Rosenmunds Tod
kann sie die Prellung schon länger haben?«
»Natürlich. Allerdings glaube ich kaum, dass sie freiwillig mit ihrem Mörder in die Kabine gegangen ist und in aller Ruhe zugesehen hat, wie sich dessen Hände um ihren Hals legen.«
»Hat etwas für sich«, stimmte Wielert zu. »Bestimmt hätte sie geschrien, als sie merkte, in welcher Situation sie sich befand.«
»Eben. Na, ich werde mich mit der Obduktion beeilen, ich rufe an, sobald ich fertig bin«, gab Brettschneider zurück und pfiff die Leichenträger heran. »Morgen am späten Vormittag müsste ich eigentlich so weit sein.«
Wielert und seine Kollegen traten wieder auf den Flur. Der große Pulk der übrigen Kollegen löste sich langsam auf, nur noch fünf, sechs Beamte standen im Gang und tuschelten.
»Am besten versammeln wir alle im großen Besprechungszimmer«, schlug Gassel vor. »Oder sollen wir jeden einzeln befragen?«
»Alle auf einmal, die Einzelvernehmungen können wir auch noch später machen. Ich will jetzt erst mal wissen, wer sich wann wo im Präsidium aufgehalten hat, wer allein oder mit Kollegen zusammen war, wer irgendjemanden gesehen hat, der nicht hierher gehört. Kümmerst du dich darum?«
Gassel nickte, winkte zwei der herumstehenden Kollegen zu sich und setzte sich in Bewegung.
»Je länger ich darüber nachdenke, umso weniger verstehe ich das alles«, meinte Katharina, während sie zusammen mit Wielert und Hofmann den Weg zum Besprechungsraum einschlug. »Musste diese Kerstin vor Aufregung noch mal zur Toilette, bevor sie ihre Aussage machen konnte, oder hat sie der Mörder bewusst ins Klo gezwängt?«
»Willst du auf etwas Bestimmtes hinaus?«, fragte Hofmann.
»Na ja, ist sie allein auf die Toilette gegangen und der Mörder hat drinnen auf sie gewartet, dann verstehe ich, warum sie nicht geschrieen hat – sie hatte keine Zeit. Aber hat sie der Kerl gegen ihren Willen in die Kabine gedrängt oder begleitet. Jede Frau und jedes Kind hätte ein riesiges Theater veranstaltet.«
»Also?«
Katharina seufzte. »Ich weiß nicht. Der Täter wird ihr ja wohl kaum noch auf dem Flur eins über den Schädel gezogen haben, um sie dann in die Kabine zu schaffen.«
»Nein, jeden Moment hätte eine Tür aufgehen können. Andererseits, wenn er schon das Risiko eingeht, Kerstin im Polizeipräsidium umzubringen, war ihm auch das wahrscheinlich egal. Und wie lange dauert so was? Drei Sekunden? Vier, fünf? Er zieht ihr eins über, schnappt sich das benommene Mädchen und verschwindet in der Toilette.«
»Es muss auf jeden Fall jemand getan haben, der Kerstin kannte oder sich denken konnte, in welchem Zusammenhang sie eine Aussage machen wollte«, überlegte Hofmann. »Die Wahrscheinlichkeit, dass der Täter einer aus unserer Truppe ist, ist meines Erachtens sehr hoch. Eine Zufallsbegegnung ist doch beinahe völlig ausgeschlossen.«
»Gut, dass wir alle ein Alibi haben«, seufzte Wielert und öffnete die Tür zum Besprechungsraum.
40
»Treffen wir uns aus einem bestimmten Grund gerade hier?«
Katharina streckte die Beine aus und legte den linken Fuß über den rechten. »Gefällt es dir nicht?«
»Doch«, antwortete Veronika, »es ist wunderschön. Ich frage mich, warum ich nicht schon längst mal hier spazieren gegangen bin.«
Die beiden Frauen saßen auf einer Bank im Stadtpark, von der aus sie eine tolle Aussicht auf den Ruderteich hatten. Ein paar Steinstufen führten zu der kleinen, etwas versteckt liegenden Plattform, vor neugierigen Blicken schützten einige wuchernde Büsche. Auf dem nahe gelegenen Minigolfplatz tobten verbitterte Schlachten, vom Kinderspielplatz klang hin und wieder fröhliches Rufen und Gelächter herüber. Trotzdem waren sie hier für sich allein.
»Liegt nahe am Präsidium«, erklärte Katharina. »Ich wollte einfach noch nicht nach Hause, die paar Schritte habe ich dringend gebraucht.«
»Blöden Tag gehabt?«
»Kann man wohl sagen.« Mit wenigen Worten erzählte sie Veronika von der Leiche im Präsidium.
»Himmel, ich kann mir vorstellen, dass du ziemlich fertig bist.«
»Ich hab wirklich schon viele Tote gesehen, aber ein Mord im Präsidium, das geht unter die Haut.«
»Ist das wirklich der einzige Grund für das Treffen hier?«
Die Blonde betrachtete eingehend die Spitzen ihrer Schuhe.
»Nee, nicht unbedingt.«
»Ist dir wohl lieber, neutrales Gelände um dich zu haben, was?«
»Bist du deswegen böse?«
»Ach was. Ich hab mich gefreut, als du vorhin angerufen hast. Irgendwie hatte ich auch
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