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Rosenherz-berbKopie

Titel: Rosenherz-berbKopie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Sie hatte ihn nicht fotografiert. Aber sie hob die
Brauen und nickte.
    Der
Mann schwieg. Er schaute betreten zu Boden. «Wie lange?», fragte er
schließlich.
    «Heißt
das, ich kann noch bleiben?»
    «Wie
lange?», fragte er noch einmal.
    «Noch
drei Tage. Fürs Erste. Vielleicht muss ich danach noch ein, zwei
Nächte dranhängen. Ich denke, das sollte kein Problem sein, oder?»
    «Nein,
ich ...»
    «Gut»,
sagte Anna. «Und wenn ich Sie nochmal erwische, werde ich die Fotos
ins Internet stellen. Haben Sie verstanden?»
    Wieder
schnaufte er. Dann drehte er sich um und lief mit kurzen, stampfenden
Schritten zurück zur Rezeption. «He, Sie da ...», rief Anna ihm
nach. Der Dicke drehte sich um. «Ihr Schlitz ist offen!» «Hä?»
    «Ihr
Hosenschlitz ist offen.» Auch das war eine Lüge.
    Der
Mann schaute an sich herunter. Dann bedachte er Anna mit einem
wütenden Blick.

    Anna
schloss das Olmo am Zaun hinter ihrem Zelt an. Sie holte ein Handtuch
und den Badeanzug aus ihrer Reisetasche und verstaute beides
über dem Karton in ihrem Rucksack. Als sie wieder an der
Rezeption vorbeikam, fegte der Dicke gerade die Treppe. Er drehte
sich weg, als er Anna erkannte.
    Vor
dem Eingang des Hotels hielt eine Stretchlimousine. Der Chauffeur
stieg aus und öffnete die Türen. Ein Brautpaar stieg aus,
baute sich vor dem Wagen auf und wurde fotografiert. Anna lief
an der Gruppe vorbei, betrat die Lobby des Hotels, durchquerte
zielstrebig den Gastraum und steuerte auf den Kellner zu, der in der
offenen Tür stand, die zum Biergarten führte.
    Diesmal
war der Kellner schneller. Diesmal zwinkerte er zuerst.
    Anna
drückte sich an ihm vorbei und lief unter den großen Sonnenschirmen
zwischen den festlich gedeckten Tischen hindurch.
    «Fräulein,
das dürfen Sie nicht. Das ist keine Abkürzung hier», rief der
Kellner ihr nach.
    Ohne
sich umzudrehen, winkte sie ihm zu.
    Sie
verließ das Grundstück des Hotels, lief an der Nidda entlang, nahm
den kleinen Steg, der das Flüsschen überquerte, und stellte
sich in die Schlange der Badegäste, die sich vor der Kasse des
Schwimmbads gebildet hatte.
    Als
sie ihre Eintrittskarte bezahlt hatte, ging sie zu den
Umkleidekabinen und zog ihren Badeanzug an. Sie umrundete das
langgestreckte Schwimmbecken und suchte sich auf dem hinteren Teil
der Liegewiese einen Platz im Schatten eines Baumes.
    Sie
bat zwei Jungen, die ihre Decke in der Nähe ausgebreitet
hatten, einen Blick auf ihre Sachen zu werfen. Die beiden sahen sich
an, grinsten, nickten dann aber gleichzeitig.
    Anna
stellte sich kurz unter die kalte Dusche, dann sprang sie ins Becken
und schwamm ein paar Bahnen. Als sie außer Puste war, kraulte sie an
den Rand, stemmte sich hoch, setzte sich auf die Fliesen und ließ
ihre Füße ins Wasser hängen.
    Sie
schloss die Augen, lauschte dem Lärm der Kinder und den Stimmen
zweier alter Frauen, die hinter ihr auf einer Bank saßen und sich
unterhielten. Sie sog den Geruch des gechlorten Wassers ein.
    Nach
zehn Minuten kehrte sie zu ihrem Platz zurück. Sie lief an den
Jungen vorbei, bedankte sich und legte sich auf ihr Handtuch.
    Als
sie die Träger ihres Badeanzuges über die Arme streifte und das
Oberteil auf die Hüften rollte, merkte sie, dass einer der Jungen
auf ihren Busen starrte. Sie lächelte dem Jungen zu. Er errötete
und drehte sich weg. Keine zwei Minuten später schaute er schon
wieder verstohlen zu ihr herüber.
    Anna
legte sich auf den Bauch. Sie öffnete den Rucksack und zog den
verschnürten Karton mit der Hinterlassenschaft von Hannelore Wilke
hervor. Sie knotete die Kordel auf, nahm den Deckel ab und warf einen
ersten Blick hinein.
    Ganz
oben lag eine Plastikhülle mit Fotos. Es war dieselbe Art von
Bildern, die auch Annas Vater in seinen Alben aufbewahrte. Aufnahmen
von Familienfesten, von Ausflügen und von Urlaubsreisen. Auf einigen
Fotos war ein Mädchen zu sehen, in dem Anna die jüngere Katja Wilke
zu erkennen glaubte. Einmal war sie vor der Losbude eines Jahrmarktes
zu sehen, wie sie einen großen Plüschlöwen im Arm hielt. Ein
andermal saß sie auf dem Ast eines Baumes und streckte dem
Betrachter ihre Zunge entgegen. Es gab Fotos von ihrer
Einschulung und von ihrer Konfirmation und eines, das sie auf einem
Kostümfest als Pippi Langstrumpf verkleidet zeigte.
    Anna
steckte die Fotos zurück in die Hülle. Sie nahm sich vor, die
Bilder an Katja Wilke zurückzuschicken, auch wenn diese keinen Wert
darauf legte.
    Es
gab ein paar Briefe in Kinderschrift und Postkarten, die

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