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Rosenrot, rosentot

Rosenrot, rosentot

Titel: Rosenrot, rosentot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Arsenault
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Häusern sucht? Wie in unserem? Bei uns gibt es ein Zimmer, in dem spukt’s.«
    »Wir suchen nicht nach irgendeinem Geist. Wir wollten versuchen, etwas von Rose zu hören ... oder, ähm, eher über Rose.«
    Eine Weile sagte Toby nichts, atmete bloß schwer und laut durch die Nase.
    »Als ich für Charlotte Phil einfangen sollte, war sie sich doch sicher, dass Rose noch lebt«, meinte er schließlich. »Und jetzt denkt sie, Rose sei ein Geist?«
    Ich guckte in Tobys leicht schielendes Auge. Durch das leicht hängende Lid wirkte sein Gesicht immer irgendwie mitfühlend.
    »Ich glaube, dass sie es ist«, murmelte ich.
    »Wirklich?«
    »Ja.«
    »Denkst du, ihr ist hier im Gebüsch was passiert?«
    »Na ja, ich weiß nicht, was passiert ist – oder wo. Aber ich glaube, sie ist ...«
    »... tot?«, ergänzte Toby.
    »Ja«, gestand ich traurig.
    Toby nickte ernst, schob die Hände in die Taschen seiner Jeans und trottete los. Ich ging neben ihm her, den Hügel hinauf zu ihm nach Hause – obwohl es für mich die falsche Richtung war. Trotz des traurigen Themas gefiel mir diese ganz neue Erfahrung: Ich ging mit einem Jungen zusammen die Straße entlang und unterhielt mich fast so normal mit ihmwie mit Charlotte. Da machte es nichts, dass der Junge bloß Schieli war.
    »Es heißt immer, du seist die Letzte gewesen, die Rose gesehen hat«, sagte Toby und guckte dabei stur geradeaus.
    »Ja, das war ich wohl.«
    »Hast du dich mal gefragt, ob das wirklich stimmt?«
    »Wie meinst du das?«
    »Na ja, dass du die Letzte warst. Du bist die letzte Person, von der sie wissen , dass sie Rose gesehen hat.«
    »Kann sein. Trotzdem ändert es nichts.«
    »Doch.« Toby blieb einen Moment lang stehen und schüttelte den Kopf. »Entscheidend ist doch derjenige, von dem sie nicht wissen, dass er Rose als Letzter gesehen hat.«
    Er hatte recht. Schieli war gar nicht so doof, wie Charlotte immer behauptete.
    »Was ist, wenn sich noch jemand meldet und sagt, er hat sie danach gesehen«, fragte er, »nach dir?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Das wäre wohl gut, schätze ich. Vielleicht kann derjenige der Polizei mehr erzählen.«
    »Aber es wäre komisch, oder?«
    »Ja, weil es schon eine Weile her ist. Warum sollte auf einmal jemand kommen und sagen, dass er sie nach mir gesehen hat?«
    »Ja«, antwortete Toby gedehnt, »das würde aussehen, als ob derjenige lügt.«
    »Oder als wüsste derjenige nicht, ob seine Erinnerung richtig ist.«
    »Oder als hätte er was zu verbergen«, fügte Toby hinzu.
    »Ja.«
    »Also warst du wahrscheinlich die Letzte, die Rose gesehen hat. Die Letzte jedenfalls, von der man weiß.«
    »Wahrscheinlich.« Ich hoffte, dass es nicht eingebildet klang.
    Inzwischen waren wir bei Tobys Haus angekommen. In der Dämmerung sah der weiße Anstrich hässlich grau aus. So ein großes Haus – zu groß, dachte ich, nur für einen Dad und zwei Jungen. Als Tobys Großmutter noch lebte, hatte es nicht zu groß gewirkt. Ihr hatte das Haus lange gehört, und sie hatte dafür gesorgt, dass es sauber und hübsch blieb, doch nun wirkten die Dean-Männer irgendwie wie Besucher im Haus der toten alten Dame.
    »Ich muss jetzt nach Hause«, sagte ich, denn es wurde jetzt rasch dunkel.
    Mr. Dean, der auf einem Gartenstuhl vor dem Haus saß, war kaum noch zu erkennen. Es war derselbe Stuhl, der im Sommer meistens vor dem Schuppen stand. Joe saß auf ihm, wenn er eine Pause von seinen verrückten Basteleien machte. Doch jetzt stand der Stuhl mitten auf dem Rasen, zwischen dem Schuppen und dem Rübenkeller. Ein kleiner orangefarbener Punkt leuchtete kurz vor Mr. Deans Gesicht auf und verblasste dann wieder, wie ein Glühwürmchen. Er rauchte, aber ich war zu weit weg, um es riechen zu können. Eigentlich war es auch viel zu kalt, um draußen zu sitzen, doch vielleicht wollte Mr. Dean nicht, dass es im Haus nach Qualm stank. Er rauchte normalerweise nicht viel.
    »Hi«, rief ich und winkte, wobei ich mir richtig kühn vorkam. Sonst wartete ich immer, bis Eltern mich bemerkten. Aber Mr. Dean war manchmal auf eine so stille Weise traurig, dass ich zu ihm besonders freundlich sein wollte.
    »’n Abend«, antwortete er heiser.
    »Soll ich dich nach Hause bringen?«, fragte Toby.
    »Wenn du willst«, erwiderte ich achselzuckend.
    »Okay.«
    Als wir bei Mrs. Crowe waren, schlug Toby vor: »Vielleicht könnt ihr, Charlotte und du, morgen zu uns kommen und im Haus Aufnahmen machen.«
    »Mal sehen.«

Sechzehn

    27. Mai 2006
    Die erste Hälfte der

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