Rosendorn
bestimmt. Verstohlen sah ich nach, ob sie möglicherweise auch Häschenpantoffeln trug, doch
so
menschlich war sie nun auch wieder nicht.
Als ich dann einen Blick auf die Uhr über dem Herd warf, hätte ich mich beinahe an meinen
Cheerios
verschluckt. Es war fast Mittag. Ich konnte nicht glauben, dass ich so lange geschlafen hatte.
»Ethan kommt so gegen eins«, sagte Kimber. »Dann werden wir dich mitnehmen, um den … Test durchzuführen.«
Ich schluckte schwer. Ethan hatte gemeint, dass ich keine Angst haben müsse. Aber andererseits hatte er auch behauptet, dass ich in der Höhle von gestern Abend sicher wäre, also entsprach er nicht gerade dem, was ich unter einer verlässlichen Quelle verstand. Ich rührte in meiner Schüssel mit den
Cheerios
herum. Plötzlich war mir der Appetit vergangen.
Kimber holte einen Schwamm aus dem Schrank unter der Spüle und wusch damit ihr Schüsselchen aus. Es überraschte mich nicht, dass sie nicht zu denjenigen gehörte, die ihr schmutziges Geschirr herumstehen ließen. Sie warf mir einen Blick zu.
»Es ist wirklich keine große Sache, weißt du. Der Test, meine ich.«
Ich nickte und versuchte zu lächeln. Doch wenn ich Ethan in der Sache nicht vertraute, sah ich auch keinen Grund, seiner Schwester Glauben zu schenken.
Kimber schürzte die Lippen. »Du musst dir nur etwas anschauen und uns dann sagen, was du siehst. Echt leicht. Okay?«
Ich kann nicht sagen, dass mich das überzeugte, aber ich ließ das Thema einfach fallen. »Kann ich dich etwas fragen?«
Ihre Lippen zuckten verdächtig. »Scheint so.«
Ha, ha, ha. »Haben die Leute in Avalon immer Messer und Pistolen dabei?« Ich erinnerte mich daran, wie entsetzt ich gewesen war, als Jason die Waffe gezogen hatte, und fragte mich zum x-ten Mal, in was ich da nur geraten war.
Kimber dachte einen Moment lang über die Frage nach, ehe sie antwortete. Ich überlegte, was sie mir wohl nicht sagte.
»Ich würde es nicht als übliche Gewohnheit bezeichnen. Allerdings sind wir der
Studentische Untergrund,
und die Politik in Avalon kann manchmal halsbrecherisch sein. Im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn wir Ethan nicht hätten, könnten wir die meisten nicht einmal genug beeindrucken, um uns überhaupt wahrzunehmen. Doch Jason hat die Wahrheit gesagt, als er meinte, Ethan sei ein Wunderkind. Er kann inzwischen ganz erstaunliche Dinge, und es ist beängstigend, darüber nachzudenken, wie gut er sein wird, wenn er erst älter ist und mehr Erfahrung hat.« Sie verzog das Gesicht, als hätte sie in eine Zitrone gebissen – hatte da jemand einen Minderwertigkeitskomplex? Dann fuhr sie fort. »Er wird eines Tages eine ernstzunehmende Größe sein. Und einige Leute ziehen es vor, schon jetzt mit ihm abzurechnen, solange sie es noch können. Also hat er unseren
Untergrund
praktisch im Alleingang zu einer ernsthaften Bedrohung gemacht, was bedeutet, dass der Rest von uns damit ebenfalls in ständiger Gefahr ist. Und darum haben wir es uns angewöhnt, immer bewaffnet zu sein.«
»Gibt es hier denn keine Waffengesetze oder so?«
Sie lachte. »Wir Radikalen sehen Gesetze mehr als ›Richtlinien‹. Und übrigens riskiere ich lieber, dass mir jemand eine Standpauke hält, weil ich heimlich eine Waffe bei mir trage, als unbewaffnet zu sein, wenn Spriggans angreifen.«
Sie war an diesem Morgen wirklich gesprächig – trotz ihrer offensichtlich zensierten Antworten, die mich nur teilweise weiterbrachten. Aber solange sie meine Fragen überhaupt beantwortete, wollte ich sie auch weiterhin stellen. »Also, gibt es denn viele Angriffe von Spriggans in Avalon?«
Ich war fertig mit meinen
Cheerios,
obwohl noch einige milchgetränkte Os am Boden der Schüssel lagen. Kimber nahm mir das Schüsselchen aus der Hand und wusch es ab, während sie mir antwortete.
»Für gewöhnlich nicht. Nur die menschenähnlichen Mitglieder des Feenvolkes dürfen nach Avalon. Allerdings ist es viel schwieriger, Feenkreaturen fernzuhalten als Menschen. Die Grenze auf der Seite der Feen hat nicht das Einwanderungssystem, das ihr Menschen kennt.« Sie runzelte die Stirn. »Eigentlich nehmen die Spriggans nur Befehle von Dunkelfeen an. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, warum eines der mächtigen Mitglieder des Winterhofes unseren
Studentischen Untergrund
angreifen wollen würde. Wir sind bekannt dafür, dass wir einen Kandidaten vom Winterhof favorisieren.«
»Vielleicht waren sie hinter
mir
her«, schlug ich vor. Immerhin erzählte mir jeder, dass
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