Rosenherz-berbKopie
dem Advokaten gesagt, dass er mehr haben kann als nur eine
Gegendarstellung. Ich habe ihm vorgeschlagen, Philipp Lichtenberg
seine Sicht der Dinge in einem ausführlichen Gespräch darlegen
zu lassen. Ein Gespräch, das wir anschließend veröffentlichen
werden. Der Anwalt hat mich um eine Stunde Bedenkzeit gebeten, weil
er Rücksprache halten musste. Nach zehn Minuten hat er wieder
angerufen. Philipp Lichtenberg war einverstanden.»
Marthaler
hob das Kinn und warf einen Seitenblick auf den Reporter. «Das
heißt, Sie wissen, wo er sich aufhält?»
Grüter
verzog sein graues Gesicht zu einem triumphierenden Grinsen.
«Ich hatte einfach im richtigen Moment den richtigen Einfall.»
«Wo
ist er?»
«Ich
habe Ihnen doch von diesem Haus in der Rhön erzählt, in
Danzwiesen. Dort scheint er im Moment zu wohnen. Er will uns
heute Nachmittag um siebzehn Uhr in Gegenwart seiner Anwälte
empfangen. Das Gespräch wird aufgezeichnet, dann abgeschrieben und
hinterher von allen Beteiligten autorisiert.»
Marthaler
schüttelte heftig den Kopf. «Nein. Er wird uns keine Bedingungen
stellen. Ich werde ihn ins Präsidium vorladen lassen.»
Grüter
schlug mit beiden Händen aufs Lenkrad: «Scheiße, Marthaler. Reden
Sie nicht solch einen Stuss. Wenn Sie genügend gegen ihn in der
Hand hätten, hätten Sie längst einen Haftbefehl. Da Sie den nicht
haben, müssen Sie nehmen, was Sie kriegen können. Also spielen Sie
hier nicht den Idioten. Er stellt die Bedingungen, und wir werden sie
annehmen. Er will, dass wir zu dritt kommen: Sie, ich und Ihre kleine
Freundin.»
«Welche
kleine Freundin?»
«Kommen
Sie, bitte! Ich ziehe meine Hosen nicht mit der Kneifzange an. Anna
Buchwald, das Fräulein, das Sie mir gestern bei Mirko
vorgestellt haben und das ein paar Stunden später in Danzwiesen den
ganz großen Zauber veranstaltet hat.»
«Tut
mir leid, Grüter, ich habe keinen Schimmer, von was Sie reden.»
Der
Reporter sah Marthaler prüfend an. «Das ist nicht wahr, oder? Heißt
das, die Kleine hat die Nummer abgezogen, ohne dass Sie davon
wussten?»
Marthaler
hob die Schultern und ließ sie wieder sinken: «Weiter, Grüter! Wir
veranstalten kein Ratespiel.»
«Okay.
Ich berichte Ihnen, was der Anwalt mir erzählt hat. Gestern Abend
hat im Haus in Danzwiesen ein großes Fest stattgefunden. Eine junge
Frau, die keine Einladung hatte, ist mit Hilfe eines fingierten
Unfalls auf die Party gelangt. Der Beschreibung nach kann es sich nur
um Anna Buchwald gehandelt haben. Einem der Gäste gegenüber hat sie
sich allerdings als Karin Rosenherz ausgegeben. Denselben Namen
hat sie auch in das Gästebuch eingetragen. Sie hat sich an einen
Techniker gewandt und ihm erzählt, dass sie im Radio einen Gruß an
Philipp Lichtenberg bestellt habe. Um Punkt zweiundzwanzig Uhr hat
der Techniker die Lautsprecheranlage auf Radioempfang
umgestellt. Knapp dreihundert Leute haben zugehört, wie der
Gastgeber beschuldigt wurde, in zwei Mordfälle verwickelt zu sein.»
Marthaler
brauchte einen Moment, um die Information zu verarbeiten. Schließlich
merkte er, wie sein Zwerchfell anfing zu zittern. Er malte sich
die Situation aus. Er holte Luft. Dann begann er schallend zu lachen.
«Von
wegen Cousine, Marthaler! Der Anwalt geht davon aus, dass es sich bei
Anna Buchwald entweder um eine Polizistin oder um eine
Reporterin handelt. Und das ist es, was ich ebenfalls glaube.»
Marthaler
wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln. «Glauben Sie, was Sie
wollen! Immerhin ist sie Ihnen haushoch überlegen!»
Arne
Grüter ignorierte die Bemerkung. «Jedenfalls soll sie mitkommen.
Das ist Teil der Bedingung. Sie, ich und Anna Buchwald. Die
Anwesenheit eines Fotografen hat Philipp Lichtenberg kategorisch
abgelehnt. Leider!»
Marthaler
überlegte. Grüter hatte recht. Solange sie nicht genügend Material
für einen Haftbefehl hatten, musste er sich mit dem zufriedengeben,
was er bekam. Ein Treffen mit Philipp Lichtenberg war mehr, als
er noch vor einer Stunde hatte erhoffen dürfen. Sie hatten den Mann
unter Druck gesetzt. Und wer unter Druck stand, lief Gefahr, Fehler
zu begehen. Marthaler begriff, dass er diese Chance nutzen musste.
Grüter
sah ihn an.
Als
Marthaler nickte, zeigte sich auf dem Gesicht des Reporters ein
zufriedenes Lächeln. «Heißt das, Sie beide ziehen mit?»
«Es
heißt, dass ich mitziehe.
Was mit Anna Buchwald ist, weiß ich nicht. Über sie kann ich nicht
verfügen. Aber ich werde sie fragen.»
«Gut»,
sagte Grüter, «wollen wir
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