Rosen lieben Sonne
Sandra Dees Teint, was im Showbiz nicht ganz einfach ist, und außerdem gehörte ihm mehr Grund und Boden als Roy Rogers, dem singenden Cowboy. Sogar ein Großteil des Valleys, meines ungeliebten, vor langer Zeit noch grasgrünen Valleys. Und wie Mr. Rogers gehörte auch dem Chief ein TV-Sender (bzw. der größte Teil davon), und zwar genau der Sender, für den Maryanne Forbes arbeitete. Eine Goldmine, die einen tödlichen Mischmasch sendete aus Wieder-Wiederholungen mit Lucille Ball, »Lassie«-Folgen und Bettelorgien von TV-Predigern, die mucho dinero forderten. Der Quell alles Bösen. Ich glaube, ich habe auch mal die Frau des Chief im Fernsehen gesehen, wo sie für eine dieser weißen Mittelstandsreligionen warb, die Gebeutelten des Fünften Tages oder die Vereinigte Kirche von diesem und jenem.
Natürlich gab es eine ganze Reihe Indizien, die mich zu dem Schluß geführt hatten, daß der Chief und Miss Forbes die Größere ein Paar waren. Eines davon war Connie Forbes’ Bezeichnung »Chef der Gauner«. Das zweite war Rose Lewellens abrupter Themen wechsel auf die Frage hin, ob der Chief eine Freundin habe. Und das dritte war das Autogramm des Chief auf einer ganz bestimmten Speisekarte, die über einem ganz bestimmten Kamin hing, wo ich es entdeckt hatte, als ich zu genau diesem Kamin hinüberspaziert war, um mir das Foto der drei Forbes-Schwestern anzusehen. Voilà. Es ergab einen Sinn, und es würde dazu führen, daß Maryannes (perfekte) Lippen geschlossen blieben. Leider galten dieselben Gründe auch für den Chief selbst, aber man weiß ja nie: Vielleicht konnte er mir ein paar Hinweise geben, ohne wirklich etwas zu sagen. Vielleicht hatte er ja auch einfach ein Herz für Hunde, wie alle vernünftigen, mitfühlenden und halbwegs intelligenten Menschen.
Ob er zu dieser Gruppe gehörte oder nicht, würde ich erst herausfinden, wenn wir uns trafen, also entschied ich mich, andere Arbeiten vorzuziehen. Leider hatte ich keine andere Arbeit an diesem Freitag, zumindest nicht bis zum frühen Abend. Immerhin entdeckte ich einige interessante Angebote in der Post, für die ich freundlicherweise auf Mr. William J. Summers’ Namen und Adresse genauere Informationen erbat. Auch den Vorschlag, Besuch von einem Vertreter zu bekommen, der Mr. Summers die Vorzüge der neuen zwanzigbändigen Ausgabe der Enzyklopädie des Wissens (»Sollte in keinem Haushalt mit wißbegierigen Kindern fehlen«) schilderte, wagte ich nicht abzulehnen. Ebensowenig den Antrag auf eine zweite Hypothek auf sein Haus. Anschließend saß ich einfach so herum und wartete darauf, daß das Telefon klingelte oder ein Verwundeter durch meine Bürotür taumelte und auf meinem beinahe neuwertigen Teppich röchelnd verstarb, nachdem er einige bluttriefende Informationsfetzen über einen dicken Mann und ein Diamantenvermögen ausgehustet hatte.
Nichts davon fand statt. Ich rief Evonne an, einfach um irgendwas zu tun zu haben, aber sie war unterwegs. Ich versuchte es bei Mrs. Summers, aber sie war unterwegs. Ich rief Jim im Two-Two-Two an, aber er war irgendwohin gegangen, sagte Lotus, und sie wisse nicht, wann er wiederkomme. Ich rief meine Mutter an, aber Gaye sagte, sie schlafe gerade.
Zum Teufel, wenn gar nichts anderes mehr übrigblieb, konnte ich immer noch was essen gehen. Also spazierte ich zu Nus Vietnamesischem Take-Out-Restaurant nebenan. Sie waren nicht darauf eingestellt, daß Leute bei ihnen aßen, aber für die Familie stand ein Tisch in der Küche, und da ich beinahe zur Familie gehörte, ließ Mrs. Nu mich Platz nehmen und fütterte mich mit ihrem allerbesten Essen (was nicht besonders gut war, wie eigentlich alle vietnamesischen Gerichte). Für mich war es gut genug, ich gehöre zu den Leuten, die ohnehin alles in einem Meer aus Ketchup und Sojasauce ersäufen, sogar Tee.
Anschließend brach ich zu einem längeren Spaziergang durch die Nachbarschaft auf, das mache ich meistens, wenn ich nichts zu tun habe, was oft genug der Fall ist. Durch diese Gegend zu spazieren, war vielleicht nicht ganz so beeindruckend wie ein Gang entlang der Seine oder zur Kasbah von Casablanca oder über den chinesischen Markt, aber man muß schließlich nehmen, was man kriegt, also blieb mir nur meine eigene Nachbarschaft. Und mein »Turf«, wie die Engländer zu sagen belieben, war auch nicht von schlechten Eltern. In Mart ’n’ Merry’s Reformhaus drehte sich in einem Schaufenster alles um die Hefe. Mr. Papanikolas vom Arrow Schnapsladen wollte mir
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