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Rosen lieben Sonne

Rosen lieben Sonne

Titel: Rosen lieben Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David M Pierce
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verbrachte ich eine gute halbe Stunde im Stau auf der Sepulveda. Wütend ballte ich die Fäuste und hupte wie all die andren auch. Schweißgebadet und schlecht gelaunt parkte ich schließlich vor der Vitabrite Verpackungsgesellschaft. Stimmungen sind eigenartige, kurzlebige Wesen.

9

    Bei Bill Jessop regte ich mich wieder ab.
    Er war ein ruhiger, freundlicher Mittfünfziger, mit einem sorgfältig getrimmten grau-braunen Bart und Überresten eines Bostoner Akzents. Ich war etlichen Schildern gefolgt und hatte ihn schließlich in seinem Büro im ersten Stock dabei erwischt, wie er kritisch ein leuchtend orangegrünes Flaschenetikett begutachtete und es hin und her drehte und wendete. Als er entdeckte, daß ich durch seine Tür lugte, ein Clipboard (das ich mir im letzten Moment noch geschnappt hatte) in der Hand, legte er das Etikett weg und winkte mich herein.
    »Vic Daniel«, sagte ich, »stets zu Diensten.«
    »Bill Jessop«, sagte er und stand auf, um mir die Hand zu geben. »Ich freue mich über jede Unterbrechung meiner Arbeit. Setzen Sie sich.«
    Ich setzte mich. Er setzte sich. »Nett hier«, sagte ich. Das Büro war in Beige und Dunkelbraun gehalten. Wände und Tapeten beige, Regale und Möbel braun. Auf ein paar Regalen standen Warenproben, und an einer Wand hingen einige gerahmte Anzeigen für eben diese Waren. Gegenüber von Mr. Jessops Schreibtisch stand ein weiterer, leerer Schreibtisch dicht am Fenster.
    »Uns gefällt es«, bestätigte er.
    »Wofür ist das?« fragte ich und zeigte auf das Etikett.
    »Mein neuestes Problem«, sagte er. »Was halten Sie von Artischocken-Extrakt?«
    »Warum nicht?« sagte ich.
    »Was halten Sie von Artischocken-Extrakt für Japaner?«
    »An die Vorstellung müßte ich mich erst gewöhnen.«
    »Das Problem ist aber gar nicht das Zeug selbst«, sagte er. »Oder das Abfüllen. Oder der Transport.«
    »Die Mischung?« fragte ich.
    Er lachte und kratzte sich energisch an seinem Bart. »Nein, das Problem ist: Drucken wir die Etiketten hier oder lieber drüben im Land der aufgehenden Sonne? Wahnsinn, womit erwachsene Menschen ihre Zeit verschwenden...« Er drückte einen Knopf und verkündete über die Gegensprechanlage einer unsichtbaren Person: »Milly, wenn du mit deinen Fingernägeln fertig bist, bring mir doch bitte die Versicherungsunterlagen.«
    »Nur noch ne Minute, Boss«, trompetete die unsichtbare Milly zurück, »zwei Finger sind noch nicht trocken.«
    Mr. Jessop lachte wieder und sagte zu mir: »Na gut, dann führe ich Sie eben erst mal herum.«
    Wir waren noch nicht einmal bis zur Tür gekommen, als Milly aus dem Büro nebenan kam und uns einen dicken Ordner entgegenhielt. Sie war eine mittelalterliche Dame und trug eine bunte Brille und so einen Hosenanzug, wie meine Mutter sie liebt.
    »O Gott, nicht schon wieder eine Führung«, stöhnte sie, als sie uns aufbrechen sah. Mr. Jessop sah sie streng an und sagte, sie solle den Ordner auf seinen Schreibtisch legen, und zwar ohne noch mehr dumme Sprüche abzusondern. Und ob sie schon mal darüber nachgedacht habe, was für einen Eindruck sie wohl auf diesen Gast mache?
    »Es gibt einfach kein gutes Personal mehr«, sagte er laut genug, daß Milly es hören konnte, während wir durch den Gang gingen. Ich nickte verständnisvoll.
    Er geleitete mich eine Treppe hinunter und beglückte mich tatsächlich mit einer kompletten Führung. Wir fingen mit dem Packraum an, in dem drei junge Leute eifrig packten, adressierten und stapelten. Dann stellte er mich einem Mr. Lerner vor, der gerade einen Stapel Blankoetiketten in eine neu aussehende Offsetmaschine stopfte. Wir gingen an einer weißbekittelten Frau vorbei, die eine Maschine überwachte, in der bereits etikettierte Flaschen in luftdichtes Cellophan eingeschweißt wurden. Wir gingen an der Frau vorbei, die die Etikettiermaschine überwachte. Schließlich erreichten wir ein Hinterzimmer, in dem vier Mädchen in blütenweißen Kitteln verschiedenste Flüssigkeiten abfüllten.
    Zu einem langhaarigen Packer in Jeans hatte Mr. Jessop gesagt: »Das ist Vic, er ist Detektiv, also klau jetzt mal einen Moment lang nichts.« Zur hübschen Frau, die die Einschweißmaschine bediente, hatte er gesagt: »Das ist Vic, er ist Detektiv, und er erwartet dich in zehn Minuten im Aufenthaltsraum zum Abtasten.«
    »Jederzeit«, hatte sie gesagt und mir zugezwinkert.
    Den vier Mädchen an den Abfüllmaschinen erzählte er jetzt: »Das ist Vic, er ist Detektiv. Irgend jemand hat

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