Rosengift - Die Arena-Thriller
muss ich schon sagen.«
Auch Matilda musste lachen. »Wenn man es so betrachtet…« Dann seufzte sie tief und meinte: »Wenn der arme Kerl wüsste, was er mir tagelang für eine Höllenangst eingejagt hat!«
»Und das mit den SMS und den Mails…«, begann Anna.
»Das war er nicht«, unterbrach Matilda ihre Freundin. »Enzo hat keine Ahnung von Computern oder Handys. Außerdem wäre er niemals so heimtückisch und gemein.«
Aber Anna hatte eine lebhafte Fantasie. »Ich habe mal einen Film gesehen, da war ein Blinder, der tat nur so, als ob er blind wäre. In Wirklichkeit hat er immer beobachtet, was die Leute so machen, wenn sie denken, er sieht sie nicht. Es war ein Psychothriller, glaube ich. Oder war der taub?«
»Das hier ist aber kein Film, Anna!«, wehrte Matilda ab. »Diese ganzen fiesen Sachen gehen eindeutig auf Patricks Konto. Schließlich hat man ja seinen Sohlenabdruck auf der Kellertreppe gefunden.«
43
Am nächsten Morgen rief Matilda ihren Geigenlehrer an, um ihm von dem Einbruch und der zerstörten Geige zu berichten. Der Professor war entsetzt. Er werde Matilda selbstverständlich ein Instrument für den großen Auftritt leihen, versicherte er. Heute Nachmittag zum Unterricht würde er es gleich mitbringen.
Kaum hatte sie aufgelegt, klingelte das Telefon erneut. Da das Haus keinen ISDN-Anschluss besaß, war es nicht möglich, die Nummer des Anrufers auf dem Display zu erkennen. Deshalb konnte Matilda den Rat der Kommissarin, nur Anrufe bekannter Personen entgegenzunehmen, gar nicht beherzigen, fiel ihr jetzt auf. Mit einem flauen Gefühl im Magen ging sie an den Apparat.
»Matilda, sag mir die Wahrheit, was ist bei euch los?«
»Guten Morgen, Helen«, sagte Matilda teils erleichtert, teils erschrocken.
»Ja, guten Morgen«, sagte Helen ungehalten und wiederholte dann ihre Frage mit dem Zusatz: »Warum war die Polizei im Haus?«
Mist, Mist, Mist, dachte Matilda. Wer hat gepetzt? Angela? Die Diedloffs wegen des Lärms in der Nacht? Egal. Dies war der Moment, ihrer Tante reinen Wein einzuschenken. Helen würde es ihr bestimmt sehr übel nehmen, wenn sie sie jetzt anlog. Zumal Matilda auch gar keine glaubhafte Lüge einfiel und sie darüber hinaus nicht sicher war, was Helen schon wusste und was nicht.
Also erzählte Matilda von den Ereignissen der letzten Tage, allerdings in einer abgeschwächten Version. Sie ließ die Todesengel-E-Mails weg und verschwieg auch, dass die Schmierereien in ihrem Zimmer Drohungen enthalten hatten. Zuallerletzt beichtete sie, dass Patrick die Geige zerstört hatte. Danach blieb es für ein paar endlos erscheinende Sekunden still in der Leitung, ehe Helen mit leiser Stimme sagte: »Mein Gott, das ist ja furchtbar!«
»Ja. Aber Anna meint, sie kennt jemanden, der sie vielleicht reparieren kann. Und Professor Stirner leiht mir solange…«
»Ich meine nicht die Geige – sondern das alles.« Helen stieß hörbar den Atem aus. »Oh Gott, ich mache mir solche Vorwürfe! Ich wusste, dass es nicht gut geht. Meine Mutter hatte völlig recht, niemals hätte ich diese Tournee antreten sollen.«
»Das stimmt doch gar nicht«, protestierte Matilda heftig. Ihre Tante würde jetzt ja wohl nicht auch noch auf die Idee kommen, sie zu ihrer Großmutter zu schicken?
»Es wird höchste Zeit, dass ich wieder nach Hause komme.«
Helen schien laut zu überlegen: »Heute haben wir Mittwoch, ich muss heute Abend auftreten, aber dann erst wieder am Samstag. Ich kann versuchen, morgen einen Flug zu bekommen…«
»Aber wozu denn? Das ist absolut nicht nötig«, wehrte Matilda ab. »Ich… ich meine, ich freue mich natürlich, wenn du wieder nach Hause kommst. Aber doch erst, wenn deine Tournee zu Ende ist«, stotterte sie. »Das ist doch jetzt das Wichtigste!«
»Nein, das Wichtigste ist, dass es euch beiden gut geht. Und danach sieht es gerade nicht aus. Es wurde eingebrochen, die Polizei war hier, ein fremder Hund verwüstet systematisch den Garten…«, fing Helen an aufzuzählen.
»Angela übertreibt maßlos«, unterbrach sie Matilda. »Der Hund ist ganz brav und außerdem ist doch jetzt auch alles vorbei. Mein Zimmer ist schon wieder gestrichen, die Tür wurde repariert. Ach ja, die Polizei wollte wissen, ob du eine Hausratversicherung hast.«
»Was? Ach so. Ja, ich glaube schon. Das ist jetzt allerdings wirklich meine geringste Sorge. Dieser Patrick… Wissen seine Eltern über ihren missratenen Sprössling Bescheid?«
»Ja, sicher. Die Polizei hat ihn gleich am Montag
Weitere Kostenlose Bücher