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Rosenrot, rosentot

Rosenrot, rosentot

Titel: Rosenrot, rosentot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Arsenault
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Rückfahrt sprachen Charlotte und ich kein Wort.
    »Hast du das wirklich alles erst diese Woche erfahren?«, fragte ich. »Von dem Unfall?«
    »Mittwochabend«, antwortete Charlotte. »Ich habe ihm die Sachen im Looking Glass gezeigt, nachdem du mir gesagt hattest, welche sich auf Brian und Sally beziehen. Ich dachte, vielleicht fände er es auch interessant. Stattdessen drehte er halb durch, als er es sah. Und dann hat er mir alles erzählt. Er meinte, er hätte sowieso vorgehabt, es mir bald zu erzählen. Wegen dem Drama mit Dads Befragung und so.«
    »Oh Gott!«
    »Als wir Kinder waren, war da irgendwas zwischen Paul und Rose. Ich habe mir deshalb viele Gedanken gemacht. Und ich hatte Angst ... na ja, wovor genau, weiß ich nicht. Egal. Jetzt wissen wir ja, was es war, oder?«
    »Wem hat Paul es sonst noch erzählt?«
    »Seiner Frau, vor ein paar Jahren. Er meinte, dass er keine Ahnung hat, ob Aaron es irgendwem erzählt hat oder nicht. Sie haben keinen Kontakt mehr. So wirklich dick befreundet waren sie sowieso nie. Vermutlich hielt er es deshalb für denkbar, dass Aaron Rose etwas angetan hat. Schließlich hatte er am meisten zu verlieren, wenn Rose anfangen sollte, herumzuerzählen, was passiert war: Er hatte ja am Steuer gesessen.«
    Charlotte bog auf den Parkplatz des »Stop & Shop« ein.
    »Brauchen wir noch etwas für die Gartenparty?«
    »Marshmallows. Die habe ich vergessen.«
    Charlottes Handy klingelte, doch sie beachtete es nicht.
    »Entschuldige, dass ich gestern Abend so unmöglich gewesen bin. Es war nicht bloß wegen der Sache mit meinem Dad, sondern auch wegen dem, was Paul mir anvertraut hatte, und dann hörte ich, dass du ohne mein Wissen mit Sally geredet hast ... Ich dachte, vielleicht ahnst du etwas und versuchst nun, hinter meinem Rücken mehr rauszubekommen.«
    »Ich habe Sally gemailt, weil ich dachte, dass sie vielleicht die Gedichte geschrieben hat«, erklärte ich. »Es war nur so ein spontaner Einfall. Ich hatte nie vor, über deinen Bruder zu reden, und ich hatte keinen Schimmer von dieser Unfallgeschichte. Mir war überhaupt nicht bewusst, zu was meine E-Mail führen würde.«
    »Verstehe«, sagte Charlotte mit einem Schulterzucken.
    Dann verlagerte sie ihre Sitzposition, ließ den Zündschlüssel los und seufzte.
    »Was diesen alten Kram aus dem Looking Glass betrifft ... anscheinend hängen Brians Brief und diese Gedichte irgendwie zusammen. Beide sind von 1996. Sicher kommen sie von derselben Person oder denselben Leuten.«
    »Der Brief sah wirklich sehr nach Rose’ Handschrift aus«, ergänzte ich.
    »Ich müsste ihn noch mal sehen und ihn dann mit ihren Traumaufzeichnungen vergleichen, ehe ich überzeugt bin«, sagte Charlotte. »Vielleicht hat auch bloß jemand ihre Schrift gut nachgemacht. Abgeschickt hat Rose den Brief jedenfallsnicht, denn zu der Zeit war sie schon tot. Wer kommt also infrage?«
    »Jemand, der von dem Unfall wusste. Und wenn Paul es keinem erzählt hat, bleibt nur Aaron – oder irgendjemand, dem er es erzählt hat.«
    Charlotte schwieg einen Moment lang. »Na ja, da war noch jemand anders, dem Paul alles gesagt hat. Damals schon.«
    »Ja?« Ich schaute zu Charlotte hinüber, die müde Augen hatte, und war mir plötzlich nicht mehr sicher, ob sie wollte, dass ich nachfragte.
    »Meinem Dad. Er bekam Panik und erzählte alles meinem Dad.«
    »Wirklich?« Mir wurde es unbehaglich zumute.
    »Ehrlich, das hat Paul mir erst gestern verraten«, fügte Charlotte rasch hinzu. »Anscheinend hat Rose irgendwann die Nerven verloren. Sie wurde nicht fertig mit dem, was sie getan hatten, konnte es nicht mehr für sich behalten. Sie wollte alles gestehen und drohte damit, der Polizei zu schreiben oder der Presse. Sie dachte sogar daran, direkt zu den Pilkingtons zu gehen. Und ich schätze, mein Dad hatte Angst, dass er verklagt werden könnte oder so.«
    »Und ...« Ich zögerte. »Was hat dein Dad getan?«
    »Nichts, soweit Paul weiß. Er hatte vor, mit seinem Anwalt zu sprechen, bevor sie irgendwas sagten. Und er bat Rose, bis dahin nichts zu verraten. Aber ein paar Wochen später war Rose weg ...« Charlotte runzelte die Stirn. »Und dann, schätze ich, war es ... nicht mehr wichtig.«
    Wieder schwiegen wir eine Weile. Sollte ich ein Riesendrama aus dieser Geschichte machen? Oder sollte ich ihr sagen, dass alles in Ordnung sei? Sollte ich so tun, als wäre es vollkommen normal für einen Erwachsenen – ein angesehenes Gemeindemitglied noch dazu – zu wissen, dass

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