Rosenmunds Tod
damit gerechnet.«
»Warum?«, fragte Katharina irritiert.
»Jetzt kommt bestimmt eine kurzfristig auswendig gelernte Ansprache, es war sehr interessant mit dir, eine nette Abwechslung, aber auf Dauer ist das nichts für mich. Lass uns Freundinnen bleiben. Oder täusche ich mich?«
»Ich wollte dich nur gerne sehen«, druckste Katharina. »Einfach so. Ich musste. den ganzen Tag über an dich denken.«
»O weh, hat dich die Sache so aus der Bahn geworfen?«, meinte Veronika ernst.
»Hat wohl den Anschein. Aber bevor du etwas falsch verstehst; ich betrachte das nicht als eine nette Abwechslung.«
»Jetzt überraschst du mich wirklich. Gestern Abend hatte ich eigentlich den Eindruck, du würdest schon bereuen, was zwischen uns passiert ist.«
»Nein, ich bereue überhaupt nichts. Es war wunderschön. Nur.«
». nur bist du dir im Moment nicht im Klaren darüber, was du willst«, vollendete Veronika den Satz. »Tröste dich, ging mir damals, nach meiner ersten Erfahrung mit einer anderen Frau, genauso. Es braucht Zeit, bis man es für sich selbst akzeptieren kann.«
»Das ist für mich alles so neu. Mein Leben lang habe ich nie einen Gedanken darauf verschwendet, dass ich mal etwas mit einer anderen Frau anfangen könnte.«
Veronika sah sie eindringlich an. »Man springt nicht einfach mal so über seinen eigenen Schatten, nur weil man mies drauf ist oder weil man mal etwas ausprobieren will. Es hat mich übrigens sehr gewundert, dass wir uns überhaupt privat getroffen haben.«
Die Brünette öffnete ihre Tasche und kramte ein Papiertaschentuch hervor. Mit einem kräftigen Trompetenklang schnäuzte sie hinein. »Entschuldige, aber hier fliegen ziemlich viele Pollen herum. Ich war mir eigentlich sicher, du bist eine dieser Lesbenhasserinnen. Mir schwirrte gestern der Kopf wahrscheinlich genauso wie dir. Und um noch etwas klarzustellen: Selbst wenn es gestern Abend so auf dich gewirkt haben könnte, ich bin wahrlich nicht die Frau, die jede Gelegenheit nutzt, um ein bisschen Spaß neben ihrer eigentlichen Beziehung zu haben. Während der ganzen Zeit, seit ich mit Claudia zusammen bin, gab es bisher nur eine andere Frau für mich; und das war noch in den ersten Wochen, ist also schon etliche Jahre her.«
»Tja, war auch bei mir eine Premiere, eine doppelte dann sogar«, seufzte Katharina und drückte sich gegen die Rückenlehne der Bank. »Seit Ulli und ich ein Paar sind, hab ich keinen anderen Mann angeguckt. von Frauen gar nicht zu reden.«
Nach Katharinas letztem Satz herrschte lange Schweigen.
Veronika stopfte das gebrauchte Taschentuch zurück in ihre Tasche und musterte die Blonde von der Seite. »Blöde Situation, was?«
Katharina grinste. »Kannst du wohl laut sagen.«
»Vergessen wir, was gestern passiert ist? Eigentlich fühle ich mich bei Claudia verdammt wohl, auch wenn wir im Augenblick. ein paar Meinungsverschiedenheiten haben. Und ich glaube nicht, dass du deine Beziehung wegschmeißen möchtest. Immerhin hast du einen, wie ich hoffe, ganz netten Mann und einen Sohn.«
»Vermutlich wäre das wirklich das Beste«, antwortete Katharina langsam. »Nur weiß ich nicht, ob ich das will.«
Veronika sah überrascht auf. »Heh, jetzt mal langsam. Ist dir klar, was du da andeutest?«
»Veronika, es geht mir dabei nicht um Sex. Ich bin seit etlichen Jahren in Bochum, habe einen tollen Job, auch wenn er mich zurzeit ankotzt, ein schönes, sorgenfreies Leben und einen netten Bekanntenkreis. Aber jemand, mit dem ich über alles reden kann, habe ich nicht, abgesehen von einem gemeinsamen Freund meines Verlobten und mir. Aber gewisse Themen kann ich Thilo gegenüber nicht zur Sprache bringen. Meine Freunde sind gleichzeitig auch Ullis Freunde, wenn es zwischen uns kriselt, kann ich mich bei keinem ausheulen.«
Veronika lächelte. »Du meinst also, wir sollten eine richtige Frauenfreundschaft beginnen?«
»Keine Ahnung, was ich meine. Ich bin mir nur sicher, dass ich dich Wiedersehen möchte. Ich mag dich nämlich.«
»Glaubst du, so etwas könnte funktionieren?«, fragte Veronika zweifelnd. »Es könnte schon sein, dass so etwas wie gestern Abend wieder passiert.«
Katharina sah verlegen zur Seite. »Immerhin weiß ich ja jetzt, man stirbt nicht daran. Jetzt muss ich mich aber langsam auf die Socken machen, mir knurrt der Magen. Und eine Dusche brauch ich auch.«
»Nicht nur du«, lachte Veronika. »Wo parkst du? Am Präsidium? Dann bring ich dich noch bis zum Auto.«
Katharina stand langsam auf.
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