Rosen und das Leben nach dem Tod u Rosen und zwei Leben
Fensterbank gestellt hatte. „So?“, fragte ich, bemüht darum, dabei so desinteressiert wie möglich zu wirken und wies ihm per Fingerzeig an, wo Teeblättern und Kanne zu finden waren.
„Der Bund existiert nicht mehr, Mr. Linney hat ihn kurz nach ihrem Verschwinden aufgelöst.“ Erstaunt zog ich die Augenbraue hoch. „Warum?“
„Nun, zum Einen war da der Mitgliederschwund“, er wandte sich zu mir und grinste mich breit an, was mich wiederum zu einem Lachen animierte. „Auf der anderen Seite vermisst er sie.“
Ich schloss die Augen. Genau das wollte ich nicht hören. Ich hatte mich in Russel verliebt, kam aber mit seinen Spielchen bezüglich Dominanz nicht zurecht. Und genau das hatte dazu geführt, dass ich mich nicht auf meinen Job konzentrieren konnte und ein paar Tage lang mit einem wunden Hintern herumgelaufen war. „Er kann mich nicht vermissen“, konterte ich und war wirklich stolz auf meine Aussage, „er hat mich schließlich nicht gebraucht.“ Mr. Smith lachte spitz auf und beschäftigte sich dann mit dem kochenden Wasser. Er dachte nach, bevor er mir antwortete. Er dachte sehr lange nach. Als er sich dann entschloss, mir den Boden unter den Füßen wegzuziehen, war ich froh, dass dies Haus so klein war, dass ich gar nicht umfallen konnte.
„Mr. Linney sah sie als Herausforderung, Maisie.“ Er goss Wasser in die Kanne, schwenkte diese kurz und füllte den Rest des heißen Wassers ein. „Herausforderung“, dachte ich spöttisch. Mit zwei Handgriffen stellte er Tassen auf die Anrichte, Zucker und Milch daneben. „Eben und das war das Problem: Er wollte mich nicht, sondern die Aufgabe, die ich darstellte.“ Er schüttelte den Kopf „Nein. Die Aufgabe, wie Sie es nennen, wäre die Kirsche auf dem Sahnehäubchen gewesen. Russel wollte Sie erobern, vielleicht ein wenig zu sehr. Vielleicht wollte er Sie zuerst von seinen Fähigkeiten überzeugen. Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Ich weiß es nicht. Trotzdem: Sie … waren sein Ziel.“ Fragend sah ich den hageren Zauberer der Kochkunst in meiner Küche an. Mr. Smith schenkte uns Tee ein, bereitete meinen so zu, wie ich ihn immer in Linney Manor getrunken hatte. „Leider keinen Kandis“, stellte er fest und legte ein Stückchen Zucker in meine Tasse. Er lehnte an der Anrichte und nun wirkte dieses Haus windschief. „Ich kenne Russel nun schon sehr lange und ich kann Ihnen versichern, dass es bisher keine Frau gab, die ihn so verwirrt hat, wie Sie es taten.“
Ich lachte laut auf. „Er? Verwirrt? Guter Witz.“ Mr. Smith lächelte nachsichtig. „Doch, doch. Auf der einen Seite ist da Ihr starker Willen sich neuem gegenüber zu öffnen. Daraus resultiert eine Hingabe, die er – genauso wie ich – bisher noch nicht erlebt haben. Und dann ist da Ihr … nun, nennen wir es Unverständnis. Diese Kombination hat ihn etwas aus der Bahn geworfen. Das kann ich Ihnen versichern.“ Er drehte seine Tasse in der Hand. „Ich brauch Nachschub“, sagte er, stand auf und sah auf mich herab. Ich nickte. „Bitte.“ Mr. Smith hatte gerade die Tür erreicht, da hielt ich ihn mit einer Frage zurück, die bisher ungenau in meinem Kopf schwelte, sodass ich sie nicht stellen konnte. „Woher wussten Sie von meiner Namensänderung?“ Er blieb stehen, wandte mir nur den Kopf zu. „Wusste ich nicht, aber Sie sind hier so etwas wie ein Faktotum und so war es leicht, Zusammenhänge herauszufinden.“ Ich zog eine Grimasse. Bisher war ich stolz darauf gewesen, dass ich mich so hervorragend verstecken konnte. „Pustekuchen“, sagte ich leise in die Dunkelheit hinein.
Mr. Smith kam mit dem Tee zurück. Auf einem Tablett balancierte er die beiden Tassen und eine Flasche, von der ich wusste, dass sie nicht aus meinem Bestand sein konnte. „Tee ist gut, aber der hier ist besser.“ Er goss jeweils einen Schluck des Brandys in unsere Tassen und reichte mir meine. „Russel war mit Ihnen vollkommen überfordert“, sagte er breit grinsend und das Spiel der diffusen Lichter, die von der Strafe her ins Haus auf sein Gesicht fielen, verlieh diesem Grinsen einen unheimlichen Touch. „Bisher konnte er immer davon ausgehen, dass er mit seinem Verhalten den Damen gegenüber , erreichte, was er wollte. Bei Ihnen scheiterte er bereits an einem einfachen, kleinen, aber nicht unwichtigen Umstand.“
Ich nippte an meinem Tee, versuchte mich zurückzuhalten, scheiterte jedoch einmal mehr an meiner losen Zunge. Die Frage purzelte aus meinem Mund heraus, bevor ich
Weitere Kostenlose Bücher