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Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken

Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken

Titel: Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Ellis
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Wichtigtuerin wäre. Dazu müsste sie sich ja erst mal dafür interessieren, was andere über sie dachten.
    Aber Casey ließ sich natürlich nicht provozieren. »Die sind überhaupt nichts Besonderes, keine Götter oder so. Wenn du mit denen zusammen sein willst, dann geh doch einfach in diesen Laden und setz dich dazu. Vielleicht schätze ich sie ja ganz falsch ein und du findest es toll. Und wenn nicht, dann weißt du hinterher wenigstens Bescheid. In beiden Fällen war dann das Experiment erfolgreich.«
    Aber ich habe mich der Cactus-Clique weder an diesem Tag noch sonst irgendwann angeschlossen, sondern mich weiter an Casey gehalten. Nicht dass sie beleidigt gewesen wäre, wenn ich mich mit den anderen angefreundet hätte. So was ist bei ihr überhaupt kein Problem. Es wäre total okay für sie gewesen, wenn ich gemacht hätte, was ich wollte, denn das tat sie selber ja auch immer. Aber genau das war der Punkt. Im Gegensatz zu mir wusste sie, was sie wollte.
    Nathan wartete auf eine Antwort von mir. Ich hatte zwar gleich Geländelauf-Training, aber einmal schwänzen war vermutlich kein Problem, dachte ich und war sowieso viel zu müde zum Rennen. Ein bisschen Koffein kam da gerade richtig als Energiekick für die Hausaufgaben. Man kann sich halt alles irgendwie schönreden.
    Â»Okay«, sagte ich so beiläufig wie möglich und ging mit Nathan zu den anderen.
    Was dann folgte, war so eine Art überirdische Erfahrung – vom gemeinsamen Gang durch die Einkaufsmeile von Galloway bis zum Aufenthalt im Cactus. Sie wirkten alle so locker und entspannt, wie sie da herumwitzelten und ihren Spaß hatten. Und sie gaben sich auch wirklich Mühe, mich mit einzubeziehen. Nathan zahlte sogar meine Cola.
    Â»Da kannst du dir was drauf einbilden«, lachte Nicole. »Nathan ist nämlich sonst nicht so freigiebig.«
    Â»Wie geht dieses Sprichwort? Dem Dummen rinnt das Geld durch die Finger. Aber zum Glück bin ich ja nicht dumm«, entgegnete Nathan.
    Daraus schloss ich zwei Dinge: erstens, dass ich vielleicht wiederkommen durfte, und zweitens, dass ich in diesem Fall selbst zu zahlen hatte. Aber das ging für mich schon klar. Alle in der Runde beglichen ihre Rechnung selbst. Für mich galten also die gleichen Regeln.
    Von Casey war nicht die Rede. Sie fragten mich nach meinem Wochenendjob, und ich erzählte, dass ich im Altersheim müffelnde Bettwäsche wechseln musste. Jemand riss einen Witz über alte Leute, was eine ganze Serie von platten Witzen zum Thema auslöste. So dümmlich ich sie auch fand, ich lachte trotzdem darüber.
    Die Leute aus der Clique machten sich über andere Gäste des Lokals lustig und verschütteten mit Absicht Zucker auf dem Tisch, »damit die Kellnerin für ihr Geld auch was tun musste«. Sie hechelten den Schultag noch mal durch, klärten mich auf, wer gerade mit wem liiert war, und weihten mich in den neuesten Lehrertratsch ein. Ihre Gespräche drehten sich tatsächlich um lauter Nichtigkeiten. Aber mir gefiel das. Ich war zwar nicht so ganz locker, weil ich mich bei ihnen ja gewissermaßen noch in der Probezeit befand, aber ich lachte an den richtigen Stellen und lieferte sogar eigene Beiträge zur Unterhaltung.
    Als ich eine abfällige Bemerkung über einen alten Mann am Tisch gegenüber machte, prusteten alle los, als ob ich was total Schlaues gesagt hätte.
    Keiner erkundigte sich, was ich für Bücher las. Niemand brachte ein aktuelles Ereignis ins Spiel und wollte wissen, was ich darüber dachte. Keiner interessierte sich für mein Lauftraining. Was mich beschäftigte, spielte überhaupt keine Rolle. Alles war sehr, sehr entspannt.
    Und da schlich sich plötzlich ein Gedanke in mein Hirn – so klar und deutlich wie eine Schlagzeile in der Zeitung: Es ist nur deine verdammte Schuld, dass ich jahrelang keinen Draht zu diesen Leuten hatte, Casey.
    Nach rund einer Stunde verabschiedeten wir uns herzlich voneinander, und auf dem Heimweg ging Nathan noch ein Stück mit mir mit, ehe er an der Spruce Street abbog.
    Â»Bis morgen«, rief er mir noch hinterher. Ich war mir da zwar nicht so sicher, denn schöne Sachen sind ja bekanntlich nie von Dauer, aber zumindest fühlte ich mich so beschwingt wie schon seit Wochen nicht mehr und spazierte den restlichen Weg mit federnden Schritten nach Hause.
    Aber als ich dort ankam, hörte das Federn schlagartig

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