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Rosenrot, rosentot

Rosenrot, rosentot

Titel: Rosenrot, rosentot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Arsenault
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komme mit und gucke ihn mit euch zusammen«, schlug Toby vor. »Dann kann ich ihn hinterher wieder mitnehmen, und Joe und ich geben ihn morgen zurück.«
    »Tobe«, sagte Mr. Dean, dessen Augen nun wieder offen waren, »nicht ... äh ... lass das Mädchen. Sie hat heute Abend auch so schon alle Hände voll zu tun.«
    »Du verpasst sowieso nichts«, tröstete Rose ihn. »Die beiden werden die ganze Zeit schreien und jammern. Ganz erbärmlich.«
    »Ja, klar!«, zischte Charlotte, eine Hand in ihre Seite gestemmt.
    »Hast du nicht behauptet, der sei nicht unheimlich?«, fragte ich.
    »Na gut, dann bringe ich euch nur nach Hause«, bot Toby an. »Dad, ich bringe sie nach Hause, okay?«
    »Du bist ja ein echter Gentleman«, bemerkte Rose achselzuckend und achtete gar nicht auf Charlottes entsetzten Blick.
    »Okay«, sagte Mr. Dean, zog die Chipstüte aus der Sofaritze und lugte hinein. »Aber sei vorsichtig auf dem Rückweg.«
    »Ja!«, jubelte Toby und streckte triumphierend eine Faust in die Luft. Nun konnte Charlotte unmöglich protestieren.
    Toby war so seltsam.

Sechs

    22. Mai 2006
    Um fünf war Charlotte immer noch nicht zu Hause, also versuchte ich es auf ihrem Handy.
    »Entschuldige, ich komme hier einfach nicht weg«, erklärte sie. »Wir hatten ein Eltern-Lehrer-Gespräch. Die Eltern von dem einen Mädchen sind endlich wach geworden und haben geschnallt, dass Brittany wohl nicht den Abschluss schafft. Und jetzt wollen sie wissen, wie wir ihr helfen können, bla, bla, bla. Danach habe ich versucht, diese dämlichen Kursbücher zu zensieren, damit ich die nicht alle mit nach Hause schleppen muss ...«
    Als ich meine lose Verabredung mit Toby erwähnte, meinte sie: »Dann geh ruhig. Ich bin heute Abend sowieso erledigt. Also nur zu.«
    »Atkins Tavern« war voll an dem Abend, und anscheinend war die Hälfte der Gäste mit Toby befreundet. Wir ergatterten einen Tisch am Fenster. Immer wieder kamen Leute, um ihn zu begrüßen, und oft plauderten sie kurz mit ihm. Wenigstens konnte ich mir am Fenster die Zeit damit vertreiben, den alten Stadtpark anzugucken, der in der untergehenden Sonne wirklich hübsch aussah. Ich glaubte nicht, dass ich als Kind wahrgenommen hatte, wie idyllisch Waverly auf Durchreisende wirken musste. Bäume mit ganzen Büscheln von kleinen weißen Blüten umrahmten die große Rasenfläche in derMitte, auf der ein kleiner Gedenkstein für die Kriegsopfer stand. Ansonsten war die Grünfläche vollkommen leer, was mich nicht weiter wunderte, denn es ging nie jemand über den Rasen, nicht einmal an richtig schönen Tagen. Die Leute fuhren einfach daran vorbei – auf ihrem Weg zum »Stop & Shop«.
    »Und wie ist das Leben als verheiratete Frau so?«, fragte Toby zwischen zwei Pläuschen.
    »Richtig gut«, antwortete ich.
    »Wie hast du deinen Mann noch gleich kennengelernt?«
    »Auf dem College.«
    Toby nickte. »Dann seid ihr inzwischen also ein altes Ehepaar.«
    »Vermutlich.«
    »Was macht er?«
    »Er arbeitet für ›U.S. Fish & Wildlife‹. Er ist ... Umweltschützer.«
    »Ja, ich glaube, das hat Charlotte mir mal erzählt. Ein Umweltschützer und eine Töpferin?« Toby überlegte. »Gute Kombination.«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Mag sein, wenn man auf ein ausgewogenes Hippie-Yuppie-Verhältnis steht.«
    »Wohl mehr Hippie als Yuppie, würde ich sagen. Aber das ist gut. Lohnt sich das, Töpferwaren zu verkaufen?«
    Ich schmunzelte. »Eigentlich unterrichte ich in Teilzeit Töpfern an einem Community College mit einem ziemlich guten Kunstangebot. Außerdem helfe ich, eine Künstlerwerkstatt zu leiten, und gebe dort unentgeltlich Abendkurse. Ein bisschen Geld bringt das Töpfern selbst natürlich auch, aber nicht viel.«
    Es freute mich, dass er mir die Gelegenheit gab, ihm das zu erklären. Als ich meiner Mutter eröffnet hatte, dass ichKeramik studieren wollte, hatte sie sich bestimmt gleich vorgestellt, wie ich traurig neben einem klapprigen Tapeziertisch und einem Pappschild am Straßenrand hockte und versuchte, schiefe Aschenbecher zu verhökern. Manchmal fragte ich mich, ob sie bis heute dieses Bild von meinem Leben hatte und auch an andere weitergab.
    »Was ist mit dir?«, wollte ich wissen. »Hast du jemanden?«
    »Nee. Seit ich nicht mehr abschleppe, lerne ich auch keine Frauen mehr kennen.«
    »Seit du nicht mehr abschleppst?«
    »Ja. Ich habe jetzt jemanden eingestellt, der das Abschleppen für mich übernimmt. Wenn man abschleppt, trifft man Frauen, und die sind jedes Mal

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