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Rosenpsychosen

Rosenpsychosen

Titel: Rosenpsychosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna-Maria Prinz
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nicht richtig zu den Sachbüchern, denn es ist schön wie Belletristik. Aber wenn ich es trotzdem zu den Sachbüchern stelle, sagen wir mal, zu den Französinnen, weil Marie Antoinette die Erste im Buch ist und zum Schluss Französin war, soll ich sie dann chronologisch oder alphabetisch einsortieren? Und wenn alphabetisch, dann unter M oder unter A? Unter A stünde sie dann direkt vor Eugénie, und danach käme erst irgendwann die Pompadour, was chronologisch ja eine Katastrophe wäre. Vielleicht sollte ich sie doch unter M einsortieren. Wenn ich dann das Alphabet rückwärts nehme, käme es hin. Pompadour, Marie Antoinette, Eugénie. Das passt dann auch mit Marie Curie. Obwohl – kann ich Marie Antoinette unter M wie Marie stellen, Marie Curie aber unter C wie Curie?«
    Martin musste los, zögerte aber, Marie mit diesem Problem einfach hier sitzen zu lassen.
    »Stell es doch einfach zur Belletristik zu den anderen Zweig-Sachen.«
    Sie sah ihn an, als habe er etwas ganz Unerhörtes von ihr gefordert.
    »Und wenn ich dann Maria Stuart lesen will, dann finde ich es vielleicht nicht.«
    Martin sah auf die Uhr. »Doch, du wirst es finden, weil du dich daran erinnern wirst, wo du es hingestellt hast. Unter Z wie Zweig bei der deutschen Belletristik.«
    »Deutsch? Er war Österreicher und hat während des Krieges die britische Staatsbürgerschaft angenommen! Umgebracht hat er sich in Brasilien. Weißt du was, nimm das Buch doch mit und verschenke es an irgendjemanden.«
    Martin nahm das Buch an sich. »Hör zu, ich habe heute dieses Ufa-Meeting. Kannst du die Kinder nachher abholen?«
    Marie drehte und wendete das nächste Buch. »Würdest du Aitmatow zu den Russen stellen, obwohl er doch Kirgise war?«
    »Okay, ich hole die Kinder ab. Wir sind dann um fünf wieder hier, ja? Geh schlafen. Und stell Aitmatow zu den Kirgisen mit A, aber bloß nicht zu den kirgisischen Sachbüchern.«
    Martin ließ Brütti und Pasi sich brav von ihrer Mutter verabschieden, legte die Damen Marie Antoinette und Maria Stuart in seine Wäscheschublade und schnappte sich mit großem Helau die Kinder, die sich auf eine entspannte Autofahrt mit Gummibärchen und Musik freuten.
    Als er die Wohnung nachmittags wieder betrat, hockte Marie in Brüttis Zimmer und war im Begriff, die letzten Bauklötze nach Farbe, Größe und Verschleiß zu sortieren. Brüttis Armada von Plüschtieren hatte sie auf dem Sofa nach Art, Familie und Gattung zusammengepfercht. Ein Plüschmond und eine Art Schlange mit Flügeln waren im Müll gelandet. Marie vollendete die letzte Bauklotzreihe, sprang auf und stürmte ihren Kindern entgegen. Sie umarmte sie und überrumpelte die Ahnungslosen mit Liebesbekundungen.
    »Wollt ihr Eis? Wir könnten Eis essen gehen! Oder schwimmen?Was wollt ihr am liebsten? Ihr seht ja so schön aus! Eis oder schwimmen?«
    Brütti und Pasi waren zwar verdutzt, aber wie alle Kinder in der Lage, schnell umzuschalten, und freuten sich über den unerwarteten Familienzuwachs in Gestalt ihrer Mutter. Sie wollten beides: erst schwimmen, dann Eis essen.
    Marie flitzte ins Schlafzimmer, um ihren Bikini zu holen. Nach zehn Minuten kam Brütti in Boxershorts herein und wollte fragen, wann es endlich losgehe. Seine Mutter lag im Bett und schluchzte.
    Martin, von dem aufgeregten Brütti alarmiert, hob den Bikini vom Boden auf und setzte sich aufs Bett. »Was ist los? Müde?«
    »Ich kann nicht mitkommen. Der Bikini ist nicht frisch gewaschen. Er riecht nach See.«
    »Okay, das sehe ich voll ein. Du könntest einen anderen Bikini nehmen oder einen Badeanzug, aber ich nehme an, du wolltest genau diesen Bikini. Und der stinkt nach See, was eigentlich merkwürdig ist, da er ja noch nie im See war, aber gut. Also, wir machen das so: Ich gehe jetzt mit den Kindern schwimmen, danach Eis essen. Du bleibst einfach hier liegen, alles klar? Ich wecke dich nicht. Du schläfst einfach. Schlafen, ja? Und morgen gehst du mit den Kindern Eis essen.«
    Martin strich ihr kaum spürbar mit der Hand über den Kopf, zog ihr die Schuhe aus und deckte sie mit der leichten Sommerdecke zu.

9
    Helene träumt von einem Trampolin-Jacuzzi,
    kauft überteuerte Unterwäsche und stellt dabei fest,
    dass auch sie nicht frei von Neid ist
    Zwei Tage hatte Helene nach diesem letzten Zusammentreffen mit ihrer neuen Patientin warten müssen bis zur wöchentlichen Supervision. Und zwei Tage und zwei Nächte lang hatte sie sich gequält mit einer Frage, die sie sich bis zu dieser Patientin nie

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