Rosenfolter
Sandstraße. Eigentlich eine traditionelle Kneipenmeile,
studentisch geprägt, von kleinen, individuellen Geschäften bereichert und seit einer
Weile verkehrsberuhigt, fanden sich nun weitere bunte Etablissements dort ein. Katinka
stieß die Tür auf.
»Grüß Gott«, sagte
sie. Sie stand in einem von indirekten Flutern erhellten Raum mit Parkettboden und
blutroten Wänden. Von der Decke hingen Fotografien mit ab-strakten Motiven in schwarz-weiß.
»Hallo.« Eine dunkelhaarige
Frau in High Heels stöckelte Katinka entgegen.
»Ich bin nur einen
Tag in Bamberg«, flunkerte Katinka drauflos. »Aber ich habe ein Faible für Schwarz-Weiß-Fotografie.«
Die Frau lächelte.
»Darf ich Sie mit meinem neuesten Künstler bekannt machen? Nicht persönlich, aber,
sagen wir, über den Umweg seiner Bilder? Wobei in der Kunst der Umweg womöglich
der direktere Zugang ist.«
Katinka musterte
die Fotos. Sie hatte keine Ahnung, was sie darstellten.
»Reduktion auf
die Form, das ist Edward Leighs Lebensthema.«
»Engländer?«
»Australier.« Die
Dame reichte Katinka einen Flyer.
»Ich muss zugeben,
den Namen habe ich noch nie gehört«, sagte Katinka, während sie das Blatt überflog.
»Haben Sie diese Galerie schon länger?«
»Erst ein paar
Wochen.«
»Sind Sie Cristina
Sandros?«
»Aber ja. Warum
fragen Sie?«
»Ach, weil manche
Galerien ja ganz ungewöhnliche Namen haben«, wich Katinka aus. »Aber ich nehme an,
Sie sind nicht allein auf Fotografie aus?«
»Ich habe Künstler
aller Art unter Vertrag. Aber besonders gern nehme ich Leute aus Ozeanien.«
»Warum das?«
Cristina
Sandros lächelte. »Aus Fernweh?«, fragte sie zurück.
Sie setzte sich an ihren Schreibtisch und blätterte einen Ordner durch.
»In einer alten
Stadt wie Bamberg«, fing Katinka an, »denkt man sich ja, wie gut, dass es in früheren
Zeiten steinreiche Adelige gab. Nehmen Sie zum Beispiel die Schönborns. Wie Bamberg
wohl ohne sie aussähe?«
»Meine Rede«, antwortete
Cristina Sandros. »Man kann viel jammern und klagen, über Vetternwirtschaft und
was weiß ich, aber solche weit verzweigten und mächtigen Familien haben halt das
Ihre getan.«
»Und heute? Wie
ist das heute? Haben Künstler eine Chance?«
»Außerhalb des
Museums, meinen Sie?«
»Ja, etwa in Galerien
…«
»Es ist nie einfach,
verstehen Sie? Ich bin nach Bamberg gekommen, weil ich in Frankfurt zu viel Konkurrenz
hatte.«
»Danke jedenfalls
für die Inspiration. Ihre Galerie gefällt mir.«
»Schön.«
»Ist es eigentlich
schwer, eine Galerie ans Laufen zu kriegen? Ich habe vor Jahren mein Kunstgeschichtsstudium
abgeschlossen. Es war immer ein Traum«, fantasierte Katinka.
»Geld ist eine
Grundvoraussetzung, aber wirklich nur eine. Man muss genau wissen, was man will.
Welche Richtung, welcher Geschmack, welche Kundschaft …«
Sicher keine in
Pulli und Jeans, überlegte Katinka, während sie Cristina Sandros’ schickes Kostüm
musterte. Aber ihr Stil ist zu madamig in meinen Augen.
»Ich finde, wenn Partner oder Familie einen nicht unterstützen, dann wird
es bitter.«
»Man muss entschlossen genug sein«, befand die Galeristin und wandte sich
ihren Papieren zu. »Tschüss dann!«
Katinka ging. Natürlich hatte sie bloß geflunkert. Eine Kunstgalerie war
ganz gewiss nicht ihr Traum. Ihr Traum bestand aus bröselndem Sandstein und schwammigen
Wänden.
Warum nicht? Sind
Schwierigkeiten nicht dazu da, dass man sie meistert?, dachte sie, während sie zurück
in die Detektei schlenderte.
Ihr nächster Check
betraf den Namen Cristina Sandros. Sie war mit Ethelbert Schneider verheiratet und
Eigentümerin von drei Pizzerien: einer in Bamberg, einer in Forchheim und einer
in Aschaffenburg. Auf den Webseiten der Galerie tauchte ihr Name im Impressum jedoch
nicht auf. Dort war Ethelbert Schneider eingetragen. Mehr Informationen spuckte
das weltweite Netz nicht aus.
17
Sie trafen sich zum Mittagessen
im Vitamin X. Katinka liebte die Kneipendichte rund um ihre Detektei. Es gab etwas
für jeden Geschmack. Sie bestellte frischgepressten Orangensaft für sich und Dante
und ließ sich über sein Abenteuer in der Korin’schen Villa ins Bild setzen.
»Voll durchgeknallt,
der Typ.«
»Hat er Sie empfangen?«
»Er hat ein Faktotum,
eine Art Samsonite-Super-Hartschalenkoffer, fleischig und mit wenig Hirn ausgestattet.«
Dante riss sich die Mütze vom Kopf. »Außerdem zwei Doggen, denen der Geifer nur
so um die Köpfe spritzt. Obwohl man sagt, je größer die
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