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Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)

Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)

Titel: Rosendorfer muss dran glauben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Bertram
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unbedingt aufschreiben.«
    Hobbe ist längst weiter zu einem anderen Tisch. Moritz bleibt bei Mignon und Karelski stehen und hört seinem Idol dabei zu, wie es sich mit seiner Begleitung über Telefonrabatte austauscht.
    Kurz darauf wird Moritz auch schon wieder weitergespült, weil die Dragqueen und der Zwerg ebenfalls Karelskis Nähe suchen und ihn zur Seite drängen.
    Moritz dreht eine Runde an den Bildern vorbei, die er genauso scheußlich findet wie ich, wenn ich seinen Gesichtsausdruck richtig deute. Vielleicht gilt der Ausdruck aber auch Karelski und dem ganzen überkandidelten Volk, das sich hier herumtreibt.
    Weil die Galerie recht klein ist, ist der Rundgang schnell beendet, und Moritz findet sich erneut in Hörweite von Karelski und seinen Jüngern wieder.
    »Der kann nun wirklich überhaupt nichts. Da lese ich lieber die Betriebsanleitung meines Computers als eines seiner Bücher. Die ist spannender«, lästert Karelski gerade über einen Kollegen, von dem ich zufällig weiß, dass Moritz ihn auch ziemlich gut findet.
    Die anderen Zuhörer anscheinend nicht, sonst würden sie nicht herzhaft lachen, was Karelski ermuntert, noch über ein paar andere Kollegen (»Die schreiben doch alle bei mir ab!«) sowie seine Leser (»leichtgläubige Lemminge«) herzuziehen. Dann ist er wieder beim Geld und erzählt, dass er jetzt einen Journalistenausweis hat. »Wahnsinn, was man damit überall für Rabatte kriegt, bloß weil die hoffen, dass man gut über sie schreibt. Dabei müssten die mir nur mal eine Woche Urlaub sponsern, dann schreibe ich denen, was sie wollen. Sogar, dass Kernstrahlung gut für einen gesunden Teint ist. Jede Wette, dass die meisten meiner Lemming-Leser danach für Atomkraft sind und sich mit ihren Sonnenstühlen direkt vor die letzten AKW s hocken!«
    Moritz nutzt das Gelächter und verabschiedet sich aus der Runde. Auf der Suche nach Pascal quetscht er sich durch das Gedränge und findet seinen Kollegen schließlich am Büfett, wo der Skater allein mit einem Teller und einer Flasche Bier steht. Er hat seine großen roten Kopfhörer auf und nimmt sie erst ab, als er Moritz neben sich bemerkt. Gemeinsam betrachten sie den Kreis von Verehrern, die Karelski umringen. Auf der gegenüberliegenden Seite des Raums befindet sich eine weitere Traube Menschen, in deren Mitte Hobbe steht. Die zwei bilden in der Galerie ohne Zweifel die beiden Sonnen, um die sich hier alles dreht.
    »Karelski ist ein Idiot«, bemerkt Moritz und nimmt sich einen Hühnchenspieß, der auf Pascals Teller neben einer großen Portion Wasabipaste liegt.
    »Das hätte ich dir gleich sagen können«, antwortet Pascal.
    »Ist der immer dabei?«, fragt Moritz.
    »Immer, wenn es was umsonst gibt.«
    »Und warum ist Hobbe hier so wichtig? Alle drängen sich um ihn.«
    »Weil er sie verlegt. Ihre dummen Gedichte und ihre schwülstigen Erzählungen. Auch wenn die kein Schwein kauft. Was hast du denn geglaubt, was in den ganzen Kartons bei uns im Büro vor sich hin schimmelt?« Pascal nimmt einen Schluck aus der Flasche mit den tanzenden Pinguinen.
    »Aber wozu, wenn sich das Zeug nicht verkauft?«
    »So genau weiß das keiner … Aber schau dich um: Es ist seine Eintrittskarte. Wenn du übrigens Hunger hast, nimm dir schnell noch was. Gleich werden die Pferde gesattelt.«
    Moritz sieht Pascal verständnislos an.
    »Hobbe ist schon ganz fickrig. Er hat alle gesehen, alle haben ihn gesehen. Zeit, aufzubrechen.«
    Moritz taucht den Hühnerspieß in die grüne Paste auf Pascals Teller und beißt herzhaft ab. Sofort stöhnt er auf, schnappt sich Pascals Bierflasche und nimmt einen tiefen Schluck. Doch das macht alles nur viel schlimmer. Es dauert ein paar Minuten, ehe er wieder reden kann.
    »Das brennt ja wie Hölle! Was ist das für ein Zeug?«
    »Das ist Wasabi. Kommt aus Japan und ist so eine Art Meerrettich. Hobbe liebt es. Ich glaube, er ernährt sich ausschließlich davon. Habe ihn jedenfalls noch nie etwas anderes essen sehen.«
    »Geht das jeden Abend so?«, fragt Moritz, nachdem sich seine Geschmacksnerven wieder halbwegs von dem Schock erholt haben.
    »Jeden, bis auf die Donnerstage, da gehen wir in die Oper.«
    »In die Oper?«
    Pascal lacht. »Das war ein Witz.«
    Ehe Moritz etwas erwidern kann, kommt auch schon Hobbe auf sie zu. Mit einem Löffel, der auf dem Büfett liegt, schaufelt er sich eine große Portion Wasabi in den Mund. Moritz wartet gespannt auf seine Reaktion. Aber es kommt keine. Hobbe isst das Zeug, als wäre es

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