Rosenberg, Joel - Hüter der Flamme 05
bis die Zuschauer völlig verwirrt waren. Legte der Mitspieler seine Münze; ob aus Kupfer, Silber oder Gold, vor den Becher mit der Silbermünze, gewann er ein Geldstück in dem Wert seines Einsatzes. Hatte er falsch geraten, steckte der Gaukler den Gewinn ein.
Natürlich gab es jede Menge Tricks. Manchmal glaubte man vielleicht, das Klingen einer Silbermünze am Rand des Bechers gehört zu haben und machte seinen Einsatz voll boshafter Freude, nur um beim Aufdecken ein Kupferstück zu finden, denn der schlaue Taschenspieler hatte nur mit einem beringten Finger gegen den Becher geklopft, um das Klirren des Silbers vorzutäuschen.
Die angespannteste Aufmerksamkeit war vergeblich; auch wenn man wußte, wo sich die Münze befand, sie war nicht da. Beim Raten auf gut Glück standen die Chancen eins zu drei. Wer die Sache mit Intelligenz und Vernunft angehen wollte, hatte überhaupt keine Chance.
Laheran war dieses Spiels müde. Die Vollmacht von Großmeister Yryn hatte sich als nützlich erwiesen. Auf Laherans Veranlassung waren sämtliche Gildehäuser auf der Insel geschlossen worden, bis auf die Niederlassung in den Drei Dörfern. Und dort wartete Laheran wohl vorbereitet auf den Feind.
Einige der Verteidigungsmaßnahmen waren offensichtlich. Laheran und weitere zwei Dutzend Gildemänner hatten in Häusern längs der Straße Position bezogen und hielten - einige offen, andere versteckt - die Stadt und das Haus unter strikter Beobachtung.
Etliche der sonstigen Vorkehrungen zum Empfang Karl Cullinanes, oder wer immer der geheimnisvolle Rächer sein mochte, waren raffinierter. Die Schlösser der schweren Türen zu den Sklavenzwingern waren zu tödlichen Fallen umgebaut worden. Drehte man den Schlüssel zum Öffnen der Tür nach links, wie allgemein üblich, wurde in dem Zimmer darüber ein Gewicht frei, das durch die Decke brach und jeden zerschmetterte, der vor der Tür stand.
Die Zugänge von der Rückseite waren verbarrikadiert, und besondere Mühe hatte man auf die Sklaven selbst verwendet, die bedauernswerten Geschöpfe in den Zwingern. Es war hart, aber ein Gildemann mußte Opfer bringen können.
Ruhelos wanderte Laheran hin und her. Das Warten war das Schlimmste.
Kapitel achtzehn
An Bord der Gazelle
Die Morgendämmerung ist dem Reisenden Ansporn, wie auch dem Schaffenden bei seinem Werk.
Hesiod
Ich kann nur hoffen, daß der glühende rote Ball da knapp über dem Horizont die untergehende Sonne ist, alter Knabe.
Walter Slowotski
Elleport versank eben am Horizont, als Jason an Deck erschien. Er hatte das Schulterhalfter mit der Pistole angelegt und die Waffe mit einer zusätzlichen Schlaufe gesichert. Am Gürtel trug er sein Schwert und den aus Neharas Werkstatt stammenden Dolch.
Das eigentlich Verräterische an seiner Erscheinung aber waren das unübersehbar in Heim gefertigte Hemd sowie die vorne geknöpften Jeans.
Es war ein Nachmittag mit klarem Himmel und milder Luft; die Sonne hatte eben den Zenit überschritten, und das Schiff hob und senkte sich in dem trägen Rhythmus der friedlichen Wellen. Das stetige Auf und Nieder behagte Jason nicht sonderlich, doch bis jetzt verhielt sein Magen sich noch einigermaßen ruhig.
Bren Adahan räkelte sich, nur mit einem um die Hüften geschlungenen Handtuch bekleidet, neben der Reling in der Sonne.
»Das hätten wir vorher besprechen sollen«, meinte er und stützte sich auf einen Ellenbogen.
Kaum hatte er ausgesprochen, fand er selbst seine Bemerkung überflüssig. Es kam nicht mehr darauf an, ob sie ihr weiteres Vorgehen besprochen hatten oder nicht. In Anbetracht der Tatsache, daß die Zivilisation auf Klimos ihren Siegeszug eben erst begonnen hatte, war es selbstverständlich und sogar unumgänglich, daß sechs Leute, die auf der Insel Messer gegen Perlmutt tauschen wollten, sich bis zu den Zähnen bewaffneten. Doch Waffen aus Heim und Kleidung aus Heim, das ließ nur den einen Schluß zu ...
... daß sie selbst aus Heim stammten.
.Thivar Anjer war aus seiner faulen Ruhe am Steuerruder aufgewacht und musterte seine Passagiere mit großen Augen. Sein zerfurchtes Gesicht, das in der grellen Nachmittagssonne walnußbraun schimmerte, legte sich in grimmige Falten, als er sich Bothan Ver zuwandte, dem grauhaarigen Seebären, der die gesamte Besatzung der Gazelle verkörperte. Doch er sprach ihn nicht an, sondern schaute wieder zu Bren Adahan und Jason.
»Der Augenblick der Wahrheit, scheint's«, bemerkte er.
»So scheint es«, bestätigte Durine. Er
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