Rosengift - Die Arena-Thriller
eiskalter Stimme.
»Ich bin nicht deine Freundin«, widersprach Matilda, die nicht wusste, ob sie die »Schlampe« des alkoholisierten Fußballfans oder Patricks Bezeichnung »meine Freundin« wütender machte.
»Da hörst du es«, grinste der Besoffene. »Die Schlampe…«
Patricks Faust krachte gegen den Unterkiefer des Irokesen. Die Wucht des Schlages bewirkte, dass der Typ das Gleichgewicht verlor, sein Bier – das stattliche vier Euro gekostet hatte – verlor und auf allen vieren landete. Ein paar Mädchen kreischten. Das schwarz-rot-goldene Haarteil flog auf die Erde und Nicole bohrte es sofort mit ihrem Absatz noch tiefer in den Dreck. Irgendjemand murmelte: »Sauber!«
Der Geschlagene wollte sich aufrichten, aber in dem Moment traf ihn ein Fußtritt von Patrick in die Rippen, begleitet von dessen erneuter Aufforderung, sich sofort bei Matilda zu entschuldigen.
»Hör auf! Hör sofort auf!«, rief Matilda und zerrte Patrick an den Schultern zurück. Vergeblich. Wie ein losgelassenes Raubtier stürzte sich Patrick jetzt in den Kampf und einen Wimpernschlag später wälzten sich die beiden Kontrahenten auf der Erde herum. Patrick war deutlich nüchterner und reaktionsschneller als sein Gegner. Dennoch bekam auch er etwas ab: Seine Nase blutete, doch er schien den Schmerz gar nicht zu spüren. Schließlich gewann er die Oberhand, hielt seinen Gegner im Schwitzkasten und keuchte: »Du entschuldigst dich jetzt bei ihr!«
»Leck mich«, forderte der andere Patrick auf. In diesem Moment stürmten drei schwarz gekleidete Männer heran. Binnen Sekunden hatten sie die Kämpfenden voneinander getrennt. Der Betrunkene beruhigte sich beim Anblick der Ordner sofort, Patrick dagegen war noch immer so aggressiv, dass zwei der Männer Mühe hatten, ihn zu bändigen. Schließlich drehten sie ihm mit einem raschen Griff die Arme auf den Rücken und schleusten die beiden Unruhestifter durch die Menge in Richtung eines Zeltpavillons des Roten Kreuzes, neben dem sich inzwischen auch ein knappes Dutzend uniformierter Polizisten eingefunden hatte. Jonas folgte seinem Freund, die meisten der Umstehenden wandten sich, jetzt, wo das Spektakel vorbei war, wieder der Leinwand zu. Matilda, Anna und Nicole sahen sich unschlüssig an.
»Sollen wir mitgehen?«, fragte Anna.
»Wozu?«, fragte Matilda, noch immer zornig. »Habe ich ihn dazu aufgefordert, sich mit dem Typen zu prügeln?«
»Er wollte halt deine Ehre verteidigen, Süße.« Nicole grinste.
Matilda schnaubte unwillig. Auf keinen Fall würde sie Patrick jetzt nachlaufen. Dann sah es ja erst recht so aus, als sei sie seine Freundin!
Ein empörter Aufschrei ging durch die Zuschauermenge. Der Grund war eine Rote Karte für Klose. Der spanische Schiedsrichter wurde kollektiv beschimpft, und als eine gute Minute später ein Tor fiel, leider nicht für Deutschland, sah man ringsum nur noch lange Gesichter.
In der Halbzeitpause zerstreuten sich die Fußballfans, vor den Getränkeständen bildeten sich Schlangen. Matilda hob ihre Schultasche auf. Eigentlich keine schlechte Gelegenheit zu verschwinden, dachte sie. Patrick ist selber schuld, was führt er sich auch so auf. Außerdem war sie durstig, aber nicht bereit, die unverschämten Preise für Getränke zu bezahlen.
»Mir reicht’s, ich geh nach Hause«, sagte sie zu Anna.
»Soll ich mitkommen?«
Ganz kurz überlegte Matilda, ob sie Anna und Nicole von der Fußballfete erzählen sollte, die bei ihr zu Hause höchstwahrscheinlich schon in Gange war. Aber dann dachte sie an Christopher. Anna würde ihn womöglich wieder anschmachten und bei Nicole wusste man nie, ob sie einen mit ihrem losen Mundwerk nicht gründlich in Verlegenheit bringen würde.
»Nein, schon gut«, sagte Matilda. »Schaut ihr euch ruhig hier das Spiel fertig an. Mich interessiert Fußball sowieso nicht so besonders.«
Während sie nach Hause radelte, rief sie sich die Szene an der Stadionbrücke noch einmal ins Gedächtnis. War sie zu Unrecht sauer auf Patrick? Hätte sie doch nach ihm sehen sollen? Eigentlich war es ja nett von ihm gewesen, sie zu verteidigen. Aber war es wirklich nötig gewesen, sich gleich zu prügeln und so aggressiv zu werden? Natürlich ließ sie sich auch nicht gerne als Schlampe bezeichnen. Aber bei einem offensichtlich betrunkenen und ziemlich primitiven Typen, da musste man als intelligenter Mensch doch wissen, wie sinnlos es war, sich mit so einem anzulegen. Und außerdem hatte er sie schon wieder – und dieses Mal vor
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