Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken
sie mit einer Stimme kaum lauter als ein Flüstern. »Sei deiner Freundin eine Freundin.«
Ich ging nach oben in mein Zimmer.
In der Nacht ging ich wieder raus, nachdem ich wieder Punkt zwei Uhr aufgewacht war. Ich radelte durch die SeitenstraÃen, vorbei an den Häusern, deren Bewohner schliefen. Ab und zu bellte ein Hund. Einmal hörte ich jemanden rumschreien, gedämpft durch die Wände seines Hauses.
Die Pedale bewegten sich unter meinen FüÃen, und ich dachte an die Leute, die sich in der Dunkelheit anschrien, an Ehepaare, die gefühllos nebeneinander im Bett lagen, einander fremd und einsam. Ich dachte an die Leute, die hinter verschlossenen Türen weinten, und an die Verwundbarkeit nächtlicher Gefühle, nicht geschützt von den höflichen Floskeln des Tages.
Wie ein Geist radelte ich durch meine Stadt.
26. August
5. Tag
Die Gruppe ist beim Töpfern. Endlich ein paar ruhige Minuten für Casey und mich ohne die Kids. Wir sind in der Bastelhütte und sichten die verbliebenen Materialien. Ich will möglichst schnell los zum Riverside Trail. Dort gibt es eine Stelle, wo der Fluss ein paar groÃe Steine umsprudelt und man die FüÃe ins Wasser baumeln lassen kann.
»Geh schon mal vor«, sagt Casey. »Ruh dich aus. Ich mach das hier.«
»Ich will aber nicht alleine gehen«, sage ich. »Das macht keinen SpaÃ.«
Sie sagt nichts dazu. Ungerührt sieht sie Kisten und Schränke durch.
Ich kann wirklich gehen, denke ich. Sie braucht mich hier nicht.
»Das könnte klappen«, sagt sie und hält mehrere Packungen transparente Malerfolie hoch. »Da machen wir Schmetterlingsflügel draus. Was für Farbe steht da drüben?«
»Ich hab âne Idee«, sage ich, während ich umständlich die Farben durchwühle. »Das Camp ist Donnerstag früh zu Ende. Wollen wir nicht noch ein paar Tage bleiben, wenn alle weg sind?«
»Die Hütten werden doch abgeschlossen.«
»Na und? Wir können drauÃen auf der Wiese schlafen.«
»Und die Schule geht am Dienstag wieder los«, sagt sie. Sie kommt zu mir herüber und sucht aus dem Farbenschrank heraus, was sie braucht. »Ich wollte vorher noch meine Fernkurse fertig machen.«
»Das kannst du auch auf der Wiese«, beharre ich. »Jetzt komm schon. Ein oder zwei Tage Camping, ohne Kleinkinder um uns rum, ehe die Schule wieder losgeht und wir zu nichts mehr kommen. Wir wissen nicht mal, ob wir nächsten Sommer wieder hier sein werden. Vielleicht fliegst du ja weg, weil du unbedingt irgendwelche komischen Käfer in Bolivien oder in der Mongolei oder sonst wo beobachten musst.«
»Hm, stimmt«, sagt Casey. »Also gut. Ein paar Tage wären schon schön.«
Sie stellt die Farben in eine flache Kiste, nimmt ein paar Pinsel und geht nach drauÃen. Ich folge ihr.
»Du klingst nicht so richtig, als ob du Lust dazu hast.«
»Natürlich hab ich Lust. Das wird toll.«
»Zwei Ãbernachtungen oder eine? Eine, oder? Eine Nacht erträgst du mich schon mal.«
Sie bleibt stehen. »Was redest du da? Das wird lustig. Ich kann meine Insektenfallen einsammeln und wir suchen die Wanderwege nach weggeworfenen Chipstüten ab. Wir werden das Camp gewissermaÃen schlafen legen ⦠Ist das da Stephanie?«
Sie ist es. Das alberne rosa Tinker-Bell-Shirt erkenne ich schon von Weitem.
Sie wird von Jan, dem Leiter des Töpferkurses, quer über die Wiese zu uns eskortiert.
»Ãbernehmt sie bitte«, sagt er. »Sie ist fertig mit Töpfern.«
»Was ist denn los?«, frage ich ihn.
»Sie hat mit Ton rumgeschmissen und anderen ihre Arbeiten kaputt gemacht.«
»Warum hast du das gemacht?«, will Casey von ihr wissen.
»Einfach so aus Spaë, sagt Stephanie.
»Ãbernehmt sie jetzt«, sagt Jan noch einmal und lässt uns das Gör da.
»Du kannst uns gleich bei den Bastelvorbereitungen helfen«, schlägt Casey vor.
»Ich will durch dein Mikroskop gucken«, verkündet Stephanie.
»Du bist eben aus dem Töpferkurs geflogen«, sage ich zu ihr. »Warum solltest du dir jetzt was wünschen dürfen?«
»Weil meine Mutter einen Haufen Geld bezahlt hat, um mich hierherzuschicken, damit ich tun kann, was ich will. Und jetzt will ich durch dein Mikroskop gucken.«
»Nicht jetzt«, sagt Casey. »Jetzt wollen wir gleich basteln.«
»Nein.«
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