich hätte Chili, Scholl und
die anderen machen lassen können. Doch als hätte er mir selbst etwas angetan,
war Priegel zu so etwas wie meinem ganz persönlichen Mörder geworden. Ich war
beinahe missionarisch davon überzeugt, dass dieser Mann ein Ungeheuer war und
ein für alle Mal hinter Schloss und Riegel gehörte.
    Im oberen Management mag man es vielleicht als Erfahrung einstufen,
wenn ein Fehler so lange eingeübt wird, bis man nicht mehr dabei erwischt wird.
An mir aber nagte das Gefühl, dass ich etwas ausgelassen, etwas übersehen
hatte. Dass ich grundlegende Muster der beiden Verbrechen missverstand oder
falsch interpretierte. Die Opfer Esterding und Christnacht hatten sich gekannt.
Was bedeuteten die Zahlen hinter dem  H ,
was das M in Christnachts Unterlagen?
    Und – ich konnte den entnommenen Ordner schlecht Scholl
übergeben. »Bitte schön, Scholl, dieses Stück stammt aus Christnachts Wohnung.
Mir ist es zufällig in die Hände gefallen. Ich komm damit nicht weiter.«
    Nein, so ging das nicht.
    Mir fiel ein Satz ein, den Lola einmal in ihrer Sendung gebracht
hatte: Man soll Fehler nicht schon bereuen, bevor man sie begangen hat. Daran
richtete ich mich wieder auf. Es war noch früh am Morgen, mein Hund bellte
vergnügt, und ich hatte den ganzen langen Tag noch vor mir.
    Pauli meldete sich am Telefon. Ob ich den »Scheidegger« in
der Isabellastraße kenne?
    Die Isabellastraße liegt draußen in Schwabing. Natürlich hatte ich
vom »Scheidegger« gehört. Der Gasthof war berühmt für seine großen Portionen
und seine hübschen Bedienungen. Ich war leider noch nie drin gewesen.
    Wir verabredeten uns. Pauli wollte mich draußen in Ramersdorf
abholen, weil er wusste, wie sehr ich den Verkehr in der City hasste. Also
parkte ich den Porsche gleich hinter der Autobahn. Pauli hatte einen zweiten
Sturzhelm mit und setzte mich hinten auf die Harley. Wir tuckerten die
Rosenheimer Straße entlang, vorbei an der Philharmonie, am Deutschen Museum,
überquerten die Maximilianstraße und stellten die Maschine zwanzig Minuten
später neben dem Fahrradständer vor der Wirtschaft ab.
    »Erst das Vergnügen, dann die Arbeit«, sagte Pauli und bestellte
einen riesigen Salat mit Lachsstreifen.
    Ich begnügte mich mit einer Leberknödelsuppe und einem Weißbier.
    »Und, was gibt’s?«, sagte ich. »Du hast mich doch nicht umsonst
hierher gelockt. Hat es was mit Harrys Arbeitsplatz zu tun?«
    Pauli kraulte zärtlich seine Glatze. Er lehnte sich zurück und
schaute verträumt in die Baumkronen über sich.
    »Du kommst jetzt mit. Ich will dir mal vorführen, was für Typen hier
so existieren. Nach so was könnt ihr draußen in eurer Provinz lange suchen.«
    Wir teilten die Rechnung durch zwei – mezzo, mezzo –,
gingen zu Fuß in südliche Richtung und bogen zwei Straßen weiter nach links ab.
Nach zehn Metern öffnete sich der Gehsteig zu einem schrägen Schacht. Wir
stiegen sechs Treppen nach unten und wandten uns nach links einer heftig
korrodierten grünen Eisentür mit handgeschriebenem Firmenschild zu.
    Pauli deutete auf das Schild. »Dieser Typ hat Helen Esterding die
blaue Rose auf den süßen kleinen Hintern tätowiert. Mal sehen, ob er da ist.«
    Er hämmerte an die Tür. Rost bröselte über seinen Handrücken.
    Der Typ öffnete. Welliges, schulterlanges Haar. Ohr, Nase und Zunge
gepierct.
    »Aha, meine typische Kundschaft. Kommt rein, ihr Arschlöcher.«
    Pauli deutete einen Karateschlag an.
    Der Typ erwiderte mit einer Karate-Abwehrverschlingung und grinste.
    Pauli beschrieb Helen Esterding.
    Ich stand schweigend an der Wand und fühlte mich wie in einem Jugendfilm.
    »Ja«, sagte der Langhaarige, »ich kann mich genau an sie erinnern.
Sie hatte einen herrlich festen Arsch. Wenn du da den Inker ansetzt, das is wie
auf Beton. So einen Arsch trifft man nicht alle Tage.«
    Seinen Handbewegungen nach musste es sich um ein kleines, rundes
Hinterteil gehandelt haben.
    »Wenn der Problemiker nicht in meiner Aufrisszone rumgehangen hätte,
hätt ich die Hippe echt zu meiner Perle gemacht.«
    »Und«, fragte Pauli, »wie sah der aus, der Alte?«
    Langhaar zeigte Zahnlücken. Er lachte.
    »Echt cool, der Mann. Doppelt so alt wie du vielleicht. Kaum älter
als der da.« Er nickte zu mir her.
    »Echt relaxte Clubwear, ganz in Grün.

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