Rosengift - Die Arena-Thriller
verhört. Und seine Mutter war auch schon hier und hat mit mir gesprochen«, erzählte Matilda. Das war jakeine Lüge. Sie fuhr fort: »Patrick wird sich nicht mehr hier blicken lassen. Und dann sind ja auch noch Anna und der Hund hier und passen auf mich auf. Und Miguel natürlich!«, fügte Matilda rasch hinzu.
»Mit dem werde ich auch noch ein Wörtchen reden«, grollte Helen. »Warum hat er mir gestern Abend nichts davon gesagt?«
»Er kann nichts dafür«, versicherte Matilda hastig. »Ich wollte es nicht. Er musste es mir versprechen.«
»Gar nichts musste er«, schnaubte Helen erbost.
»Sei ihm nicht böse! Wir wollen halt nicht, dass du dir Sorgen machst und womöglich wegen der blöden Geschichte noch ein Konzert vermasselst oder gar deine Tour abbrichst.«
»Ihr seid unmöglich!«
»Es tut mir leid, dass es wegen mir solche Probleme gibt«, jammerte Matilda. »Aber wenn du jetzt deine Konzerte absagst, dann habe ich immer ein schlechtes Gewissen.«
»Unsinn. Das ist doch nicht deine Schuld.« Helen schien Matildas letzten Einwand dennoch auf sich wirken zu lassen. Sie schwieg eine Weile. Dann atmete sie schwer durch und sagte: »Also gut, dann bleibe ich erst mal hier. Aber versprich mir, dass du vorsichtig bist und dass du bei der geringsten Kleinigkeit sofort die Polizei anrufst! Und wenn noch mal etwas passiert, setze ich mich in den nächsten Flieger nach Deutschland – ganz egal, welches Konzert gerade ansteht.«
»Okay.« Matilda war erleichtert. »Ich gehe zur Polizei, wenn wieder was ist«, versicherte sie. »Aber seit diese Kommissarin bei Patrick war, ist Ruhe. Wirklich!«
»Das will ich auch stark hoffen!«
Matilda hatte das Gefühl, dass sich ihre Tante gegen Ende des Gesprächs wieder einigermaßen beruhigt hatte. Helen war ein impulsiver Typ, sie konnte sich ziemlich aufregen, aber das dauerte meistens nicht sehr lange. Matilda hoffte nur, Miguel würde keine gruseligen Einzelheiten erwähnen, wenn sie noch einmal mit ihm redete. Er war bis jetzt nicht nach Hause gekommen, aber für seine Verhältnisse war es ja auch noch früh am Tag. Kaum hatte sie sich von Helen verabschiedet, schickte sie Miguel eine SMS, um ihn vor einem möglichen mütterlichen Anruf zu warnen. Dann ging sie zu Anna, die in der Küche den Frühstückstisch gedeckt hatte.
»Ich hab’s meiner Tante gebeichtet«, berichtete sie ihrer Freundin.
»Und?«
»Begeistert war sie nicht, das ist ja wohl klar. Aber sie hat’s relativ cool genommen.«
»Du hast so ein Glück mit deiner Tante. Meine Eltern würden durchdrehen!«
»Meine auch.« Plötzlich war Matilda traurig.
Anna wurde rot. »Entschuldige, verdammt! Das sollte nicht so klingen, wie es sich anhörte. Tut mir echt leid, ich bin so ein Trampel.«
»Schon gut.« Matilda zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. Sie griff nach dem Brötchenkorb. »Du musst mich nicht behandeln wie ein rohes Ei, nur weil meine Eltern tot sind. Ich weiß schon, wie es gemeint war. Und du hast recht, ich habe wirklich Glück im Unglück mit meiner Tante. – Apropos Ei. Wie lange hast du die gekocht? Der Dotter ist ganz staubig.«
»Ich übe noch, um die perfekten Hausfrauenqualitäten zu erhalten«, gestand Anna mit todernster Miene.
Während sie frühstückten, kam Angela herein. Matilda, die sauer war, dass Angela allem Anschein nach hinter ihrem Rücken bei Helen angerufen hatte, begrüßte sie kühl und sagte dann: »Meine Tante ist übrigens einverstanden mit dem Hund.«
Angela zuckte mit den Schultern und meinte: »Sie ist der Chef.« Dann ging sie mit dem Staubsauger in der Hand die Treppe hinauf in den ersten Stock.
Matilda konnte es sich nicht verkneifen, ihr ein »Allerdings!« hinterherzurufen. Wegen Angela würde Helen sich nun vielleicht pausenlos Gedanken machen und sich nicht ausreichend auf ihre letzten fünf Konzerte in den europäischen Hauptstädten konzentrieren können.
Ich könnte mich bei Angela revanchieren, indem ich ihr erzähle, was ihr Sohn in der Nacht so treibt, überlegte Matilda boshaft, verwarf den Gedanken dann jedoch wieder. Sie wollte Enzo keinen Ärger einbrocken – er hatte es ja wirklich nur gut gemeint. Und im Grunde war Angela auch eine gute Seele – nur wegen Harri musste sie sich wirklich nicht so anstellen. Außerdem, merkte Matilda, war sie schon erleichtert, dass sie ihrer Tante endlich von den Vorfällen hatte erzählen können. Ach, es wurde einfach höchste Zeit, dass Helen wieder nach Hause kam!
Der einzige
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