Rosenherz-berbKopie
schob ihn beiseite.
Im
Nebenzimmer hörte er seine Sekretärin telefonieren.
Als
der Rechner hochgefahren war, loggte Marthaler sich in das Intranet
der Kriminalpolizei ein. Im System der Einwohnermeldeämter
suchte er nach den vier Namen:
Sebastian
Haberstock
Philipp
Lichtenberg
Klaus-Rainer
Stickler
Hubert
Ortmann
Anschließend
ließ er die letzten drei Namen auch durch das POLAS-Programm laufen.
Die Ausbeute war mager. Er schrieb die Ergebnisse in sein Notizbuch.
Als
Marthaler sein Büro verließ, hielt ihn seine Sekretärin auf.
«Deine Cousine hat angerufen», sagte sie.
«Wer?»
Elvira
sah ihn misstrauisch an. «Robert, was ist das mit dieser Cousine?
Ich wusste nicht mal, dass du eine hast.»
«Alles
in Ordnung. Wenn sie nochmal anruft, sag ihr, wir treffen uns in zwei
Stunden bei mir. Nein, sag ihr: in einer Stunde.»
«Du
machst keinen Unfug, oder?»
Marthaler
sah Elvira verständnislos an. Dann lachte er: «Nein, ganz bestimmt
nicht! Keine Sorge!»
Marthaler
steuerte den Wagen über die Homburger Landstraße
stadtauswärts. Am Ortseingang von Bonames sah er rechts die schöne
Anlage des Palais Metzler liegen. Er fuhr die enge steile Straße
durch den alten Ortskern hinauf, bog auf die abschüssige Landstraße,
ließ Harheim rechts liegen und hatte kurz darauf
Nieder-Erlenbach, den nördlichsten Frankfurter Stadtteil,
erreicht.
An
einer Bäckerei hielt er an, kaufte sich ein Streuselstück und
fragte nach dem Weg. Als er den Ort schon fast wieder verlassen
hatte, sah er die beiden dicht beieinander stehenden Fachwerkhäuser,
die man ihm beschrieben hatte. Sie lagen in einer Senke zwischen der
schmalen Straße und dem kleinen, von alten Bäumen umgebenen
Flüsschen, das dem Dorf seinen Namen gegeben hatte.
Marthaler
steuerte den Wagen auf den geschotterten Hof des Grundstücks,
stellte den Motor ab und stieg aus. Sämtliche Fensterläden der
Häuser waren geschlossen. Er ging zum Eingang des größeren
Gebäudes und schaute auf das schlichte Messingschild. Haberstock
Design stand
dort. Er drückte zweimal auf die Klingel, aber es meldete sich
niemand. Er sah sich um.
So
möchte man leben, dachte er. In einem alten gepflegten
Haus,
das von Wiesen umgeben ist, auf denen Obstbäume stehen. Man könnte
Kräuter anbauen und ein paar Himbeerbüsche pflanzen, man
könnte Katzen halten und sich im Sommer einen Stuhl unter die Erlen
am Bach stellen und seine Zeitung lesen.
Als
er hinter sich das Geräusch eines Motors hörte, wurde er aus seinen
Gedanken gerissen. Unter den großen Reifen eines schwarzen GMC
Canyon knirschte der Schotter. Der Pick-up zog einen Anhänger, auf
dem eine Harley-Davidson stand. Die Scheibe des Wagens wurde
heruntergelassen. Aus den Autolautsprechern kam Bob Dylans Standing
in the Doorway. Der
neugierige Blick des Fahrers schweifte von Marthalers Gesicht zu
der Aktentasche, die er in der Hand hielt: «Versicherung,
Immobilienmakler oder Anlageberater?», fragte der Mann.
Marthaler
lachte. «Weder noch. Ich möchte zu Sebastian Haberstock.»
«Und
wen darf ich melden?»
«Marthaler,
Kripo Frankfurt!»
Der
Motor erstarb. Der Mann stieg aus und reichte Marthaler die
Hand. Er trug einen weiten Leinenanzug und Espadrillos. Das rechte
Handgelenk zierte ein geflochtenes Lederband. «Dann will der Herr
Inspektor zu mir!»
Marthaler
stutzte kurz, schließlich erwiderte er mit gespielter Empörung
und im wienerischen Dialekt: «Inspektor gibt's kaan!»
Sebastian
Haberstock kicherte: «Ich merke schon, wir haben dieselben
Fernsehserien geschaut.»
«Na
ja», sagte Marthaler, «Kottan
ermittelt war
sozusagen Pflichtprogramm für jeden halbwegs gewitzten Polizisten.
Und wenn es irgendwo eine Wiederholung gibt, versuche ich, sie nicht
zu verpassen. Aber ... Sie sind wirklich Sebastian Haberstock?»
Der
schlanke Mann lachte ihn schelmisch an: «Seit neunundfünfzig
Jahren. Was spricht dagegen?»
«Nun,
dass Sie jünger aussehen, als ich Sie mir vorgestellt habe. Sie
sehen so ... erholt aus, als würden Sie gerade aus dem Urlaub
kommen.»
Haberstock
lächelte. «Dort komme ich her; und dort fahre ich am liebsten hin.
Ich schwimme gerne, ich faulenze gerne, ich fahre gerne Motorrad, ich
trinke gerne guten Wein, und ich esse gerne gut. Kurzum: Ich lebe
gerne.»
«Ja»,
sagte Marthaler. «wenn man es sich leisten kann ... Vielleicht hält
das jung.»
«Also,
was ist?», fragte Haberstock. «Gehen wir ins Atelier? Trinken
wir einen Schluck? Dann sagen Sie mir vielleicht endlich,
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