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Rosenrot, rosentot

Rosenrot, rosentot

Titel: Rosenrot, rosentot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Arsenault
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wollte Charlotte sich das gerne einreden, aber zumindest hatte Rose das Geld nicht als selbstlose großzügige Geste wahrgenommen.
    Und sie hatte Joe geküsst? Irgendwie überraschte mich das nicht. War das für die Dean-Jungen ein großes Geheimnis? Hatte Joe es der Polizei gegenüber erwähnt? Und was hatte Rose gerade getan, als Toby sie sah? Mit Joe herumgemacht? Gras mit ihm geraucht? Tabletten von ihm bekommen?
    Die Vordertür ging auf, und ich zuckte zusammen.
    »Toby ...« Ich stand auf.
    Doch an der Tür war Joe.
    »Ich habe dein Auto gar nicht gehört«, sagte ich.
    »Hey, schön dich zu sehen. Hätte nicht gedacht, dass du so lange bleibst. Willst du mit uns grillen? Tobe und ich wollten uns ein paar Rippchen auf den Grill schmeißen.«
    »Nein ... Ist Toby noch draußen?«
    »Nee. Sollte er?«
    »Ich dachte, er sei ... rausgegangen.«
    Erst jetzt bemerkte ich, dass ich mit dem Collegeblock in der Hand gestikulierte. Unwillkürlich klemmte ich ihn mir an die Brust, was Joes Aufmerksamkeit erregte.
    »Was ist das?«, fragte er.
    »Nichts.«
    »Sieht alt aus«, stellte er schmunzelnd fest. »Alte Liebesbriefe aus Highschoolzeiten?«
    »Nein.« Ich umklammerte den Block fester.
    »Mir machst du nichts vor.« Spielerisch zupfte Joe an meinem Ärmel. »Ich weiß, dass du und Tobe schwer verknallt wart. Schätze, deshalb kreuzt du hier auch immer wieder auf, oder?«
    »Joe«, erklang eine strenge Stimme hinter uns. Als ich mich zu Toby umdrehte, der uns beide verärgert ansah, entriss Joe mir den Collegeblock.
    »Lass mal sehen«, forderte er und schlug den Block auf.
    »Nein!«, brüllte Toby und sprang auf Joe zu.
    »Rose Banks«, las Joe auf dem Innendeckel und wich zurück, weg von Toby. »Amerikanische Geschichte.«
    Wieder einmal erinnerte mich sein Gesichtsausdruck an Elvis. Diesmal an den jungen Elvis, als er den Mund zu einem freundlichen, aber schiefen Lächeln verzog.
    Er sah mich an. »Wow. Wo hast du das denn her? Hat Rose den bei Charlotte vergessen, als sie auf sie aufgepasst hat? Irgendwas Spannendes drin?«
    Toby riss Joe den Block aus der Hand und gab ihn mir zurück.
    Also hatte Joe diesen Collegeblock noch nie zuvor gesehen. Entweder das, oder er war mal wieder betrunken. Doch weder wirkte er so, noch roch er nach Alkohol.
    »Ja«, wollte Toby von mir wissen, während er noch nach Atem rang. »Irgendwas Spannendes?«
    »Nichts«, antwortete ich. »Nur Unterrichtsnotizen. Toby, bist du bereit für den Spaziergang, von dem wir sprachen? Zu den Tennisplätzen, um der alten Zeiten willen?«
    Als wir zur Tür hinausgingen, rief Joe uns nach: »Bleibt’s beim Grillen, Tobe?«
    »Ja!«, schrie Toby zurück.

Neunzehn

Seelenreisen
Dezember 1990
    Ich beachtete Tobys Rufen hinter mir nicht. So schnell ich konnte, rannte ich den Hügel hinunter und rutschte dabei ein paarmal fast im Schnee aus. Zum Glück gelang es mir aber, nicht hinzufallen. Ich vergaß zu atmen, bis ich den Hügel zur Hälfte hinuntergelaufen war. Dann rannte ich an unserem Haus vorbei. Meine Mutter würde erst in ein paar Stunden nach Hause kommen, und ich wollte nicht mit Mrs. Crowe zusammensitzen, höflich ihre Soaps mit ihr ansehen und dieses Gefühl wieder und wieder herunterschlucken, bis es womöglich aus meinem Magen blubberte und sich auf ihren unechten Perserteppich ergoss. Nein, ich konnte nicht nach Hause. Ein paarmal umrundete ich Charlottes Haus und hoffte, dass sie bald von Toby zurückkäme. Ich blinzelte die Straße hinauf und war froh, als ich eine Gestalt sah, die sich in meine Richtung bewegte. Doch als sie sich näherte, erkannte ich die dicke braune Jacke. Das war Toby, nicht Charlotte.
    Also schlich ich mich in Charlottes Garten hinter dem Haus und betrachtete den Rasen, das Gemüsebeet und das Trampolin, die alle von einer weißen Schicht überzogen waren. Mir fiel wieder ein, wie Charlotte einen von Pauls Fußballstollen unter das Trampolin geworfen hatte, damit er halb verrücktwürde vor lauter Suchen. Damals hatte ich mich gefragt, wie tief das Loch wohl sein mochte.
    Nun war mir egal, wie tief es war, solange ich mich dort nur vor dem Schnee und Toby verstecken konnte. Ich quetschte mich zwischen den Eckfedern hindurch und kroch bis ungefähr zu Mitte des Trampolins.
    Dort zog ich die Knie an die Brust und bemühte mich, nicht allzu sehr zu bibbern.
    Konzentriert atmete ich ein und aus, und nach etwa einer Minute zitterte ich überhaupt nicht mehr.
    So zu atmen hatte ich von Charlotte gelernt. Sie

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