Rosen und das Leben nach dem Tod u Rosen und zwei Leben
Regalen tummelte und der mir seine Scheußlichkeit entgegenschleuderte. Vor dem Kamin, über dem ein überdimensional großer Spiegel mit goldenem Rahmen hing, blieb ich stehen und betrachtete das Chaos um mich herum. Die kesse Rothaarige, die mich aus dem Spiegel her ansah, machte keinen besonders kompetenten Eindruck, deshalb passte sie perfekt hierher. Sie war hübsch. Ja. Sie sah aus, als könne man Pferde mit ihr stehlen und diese auch gefahrlos zurückbringen. Sie machte den Eindruck, dass sie wirklich für jeden Blödsinn zu haben wäre. Aber sie schien auch zu wissen, wie erotisch sie auf ihre Umgebung wirkte. Ihre Körperhaltung, wie sie ihre Hüfte vorschob oder ihre Arme unter ihren Busen legte; all das sprach Bände und ließ den Betrachter verschmitzt grinsend auf ein kleines Abenteuer mit ihr hoffen.
Aber reichte das, Russel im Auftrag des Herrn Smith zu retten? Die Rothaarige bezweifelte das. Ein Ruck ging durch die Frau, als sie sich umdrehte und zum Bett ging. Mit einem letzten Blick in den Spiegel schlug sie die Decke zurück und im gleichen Moment gefror sie zu Eis. Dort auf dem Kissen lag eine Rose.
Keine frische, gerade geschnittene Rose. Ein welkes Abbild einer Rose. Das Rot hatte sich zu einem blassbraun verwandelt, die dünnen Blätter wirkten wie zerknittertes Seidenpapier. Der Stiel war gekrümmt. Der traurige Rest einer Rose. Ich griff danach und sie zerbröselte unter meinen Fingern. Es gab mir einen Stich, waren diese Überreste doch Sinnbild für das Zerbrechen einer guten, amourösen Idee. Wie verdorrtes Laub im Wind flog diese Idee in Form einer ausgetrockneten Rose dahin. Seufzend sammelte ich die Überreste ein und legte sie auf den Nachttisch. Ich legte mich auf die Seite, kuschelte mich in die Kissen und sah auf die Rose. Wenn Russel sich nur halb so tot fühlte, wie diese Rose war, dann hatte ich ein Problem.
Den nächsten Morgen verbrachten wir damit, das Haus wieder bewohnbar zu machen. Mir war nie bewusst, wie viele Sessel, Tische und Stühle wir zur Verfügung hatten. Jedes einzelne Zimmer nahmen wir uns vor und richteten sie her, es soweit es ging. Was ein wenig Licht, ein Staublappen und hier und da ein wenig lauwarmes Wasser ausrichten konnte, war schon erstaunlich. Mr. Smith und ich unterhielten uns nicht. Ich war überzeugt, dass er dachte, ich würde mir einen Schlachtplan zurechtlegen. Etwas, das tat er selbst schon seit dem Zeitpunkt tat, da er in meinem kleinen Paradies aufgetaucht war. Stoisch ging er seiner Arbeit nach. Wir arbeiteten uns vom Erdgeschoss hinauf in die erste Etage. Die einzelnen Zimmer der Mitglieder der Bruderschaft hatte ich bis auf eines nie betreten. So bekam ich nachträglich einen Eindruck, wie sie hier ihre Zeit verbracht hatten. Als wir in das Zimmer kamen, das Samantha und Zachery bewohnt hatten, fiel mir dieser denkwürdige Abend wieder ein. Ich stand in Gedanken versunken vor dem Hocker, auf dem Miss Samantha ihre Befriedigung erfahren hatte. Als ich spürte, dass Mr. Smith mich beobachtete, wandte ich mich ab und versuchte, die Sehnsucht nach dieser Befriedigung gepaart mit dem Rot der Verlegenheit aus den Wangen zu verscheuchen. Er hüstelte; ein netter, wenngleich auch ziemlich armseliger Versuch, mich zu beruhigen, dass er meinen kleinen Faux pas nicht weitergeben würde.
Wir erreichten auch den Aufgang zum Dachbodenzimmer. Dort oben war Samantha dem Tod nur knapp entgangen. Wie angewurzelt blieben Mr. Smith und ich vor der schmalen Treppe stehen. „Heute noch?“, fragte ich und sah auf. Es dauerte einen Moment, bis er die Handschuhe auszog und wir zeitgleich die Köpfe schüttelten. „Kein böses Omen“, sagte er, „das hat Zeit da oben.“ Ich nickte und machte mich auf in mein Zimmer. Es war Zeit den Staub abzuwaschen. Schließlich hatte ich eine lange Nacht vor mir. Ich wunderte mich nicht mehr darüber, dass die Kleidung im Schrank mir wie angegossen passte. Ich wunderte mich auch nicht mehr darüber, dass ich eine Auswahl wie die Königin von England zur Verfügung hatte. Ich wunderte mich nicht mehr über Mr. Smith.
Trotz der immensen Auswahl an wundervollen Stoffen und Schnitten, entschied ich mich, unauffällig wie möglich zu bleiben. Was ein beinahe unmögliches Unterfangen war, bei der edlen, wie aufreizenden Auswahl. Also wähle ich ein schwarzes Oberteil mit Fledermausärmeln, eine dunkle Hose und hohe Schuhe machten aus mir einen rothaarigen Vamp, der auf der Suche war, der aber keinen Zweifel daran ließ, dass
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