Rosen lieben Sonne
gefahren. Nach meinem peinlichen Auftritt beim letzten Aufenthalt in dieser Gegend hatte ich größten Wert darauf gelegt, vollkommen unauffällig auszusehen. Ich fragte mich, wie derjenige, der Mrs. Summers beschattete, der Nachbarschafts-Patrouille entkommen war.
Auf meiner zweiten Runde um den Block entdeckte ich ihn, und die Sache wurde klarer. Erst einmal parkte er nicht in Mrs. Summers’ Straße, die man ohnehin nur in einer Richtung durchfahren durfte. Er stand direkt an der nächsten Ecke, und wenn sie mit dem Auto wegfuhr — und wer in L. A. fährt nicht mit dem Auto? — mußte sie an ihm vorbei. Ich nahm an, daß er annahm, daß es kein sonderlich großes Risiko war, ihr Apartment nicht direkt zu beobachten, weil es erstens klein war und sie es zweitens mit ihrer minderjährigen Tochter teilte. So wie es zwischen ihr und ihrem Angetrauten stand, würde sie wohl kaum ihre Kerle mit nach Hause bringen.
Er mußte sich auch keine Sorgen darüber machen, daß sie im Wagen eines anderen entkam, denn sie würde sich nicht verstecken, warum sollte sie auch, wo doch keiner wußte, wer oder wo er war — bis jetzt. Sein Wagen stand ganz unauffällig in einer Reihe anderer Wagen, direkt vor einem Gemüseladen, mit dessen Besitzer er sicherlich eine entsprechende Vereinbarung getroffen hatte, was auch erklärte, warum die Nachbarschafts-Patrouille ihn nicht gemeldet hatte. Außerdem war er, genau wie sein Wagen (ein dunkler, etwas älterer Ford) unbeschreiblich unauffällig. Im Vorbeifahren bemerkte ich, daß er beide Seitenfenster heruntergekurbelt hatte, was eigentlich nicht sonderlich bemerkenswert war, bei über dreißig Grad am Abend.
Eine halbe Stunde später drehte ich eine weitere Runde an Mrs. Summers’ Apartment und dem Gemüseladen vorbei, das mußte reichen, schließlich bestand seine Hauptaufgabe darin, die vorbeifahrenden Autos zu beobachten, und mein Wagen war ganz sicher unauffällig, weil er 1. ein Nash Metropolitan, 2. ein Cabrio und 3. in pink und blau gestrichen war. Mein Metropolitan, oder Metro, oder Met, ganz wie’s beliebt, die Konstruktion eines George Mason, war schon lieblos mit einer Reihe merkwürdiger Sachen verglichen worden: einem Flipperautomaten, einer Badewanne, einem Autoskooter. Ich bin sicher, daß er mindestens einmal umgespritzt wurde, denn die 100 000 Stück, die zwischen 1954 und zirka 1962 gebaut und verkauft worden waren, trugen Schwarz, Rot, Gelb oder Türkis mit Weiß. Oder so.
Nach der zweiten Runde stellte ich meinen Wagen ein paar Straßen weiter ab, ließ eine Viertelstunde verstreichen und spazierte zum Gemüseladen. Der Typ hockte immer noch in seinem Wagen. Ich verbrachte ein paar Minuten im Laden und gönnte mir eine Handvoll Peperonis und ein Sixpack Corona, das ich immer mal brauchen konnte. Ich kehrte zu meinem Wagen zurück. Der Schnüffler sah mich nicht einmal an; er konzentrierte sich voll und ganz darauf ein Kaugummi auszuwickeln und gelangweilt auszusehen. Mir fiel auf, daß sein Wagen direkt vor einem kleinen Mäuerchen parkte, das zu hoch war, um darüberzufahren, also könnte ich ihn locker mit meinem Wagen einkeilen. Aber ich hatte eigentlich keine große Lust, so viel Aufwand zu betreiben, schließlich mußte ich ihn ja nur für ein oder zwei Minuten beschäftigen, während Mrs. Summers vorbeirauschte. Außerdem könnte er mir eine Beule in meinen Wagen machen. Ich weiß nicht, ob ich das schon erwähnt habe, aber die Nash Metropolitans, die einst für 1400 Dollar den Besitzer wechselten, kosten mittlerweile über zehntausend Eier.
Ich marschierte zurück zu meinem Wagen, packte die Leckereien in den Kofferraum und ging anschließend so langsam wieder los, daß ich um Schlag acht Uhr erneut vor dem Gemüseladen Cal’s Corner stand; ich ging davon aus, daß Mrs. Summers in ungefähr zwei Minuten hier vorbeikäme, wenn sich der Babysitter nicht verspätet hatte oder sie noch einmal ins Haus ging, um Deborah zu ermahnen, nicht mehr als vier Stücke Pizza zu Abend zu essen, nicht länger als bis halb zehn aufzubleiben und sich nicht wieder Haarspray in die Haare zu sprühen. Ich öffnete den Reißverschluß meiner Jacke, so daß man das Schulterhalfter sehen konnte, ging neben dem Wagen des Schnüfflers in Positur und holte eine echte Sheriffs-Deputy-Marke in einem Lederetui hervor, die ich mir mal von jemandem geliehen hatte, der gerade nicht guckte. Ich streckte sie dem Typen durch das offene Fenster entgegen und sagte: »Sheriff s Department.
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