Rosenfolter
Allenstein warf seinen Drehbleistift auf den Tisch. »Verdammte Weiber.«
»Halten Sie doch
die Klappe!«, fuhr Hardo ihn an. »Raus, alle. Ich spreche alleine mit ihr.«
20 Minuten später
klopfte es. Lara Handwerker war Mitte 20, klein, drahtig, kam in Jeans, Bluntstones
und einem Flanellhemd.
»Guten Abend. Ich
habe erst jetzt mitbekommen, was mit Max passiert ist. Ich war im Urlaub.«
»Sie sehen braungebrannt
aus«, stellte Hardo fest.
»Wandern auf La
Palma. Zwei Wochen. War schön.«
»Ohne Walters.«
»Mit einer Freundin.
Zwischen Max und mir ist es aus gewesen. Vor vier Wochen. Deswegen bin ich mit meiner
Freundin weggefahren.«
Mit einer Handbewegung
bot Hardo der Frau Platz an.
»Max und ich hatten
den Urlaub eigentlich zusammen geplant. Er motzte oft rum, dass er nie rauskommt
und hinter seinen Akten verschimmelt. Er hatte nicht mal Zeit für die Muckibude.
Ich habe ihm vorgeschlagen, lass uns wegfahren, und dann habe ich das Angebot gesehen,
zwei Wochen Wanderurlaub auf La Palma. Genügend Zeit zwischendurch, um im Hotel
zu chillen. Massagen, Yoga, Malen.«
Hardo hatte seit
gefühlten 300 Jahren keinen Urlaub mehr gemacht. Schon gar nicht gechillt.
»Aber Sie sind
dann mit einer Freundin gefahren?«
»Ich habe die Reise
kurz nach Neujahr gebucht. Max hat sich gefreut. Hat er jedenfalls gesagt. Aber
dann häuften sich die Mandate. Er hatte seltsame Arbeitsrhythmen. Manchmal bekam
er innerhalb weniger Tage einen Haufen Sachen zu tun. Alles musste auf einmal erledigt
werden. Er wurde unausstehlich. Ich habe ihn dann tagelang nicht zu Gesicht gekriegt.«
»Haben Sie deshalb
gestritten?«
Lara Handwerker
nickte wortlos.
Hardo strich sich
über die Glatze. Er begann zu schwitzen. Lara Handwerker hatte mit Walters’ Tod
nichts zu tun. Das Alibi würden sie schnurstracks überprüfen. Doch als Zeugin war
sie vielleicht ein Glücksfall. Vielleicht.
»Was wissen Sie
über Walters’ Mandantschaften?«
»Pfff! Nichts!
Er hat nie über seine Arbeit geredet. Mit mir jedenfalls nicht. Wir waren ein knappes
Jahr zusammen.«
»Was machen Sie
beruflich?«
»Ich bin die Geschäftsführerin
eines Sonnenstudios.«
Hardo fühlte die
Schweißperlen auf seinem Kopf größer werden. Manches machte ihn aggressiv. Sonnenstudios
zum Beispiel. Er wusste nicht, warum, aber allein ihre Existenz ging ihm auf die
Nerven.
»Ich meine, mit
Max und mir wäre es wahrscheinlich sowieso nichts geworden«, plusterte Lara Handwerker
sich auf.
»Sie haben sich
getrennt«, hakte Hardo schnell nach. »Was war der Grund?«
»Es war am 21.
März. Frühlingsanfang. Wir hatten ausgemacht, wir verbringen den Abend gemeinsam.
An einem 21. haben wir uns kennen gelernt. Ich wollte gern, dass wir einmal im Monat
was zusammen unternehmen. Ohne Handy. Kino, danach nett essen gehen. Übernachten
im Hotel.«
Keine schlechte
Idee, dachte Hardo. Er ahnte, dass Katinka sich für diese Art der Traditionspflege
erwärmen würde. Leider hatte er nicht den leisesten Schimmer, an welchem Datum sie
einander zum ersten Mal begegnet waren. Katinka erinnerte sich vermutlich genauso
wenig.
»Dann allerdings,
wir standen schon im Kino und hatten die Eintrittskarten in der Hand, läutete sein
Handy. Ich war sauer. Wir hatten ausgemacht: einmal im Monat ohne Handy. Mann, Max
holte schließlich keine Unschuldigen aus irgendwelchen Polizeiverhören raus!« Lara
lächelte. Ein Glitzerstein auf ihrem makellosen Gebiss blitzte auf. »Sorry. War
nicht abwertend gemeint. Jedenfalls: Max hatte immer sein Handy an, und wir gingen
nie gemeinsam essen oder irgendwo hin, ohne dass es zigmal klingelte. Deswegen bestand
ich drauf, dass es am 21. abgeschaltet war.«
»Wer war der Anrufer?«
»Mandantschaft.
Wichtige.«
»Haben Sie einen
Namen mitbekommen?«
»Nein, ich glaub
nicht.« Sie runzelte die Stirn. »Ich kann mich an keinen Namen erinnern.«
»Und dann?«
»Dann drückte Max
mir die Kinokarten in die Hand. ›Ich muss weg‹, hat er gesagt. Es klang total alarmiert.
Mehr hat er nicht gesagt. Nur ›Ich muss weg‹. Er rannte durch das Foyer davon, ich
starrte ihm hinterher, dann gab ich jemandem die Tickets und lief ihm nach. Sah,
wie er in ein Taxi sprang. Weg war er. Am nächsten Morgen habe ich ihn angerufen
und ihm gesagt, dass Schluss ist. Es hat ihm überhaupt nichts ausgemacht.«
»Um wieviel Uhr
kam der Anruf im Kino?«
»Ich weiß nicht
mehr genau. Um 20.30 sollte der Film losgehen. Das Handy klingelte ungefähr fünf
Minuten
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